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Drei Monate nach Sturz AssadsWarum in Syrien wieder gekämpft wird

Lesezeit 3 Minuten
Syrische Armeekräfte bereiten eine Rakete für den Kampf gegen Anhänger des gestürzten syrischen Präsidenten al-Assad vor.

Syrische Armeekräfte bereiten eine Rakete für den Kampf gegen Anhänger des gestürzten syrischen Präsidenten al-Assad vor. Rund drei Monate nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Baschar al-Assad ist es in Syrien zu schweren Zusammenstößen zwischen dessen Anhängern und Kämpfern der Übergangsregierung gekommen.

In dem früheren Bürgerkriegsland kommt es zu heftigen Kämpfen zwischen Anhängern der gestürzten Regierung und den neuen Machthabern. Dutzende Menschen sollen exekutiert worden sein.

Rund drei Monate nach dem Sturz von Langzeitherrscher Baschar al-Assad ist es in Syrien zu heftigen Kämpfen zwischen dessen Anhängern und Kämpfern der Übergangsregierung gekommen. Bei den Auseinandersetzungen starben nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte bislang mindestens 147 Menschen. Mindestens 90 Menschen sollen den Beobachtern zufolge um von Sicherheitskräften der neuen Übergangsregierung hingerichtet worden sein. Es soll sich dabei um Angehörige der alawitischen Minderheit gehandelt haben.

Wo spielen sich die Kämpfe ab?

Die Auseinandersetzungen spielen sich vor allem an der Mittelmeerküste ab, die Region gilt als Hochburg der religiösen Gruppe der Alawiten, der auch Assad angehört. Vor allem in der Stadt Dschabla etwa 25 Kilometer südlich von Latakia, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, soll es zu schweren Kämpfen gekommen sein. Für Latakia und auch die weiter südlich gelegene Küstenstadt Tartus wurden bis Samstagvormittag Ausgangssperren verhängt.

Was steckt hinter den Auseinandersetzungen?

Der Chef des syrischen Geheimdiensts, Anas Khatab, machte führende Figuren aus dem Militär- und Sicherheitsapparat des gestürzten Ex-Präsidenten Baschar al-Assad für die Angriffe verantwortlich. Diese hätten eine verräterische Operation gestartet, bei der Dutzende Mitglieder von Armee und Polizei getötet worden seien, teilte Khatab per Kurznachrichtendienst X mit. Sie würden dabei aus dem Ausland gesteuert. Einem Bericht der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge waren am Donnerstag bei Angriffen 16 Mitglieder der Sicherheitskräfte der Regierung getötet worden.

Wie reagiert die Übergangsregierung in Damaskus?

Nach Angabe eines Offiziers verlegte die Regierung am Freitag größere Truppenkontingente in die Küstenregion. Dabei soll es zu schweren Gefechten gekommen sein. Seitens der Regierungstruppen seien Artilleriegeschütze, Panzer und Raketenwerfer eingesetzt worden, hieß es.

Laut der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle stieg die Zahl der Getöteten bis Freitagnachmittag auf 147 an. Darunter sollen sieben Zivilisten sein. Zuvor hatte es geheißen, unter den Toten seien 60 Kämpfer beider Seiten, die nach ihrer Gefangennahme hingerichtet worden sein sollen, weitere Menschen seien verletzt worden.

In einem späteren Bericht hieß es, Videoaufnahmen zeigten Hinrichtungen von mindestens 90 Alawiten durch die Sicherheitskräfte der Übergangsregierung. Es soll sich dabei um Zivilisten gehandelt haben. „Es wurden Massaker an der alawitischen Religionsgemeinschaft verübt“, sagte der Direktor der Beobachtungsstelle, Rami Abdel-Rahman, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die syrische Regierung forderte er auf, die Vorfälle untersuchen zu lassen.

Unabhängig geprüft werden konnten die Vorwürfe nicht. Von der Regierung in Damaskus gab es zunächst keine Stellungnahme dazu. Geheimdienstchef Khatab hatte die eigenen Kämpfer zur Zurückhaltung aufgerufen.

Wie reagiert die Bevölkerung?

Tausende Menschen versammelten sich in Damaskus und etlichen anderen Städten, um gegen die bewaffneten Anhänger des gestürzten Ex-Präsidenten al-Assad zu demonstrieren. Viele forderten, die bewaffneten Angriffe zurückzuschlagen und die Verantwortlichen vor Gericht zu stellen.

In der gebirgigen Küstenregion sind teilweise noch bewaffnete Gruppen mit Verbindungen zu der im Dezember gestürzten Vorgängerregierung aktiv. Der Sprecher des syrischen Verteidigungsministeriums, Hasan Abdal Gany, teilte mit, wer seine Waffen nicht niederlege, müsse sich einem „unausweichlichen Schicksal“ stellen.

Assad hatte Syrien mehr als zwei Jahrzehnte regiert. Nach einer Blitzoffensive unter Führung der Islamistengruppe HTS Ende vergangenen Jahres floh er nach Russland. Die neue Übergangsregierung unter Führung von Präsident Ahmed al-Scharaa versucht seitdem die Sicherheit im Land wiederherzustellen und die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die nun ausgebrochenen Kämpfe gelten als die schwersten seit dem Umsturz. (dpa)