Nach einem Drohnenangriff tief in Russland reagiert Putin persönlich. Russen berichten derweil über Botschaften auf Trümmerteilen.
Wütende Reaktion auf DrohnenangriffPutin droht mit noch mehr „Zerstörung“ – und lockt russische Jugend ins Militär
Es kommt nicht oft vor, dass Kremlchef Wladimir Putin auf einzelne ukrainische Angriffe so explizit und zeitnah reagiert: Nach einem Drohnenangriff auf die russische Millionenstadt Kasan an der Wolga hat Putin Kiew nun jedoch mit drastischen Worten mit Vergeltung gedroht. „Wer auch immer versucht, etwas bei uns zu zerstören, wird mit einem Vielfachen der Zerstörungen bei sich konfrontiert und bedauert noch, was er in unserem Land versucht hat“, sagte der russische Präsident bei einer vom Fernsehen übertragenen Videokonferenz.
Am Samstagmorgen waren sechs ukrainische Drohnen in Wohnhochhäuser Kasans eingeschlagen, eine weitere traf ein Industrieobjekt. Offiziellen Angaben zufolge soll es bei dem Angriff keine Verletzten gegeben haben. Medien schrieben von drei Personen, die Schnittwunden durch zersplitterte Fensterscheiben erlitten hätten.
Angriff trifft Stadt mehr als 1000 Kilometer von Grenze entfernt
Kasan befindet sich mehr als 1000 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt. Obwohl sich die Ukraine bislang offiziell nicht zu der Attacke bekannt hat, gilt sie als deren Reaktion auf einen russischen Raketenangriff gegen Kiew. Es kursierten mehrere Videos, die Explosionen an den Häusern in Kasan zeigen sollen. Unabhängig überprüfen lassen sich die Aufnahmen derzeit nicht. Berichten zufolge soll es sich um hochpreisige Wohnimmobilien handeln.
In russischen Telegram-Gruppen machten derweil Aufnahmen die Runde, die Trümmerteile der Drohnen – und angeblich von der Ukraine darauf geschriebene Botschaften zeigen sollen. „Na, wie läuft es mit der Einnahme von Kiew in drei Tagen?“ soll auf einem der Trümmerteile den Angaben zufolge gestanden haben, umgeben von eindeutigen Beleidigungen. Überprüfen lassen sich auch diese Berichte derzeit nicht.
Ukraine attackiert mit Drohnen immer wieder tief in Russland
In den letzten Monaten hatte die Ukraine immer wieder Ziele tief in Russland mit Drohnen attackiert. Insbesondere die russische Energie-Infrastruktur rückte dabei in den Fokus von Kiews Attacken. So gingen zuletzt immer wieder russische Öl-Depots in Flammen auf, auch russische Munitionslager wurden mehrmals Ziel der ukrainischen Attacken.
Putin hatte in der vergangenen Woche der Ukraine erneut indirekt das Existenzrecht abgesprochen. Ohne die Unterstützung aus dem Westen würde das Land bereits nicht mehr existieren, erklärte der Kremlchef bei einer mehr als vierstündigen Pressekonferenz, die als „Direkter Draht“ bekannt ist, da auch Bürgerinnen und Bürger dort Fragen stellen können.
Auch wenn Putin von Verhandlungsbereitschaft sprach, deutet auch bei seiner Jahrespressekonferenz vieles daraufhin, dass Moskau die im letzten Sommer aufgestellten Bedingungen aufrechterhält. Dazu gehört auch die Annexion von Gebieten, die Moskau bisher nicht erobern konnte. Insgesamt kommen die russischen Bedingungen einer Kapitulation der Ukraine gleich.
Putin untermauert seine Kriegskurs mit „Militärsportcamps“
Vor seiner neuerlichen Drohungen in Richtung Kiew hatte der Kremlchef am Wochenende weitere Weichen für seinen Kriegskurs gestellt. So sollen militärisch-patriotische Erziehungsprogramme in Russland und den in der Ukraine besetzten Gebieten ausgebaut werden.
Am Freitag erließ Putin Anweisungen zum Auf- und Ausbau eines „Militärsportcamps“ für junge Leute, der Eintritt in die Streitkräfte so gefördert werden solle. Außerdem solle eine Online-Plattform und das Kreml-Programm „Straßen des Sieges“ ausgebaut werden, berichteten die Analysten des amerikanischen Instituts für Kriegsstudien (ISW).
Kremlchef fördert Militarisierung der russischen Jugend
Das Programm „Straßen des Sieges“ zielt demnach darauf ab, „patriotische Gefühle bei modernen Kindern und Jugendlichen zu fördern“ und bietet russischen Kindern und Jugendlichen kostenlose Exkursionen zu russischen kulturellen und historischen Stätten „militärischen Ruhms“ an, heißt es im Lagebericht der US-Analysten. Der Kreml strebe damit die weitere Militarisierung der Jugend in Russland an.
So soll der Militärdienst unter russischen Jugendlichen populärer gemacht werden, während Putin weiterhin seine „langfristigen Kriegsanstrengungen in der Ukraine und mögliche künftige bewaffnete Konflikte mit westlichen Ländern plant“, erklärte das ISW mit Blick auf die jüngsten Weichenstellungen in Moskau.
Wladimir Putin will acht Kinder pro Familie für „ewiges Russland“
Putin hatte bereits in der Vergangenheit Maßnahmen ergriffen, um den Dienst in der russischen Armee für die Bevölkerung lukrativer zu gestalten. So stiegen die Gehälter bei den Streitkräften seit Beginn von Russlands Krieg gegen die Ukraine massiv an. Gleichzeitig bemüht sich der Kreml, die Geburtenrate in Russland zu steigern, um demografische Probleme, die auch mit den Verlusten in der Ukraine im Zusammenhang stehen, zu bekämpfen.
Putin hatte deshalb in einer Rede vor etwas mehr als einem Jahr bereits gefordert, dass es für alle Russen zur Norm werden solle, „sieben oder acht Kinder“ zu bekommen. „Die Rettung und Vermehrung der Menschen in Russland ist unsere Aufgabe für die kommenden Jahrzehnte“, führte der russische Präsident damals aus. „Das ist die Zukunft der russischen Welt, ein tausendjähriges, ewiges Russland.“ (mit dpa)