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F&A zu Corona-LockerungenWas in Deutschland nun alles wieder erlaubt ist

Lesezeit 3 Minuten
Schutzmaske auf dem Boden

Symbolbild

Berlin – Deutschland versucht weitere Schritte in Richtung Normalität zu gehen: Die Bundesländer verständigten sich am Dienstag im Grundsatz darauf, Großveranstaltungen unter bestimmten Voraussetzungen wieder zuzulassen. Zudem wird der Ruf nach einer baldigen Aufhebung aller Grundrechtseinschränkungen lauter – für den Zeitpunkt, wenn alle Impfwilligen sich impfen lassen konnten. Das dürfte spätestens im September der Fall sein.

Auf welche Lockerungen hat man sich verständigt?

Zu großen Sportveranstaltungen sollen bald wieder Zuschauer kommen dürfen – allerdings mit Schutz- und Hygienekonzepten. Negative Tests sollen nötig sein, außer für Geimpfte und Genesene. Tickets müssen für Kontaktnachverfolgung personalisiert sein. Masken sollen mindestens abseits des eigenen Platzes getragen werden. Maximal jeder zweite Platz darf belegt sein – bei 25.000 Zuschauern soll in den meisten Ländern Schluss sein, auch in NRW.

Welche Einschränkungen gibt es dann noch?

Entscheidend sind die Corona-Verordnungen der einzelnen Länder mit unterschiedlichen Regeln für Zusammenkünfte, das Tragen von Masken, das Einkaufen und die Gastronomie.

Wie geht es jetzt weiter mit den Lockerungen?

„Weitere Erleichterungen in Richtung Normalbetrieb“ – das peilen die Länder für folgendes Szenario an: Fortschreitende Impfungen und allgemeine Verbesserung der pandemischen Situation. Aber bereits jetzt gibt es Forderungen, alle Beschränkungen in absehbarer Zeit aufzuheben. „Wenn alle Menschen in Deutschland ein Impfangebot haben, gibt es rechtlich und politisch keine Rechtfertigung mehr für irgendeine Einschränkung“, meint beispielsweise Außenminister Heiko Maas (SPD) – und bekommt dafür viel Beifall von Union und FDP.

Wie ist die rechtliche Lage einzuschätzen?

Der Staatsrechtler Stephan Rixen von der Universität Bayreuth meint, dass die Bürger auch weiterhin zum Tragen von Masken und Abstandhalten verpflichtet werden könnten. „Das Grundgesetz gebietet nicht, auf diese Schutzmaßnahmen zu verzichten, obwohl es weiterhin eine ernstzunehmende Gefahr gibt.“ Der Bochumer Verfassungsrechtler Stefan Huster sagt jedoch, beim Zugang zu Veranstaltungen sei das etwas anderes. Da gebe es einen „starken verfassungsrechtlichen Druck“, Beschränkungen aufzuheben. Am Ende könnten die Gerichte darüber entscheiden.

Wann hat jeder Impfwillige ein Angebot?

Alle erwachsenen Impfwilligen sollen sich noch im Juli das erste Mal impfen lassen können. Dies sei allein mit den Lieferungen durch Biontech/Pfizer und Moderna möglich, hat Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mitgeteilt. Für Kinder und Jugendliche über zwölf soll bis Ende August mindestens die erste Impfung möglich sein. Allen Nichtgeimpften prophezeit der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler: „Dieses Virus wird auf Dauer jeden Deutschen infizieren, der nicht geschützt ist durch eine Impfung.“

Welche Folgen brächten die Lockerungen mit sich?

Die Szenarien versuchen mehrere Teams mit Modellen vorherzusagen. Die Gruppe um den Mobilitätsforscher Kai Nagel von der TU Berlin erklärte am Dienstag, in ihrem Modell „ergäbe sich nach der Aufhebung aller Restriktionen eine relativ schnell durchlaufende vierte Herbstwelle“, die zu einer Überlastung der Kliniken führen könne. Ähnliches befürchtet das RKI – wenn die Impfquote stagniere und gleichzeitig eine komplette Öffnung stattfinde. „Je niedriger im Herbst die erreichten Impfquoten sind, desto weniger sind bei Dominanz der Delta-Variante die Basishygienemaßnahmen ausreichend und weitere kontaktreduzierende Maßnahmen wären notwendig.“

Und was ist mit den Impfungen von Kindern?

Kinder bis zum Alter von zwölf Jahren können sich bislang nicht impfen lassen. Für sie käme ein kompletter Verzicht auf Corona-Beschränkungen in den Herbst hinein einer weitgehenden Immunisierung durch Infektion gleich – so die Gruppe der TU Berlin. Für Kinder ab zwölf bleibt die Impfung die Entscheidung jeder einzelnen Familie und ihrer Kinderärzte. (dpa)