Besonders in NRW sind laut Behörden beide Themenfelder relevant und weisen durchaus Parallelen auf. Die Analyse läuft noch, aber es gibt Zwischenergebnisse.
Bundesweite AnalyseFinanzieren Clans radikale Islamisten auch in NRW?
Auf den ersten Blick will das nicht so recht zusammenpassen: Die Clan-Kriminellen, die mit protzigen Autos durch die Gegend fahren und ein mutmaßlich durch illegales Vermögen bezahltes Luxusleben zur Schau stellen. Und auf der anderen Seite Islamisten, die ein bescheidenes Leben vermeintlich im Sinne Allahs, tatsächlich aber eher im Sinne ihrer Ideologie predigen, die auch Terror rechtfertigen kann.
Aber Sicherheitsbehörden haben in den vergangenen Monaten immer wieder davor gewarnt, dass die Überschneidungen zwischen beiden Phänomenfeldern wachsen: Von Islamisten war da beispielsweise die Rede, die mit Clan-Geld ihr fanatisches Treiben finanzieren. Verfassungsschützer und Polizei-Offizielle zeigten sich alarmiert. Aber: Wie groß ist die Gefahr tatsächlich?
NRW: Sowohl Hochburg bei Clan-Kriminalität, als auch beim Thema Islamismus
Um das herauszufinden, verständigten sich die Innenminister von Bund und Ländern im Juni 2023 darauf, eine Analyse in die Wege zu leiten. Polizei- und Verfassungsschutzbehörden arbeiten daran gemeinsam; zwei Sicherheitsbehörden, die ansonsten in vielen Bundesländern strikt getrennt voneinander agieren. Ein Jahr später ist die Analyse noch nicht fertig. Aber es gibt Zwischenergebnisse. Das Bundeskriminalamt teilt mit: „In beiden Phänomenen liegen Erkenntnisse zu punktuellen Überschneidungen vor.“ Das Thema sei „anhaltend relevant“. Weitere Infos will das BKA aber nicht teilen.
Laut gewarnt wurde im Vorfeld unter anderem aus Nordrhein-Westfalen. Das Bundesland ist zum einen Hochburg der sogenannten Clan-Kriminalität, zum anderen immer wieder beim Thema Islamismus im Fokus. Der Landesverfassungsschutz in Düsseldorf hatte zuletzt darauf hingewiesen, dass die Anwerbestrategien von Islamisten und Clans in sozialen Netzwerken starke Parallelen aufwiesen.
Parallelen in Anwerbung und Finanzierung
Zudem müssen Islamisten ihr fanatisches Treiben bezahlen. Im Lagebericht Islamismus des Verfassungsschutzes heißt es dazu: „Um die Finanzierung ihrer Bestrebungen gewährleisten zu können und somit handlungsfähig zu bleiben, haben sich terroristische Gruppierungen in den letzten Jahren tatsächlich an die Strategien und Taktiken der organisierten Kriminalität angenähert.“ Genau in diesem Segment tummeln sich auch kriminelle Clans, sodass es auch hier fast schon zwangsläufig zu Überschneidung kommt.
Wofür es indes wohl noch keine Hinweise gibt: Dass Clans Terroristen finanzieren oder ihnen Zugang zu Waffen verschaffen. Doch der Grat ist schmal, wie ein Fall aus Niedersachsen zeigt.
Ende Mai 2023 durchsuchten Hunderte Polizisten bundesweit Wohnungen. Vier Frauen und drei Männer wurden festgenommen. Die Bundesanwaltschaft warf ihnen vor, Spenden für die Terrororganisation Islamischer Staat gesammelt oder Konten dafür zur Verfügung gestellt zu haben. Mindestens 65000 Euro sollen zusammengekommen sein. Unter den Geldgebern: ein Mann aus Niedersachsen, der der dortigen Polizei aus dem Kontext Clan-Kriminalität bereits bekannt war. Insgesamt 1900 Euro soll er in mehreren Tranchen überwiesen haben.
Analyse-Auswertung dauert an
Auch seine Wohnung wurde in der Folge durchsucht. Am Ende, so heißt es bei der zuständigen Generalstaatsanwaltschaft in Celle, sei das Ermittlungsverfahren allerdings eingestellt worden. Es sei nicht mit ausreichender Sicherheit nachzuweisen gewesen, dass dem Spender bewusst war, dass sein Geld der Terrororganisation zugute kommt. Er habe im fraglichen Zeitraum an zahlreiche andere Einrichtungen und Einzelpersonen gespendet. Anklage wurde nicht erhoben.
Und so lautet denn auch das vorläufige Fazit des Innenministeriums in Niedersachsen: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien „nur wenige, punktuelle Verbindungen zwischen der islamistisch-salafistischen Szene und kriminellen Clanangehörigen erkennbar“, die Analyse und Auswertung dauere aber noch an.