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Milliardär sorgt für Jubel in MoskauElon Musks radikale Maßnahmen: „Das ist keine Effizienz, das ist ein Putsch“

Lesezeit 5 Minuten
Elon Musk (r.) hat sich offenbar Zugang zu sensiblen Zahlungsdaten von US-Bürgern verschafft. Die US-Entwicklungsbehörde will er dicht machen. (Archivbild)

Elon Musk (r.) hat sich offenbar Zugang zu sensiblen Zahlungsdaten von US-Bürgern verschafft. Die US-Entwicklungsbehörde will er dicht machen. (Archivbild)

Elon Musk hat nun Zugang zu Daten der US-Bürger – das sorgt für Entsetzen. Moskau bejubelt derweil eine andere Maßnahme.

Erst zwei Hitlergrüße auf offener Bühne, nun der „Staatsstreich“: US-Milliardär Elon Musk ist nach Berichten, wonach er und sein Team sich Zugang zu sensiblen Zahlungsdaten der US-Bürger verschafft haben, in die Kritik geraten. Auch Musks Attacken auf die US-Entwicklungsbehörde USAID sorgen in den USA für Empörung – und versetzen Moskau in Jubelstimmung.

Der Tesla- und SpaceX-Chef soll im Auftrag von Donald Trump die Bürokratie bei den US-Behörden abbauen und Kosten einsparen – nun ist in den USA mitunter von einem „Coup“ die Rede. Vor allem Musks Zugang zu den sensiblen Daten der US-Bürger sorgt für Gegenwind. Gewerkschaften wollen mit einer Klage den Zugriff von Musk und seinen Vertrauten auf das Zahlungssystem des US-Finanzministeriums verhindern. Sie argumentieren in der Klageschrift, der Zugang für Vertreter von Musks Kostensenkungsgremium „Doge“ sei illegal und verletze Datenschutz-Regeln.

Entsetzen in den USA: Elon Musk bekommt Zugang zu sensiblen Daten

Der Zugang von „Doge“-Mitarbeitern zum Zahlungssystem des Finanzministeriums war am Wochenende durch US-Medienberichte bekannt geworden. US-Präsident Trump, der Musk mit der Kürzung von Regierungsausgaben betraut hatte, bestätigte die Meldungen am Montag. Ziel sei aber lediglich, dass Musk Informationen sammeln könne, auf deren Basis Regierungsbeschäftigte entlassen werden können, wenn der Tech-Milliardär dies für nötig halte – „und wir mit ihm einverstanden sind“, sagte Trump.

Elon Musk bekommt für seine Maßnahmen Komplimente aus Moskau. (Archivbild)

Elon Musk bekommt für seine Maßnahmen Komplimente aus Moskau. (Archivbild)

Kurz darauf verlieh das Weiße Haus dem Tech-Milliardär offiziellen Status. Musk sei ein „besonderer Regierungsangestellter“, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt. Es ist das erste Mal, dass sich das Weiße Haus dazu äußerte, auf welcher rechtlichen Basis Musk derzeit in Washington agiert. Ob Musk einen offiziellen Titel bei „Doge“ hat, ist immer noch nicht bekannt.

Weißes Haus erklärt Musk zum „besonderen Regierungsangestellten“

„Donald Trump hat einem nicht gewählten, nicht rechenschaftspflichtigen Milliardär beispiellose Macht über die Bundesregierung gegeben“, kritisierte der Abgeordnete Greg Casar, ein Demokrat aus Texas und Vorsitzender des progressiven Kongressausschusses, in einer Erklärung. „Die Progressiven werden dies vor Gericht, im Repräsentantenhaus und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfen, bis Elon Musk aus unserer Regierung verschwunden ist“, kündigte der Demokrat an.

Auch die Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez äußerte sich deutlich und bezeichnete die Interventionen des Multimilliardärs, der Trumps Wahlkampf mit mehr als 290 Millionen US-Dollar unterstützt hatte, als „ernste Bedrohung der nationalen Sicherheit“. Die USA erlebten gerade einen „plutokratischer Putsch“, führte Ocasio-Cortez aus. „Wenn Sie die Macht wollen, kandidieren Sie für das Amt und lassen sich vom Volk wählen“, wandte sich die Demokratin in einem Social-Media-Beitrag an Musk. „Ansonsten ist das eine Übung in Selbstjustiz.“

Kritik an Elon Musk: „Das ist keine Effizienz, das ist ein Putsch“

Ähnlich sieht das auch der amerikanische Politikwissenschaftler Seth Masket. Musk sei kein Bundesbediensteter, sagte Masket dem „New York Magazine“. Das „Doge“-Gremium sei ein „Marketing-Gag“, aber keine Regierungsbehörde und habe somit auch keine Macht über andere Abteilungen, führte der Politologe aus. „Es spielt keine Rolle, dass er ein Verbündeter des Präsidenten ist. Musk ist ein Privatmann, der die Kontrolle über etablierte Regierungsstellen übernimmt“, erklärte Masket. „Das ist keine Effizienz, das ist ein Putsch.“

Für ebenfalls große Aufregung sorgt auch Musks Vorgehen gegen die US-Entwicklungsbehörde USAID. Der Trump-Berater will die Behörde, die für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe im Ausland zuständig ist, ersatzlos streichen – und kriegt dabei Unterstützung von Trump. „Ein Haufen radikaler Verrückter“ habe die USAID bisher geleitet, verkündete der US-Präsident am Sonntag. Später erklärte Musk dann, man habe sich darauf geeinigt, dass die Behörde „geschlossen“ werden solle.

Trump und Musk wüten gegen USAID: „Ein Haufen radikaler Verrückter“

Trump hatte nach seinem Amtsantritt vor zwei Wochen zunächst die Auslandshilfen für drei Monate eingefroren und später Ausnahmen lediglich für humanitäre Hilfen genehmigt. US-Medienberichten zufolge will Trump USAID womöglich in das Außenministerium eingliedern. Die Behörde hat ein jährliches Budget von 42,8 Milliarden Dollar (rund 41,9 Milliarden Euro). Nun soll Außenminister Marco Rubio die Behörde vorerst leiten, nachdem Mitarbeiter am Montag vor verschlossenen Türen gestanden hatten.

Die Auswirkungen des Stopps für die Hilfsprogramme der USA dürften unterdessen weltweit spürbar werden, erklärte die demokratische Senatorin Tina Smith auf der Plattform X. „USAID versorgt verletzte Soldaten in der Ukraine mit Prothesen. Die Schließung dieser Organisation schadet uns und unseren Verbündeten und ermutigt Putin und Russland“, äußerte Smith scharfe Kritik am Vorgehen von Musk und Trump.

Demokraten sehen „Geschenk an Terroristen, China und Russland“

Auch der Kongressabgeordnete Ami Bera sprach von einem „unrechtmäßigen Angriff“. Das Vorgehen gegen USAID sei eine Bedrohung für „die amerikanische Sicherheit, die globale Stabilität und unsere Fähigkeit, mit Gegnern wie China, Russland und Iran zu konkurrieren“, führte Bera aus. Chris Murphy, Senator aus dem US-Bundesstaat Connecticut, sprach gar von einer „verfassungswidrigen Machtergreifung“ von Trump und Musk. Die USA würden dadurch „in der Welt geschwächt“, der Schritt sei ein „Geschenk an Terroristen, China und Russland“, fügte Murphy an.

Exakt so wird Musks Maßnahme in Moskau nun offenbar auch aufgefasst. Prompt meldete sich der ehemalige russische Präsident und Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin, Dmitri Medwedew, zu Wort. Es sei ein „kluger Schachzug“ von Musk, der versuche „USAIDs Deep Throat zu stopfen“, wie der Moskauer Lautsprecher erklärte. Auch unter prorussischen Influencern herrschte Freude. „Mit der Schließung von USAID wurde die Welt sofort zu einem besseren Ort“, hieß es mitunter.

Elon Musk versetzt Moskau in Jubelstimmung

Überraschend kommt die Freude nicht. Moskau und seinen Verbündeten sind die US-Hilfsprogramme schon lange ein Dorn im Auge. „Wir werden all den Abschaum massakrieren, den ihr finanziert habt“, hatte etwa bereits 2021 der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko dem Westen in einem BBC-Interview gedroht. Zuvor hatte der engste Verbündete von Putin in Belarus rund 270 Nichtregierungsorganisationen schließen lassen.

In Russland habe Putin die örtliche Vertretung von USAID bereits 2012 schließen lassen, erklärte unterdessen Michael McFaul, ehemalige US-Botschafter in Russland, die Freude in Moskau. „Warum? Weil deren Arbeit freie Märkte, Demokratie und Menschenrechte unterstützte – also Dinge, die Putins Diktatur bedrohten“, führte McFaul auf der Plattform X aus. „Die Schließung von USAID ist genau das, was Autokraten überall auf der Welt wollen.“