AbschiedDiese Trauerfeier zeigte, welche bedeutende Rolle Westerwelle spielte

Ein schmerzhafter Tag: Michael Mronz, der Witwer Guido Westerwelles, vor dem Sarg des am 18. März im Alter von 54 Jahren Verstorbenen.
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Köln – Das Porträt, das die Trauergäste rechts oberhalb des Holzsargs sehen, zeigt einen gelöst lächelnden Mann, der trotz des formellen Anzugs jugendlich wirkt. Links und rechts des Sargs schmücken Blumenbestecke den Altarbereich der Basilika St. Aposteln am Kölner Neumarkt: Weiße Rosen kombiniert mit weißen Lilien, gelbe Rosen mit roten Gerbera. Im Schiff des romanischen Gotteshauses hat sich mit den Angehörigen und Freunden die Spitze des Staates versammelt, um sich von Guido Westerwelle zu verabschieden, um dem ehemaligen FDP-Chef und Bundesaußenminister das letzte Geleit zu geben. In der ersten Reihe sitzen Bundespräsident Joachim Gauck, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Ex-Bundespräsident Horst Köhler. Kanzlerin Angela Merkel hat neben Michael Mronz Platz genommen, dem Lebensgefährten Westerwelles.

Ex-Bundespräsident Horst Koehler, Bundestagspraesident Dr. Norbert Lammert, Bundespraesident Joachim Gauck, Dr. Michael Hallek, Michael Mronz und Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bei der Trauerfeier in Köln.
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Zwischen Gauck und Mronz sitzt Leukämiespezialist Michael Halleck. Hallecks Ärzteteam an der Kölner Uniklinik kämpfte bis zuletzt um Westerwelles Leben.
Neben zahlreichen weiteren prominenten deutschen Politikern - unter ihnen Westerwelles Vorgänger und Nachfolger im Amt des Außenministers, Klaus Kinkel und Frank-Walter Steinmeier, befinden sich ausländische Politiker und Diplomaten unter den Trauergästen. Eine politisch so hochrangige Trauergesellschaft versammelte sich zuletzt beim Staatsakt für Ex-Kanzler Helmut Schmidt. Das Aufgebot zeigt, welche bedeutende Rolle Westerwelle in der Bonner wie in der Berliner Politik spielte. Dass nur einen Tag vorher Hans-Dietrich Genscher gestorben war, Westerwelles politischer Leitstern, geht vielen Trauergästen zusätzlich nahe.
Eine bewegende Zeremonie, ein ergreifender Abschied
Es ist eine bewegende Zeremonie, ein ergreifender Abschied. Der ökumenische Gottesdienst, gestaltet von Prälat Karl Jüsten, einem Freund seit Westerwelles Jugendtagen in Bonn, und dem evangelischen Prälaten Martin Dutzmann, wird musikalisch untermalt von Lieblingswerken des Opernenthusiasten Westerwelle: Die Arie "Nessun dorma" aus Puccinis Oper "Turandot", der Freiheitschor "O welche Lust" aus dem "Fidelio", der einzigen Oper Ludwig van Beethovens, des Komponisten aus Westerwelles Heimatstadt Bonn.

Vicky Leandros singt für den verstorbenen Freund.
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Die Sängerin Vicky Leandros singt ihren Titel "Wir wissen, Du liebst das Leben". Leandros, eine Freundin Westerwelles, hatte das Lied auf seinem 50. Geburtstag gesungen. Nun hat sie es für die Trauerfeier umgeschrieben. "Deine Liebe, Deine Leidenschaft hat uns stets berührt. Deine Stärke und Dein großer Mut, haben uns geführt", heißt es an einer Stelle.
Angela Merkel ist sichtlich erschüttert
Die Kanzlerin würdigt Westerwelle in persönlichen Worten, wie man sie von ihr nur selten hört. Merkel, die erschüttert wirkt, erinnert an die lange gemeinsame Zeit, in der beide als Generalsekretäre und später Vorsitzende ihrer Parteien die deutsche Politik mitbestimmten. "Wir teilten die Mühe der Oppositionsarbeit", sagt Merkel. Sie hätten gut zusammengearbeitet, aber "er schaffte es auch manchmal mühelos, mich zur Weißglut zu bringen". Die Bundeskanzlerin wendet sich mehrfach an Westerwelles Witwer Michael Mronz, den sie mit dem Vornamen anspricht: Westerwelle und Mronz hätten sich bei der Feier des 50. Geburtstages der Kanzlerin erstmals als Paar der Öffentlichkeit gezeigt.
„Konnten uns immer aufeinander verlassen"
Auch nach dem Ausscheiden Westerwelles aus der Regierung habe sie mit ihrem Ex-Außenminister Kontakt gehalten: "Wir haben aneinander gedacht." Besonders hebt sie die Zuverlässigkeit des Verstorbenen hervor. Was unter vier Augen besprochen worden sei, sei nie an die Öffentlichkeit gekommen - keine Selbstverständlichkeit im schwatzhaften Berlin: "Wir konnten uns immer aufeinander verlassen." Westerwelle sei "streitbar, empfindsam, nachdenklich, verlässlich und treu" gewesen, ein "deutscher Patriot und überzeugter Europäer".

Bundeskanzlerin Angela Merkel.
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Die letzte Verabredung im Kanzleramt Ende 2015 habe der von seiner Leukämiebehandlung geschwächte Westerwelle absagen müssen, weil er seine Kraft für einen TV-Auftritt am Abend schonen musste, erinnert sich Merkel. Damals stellte der frühere FDP-Chef sein Buch "Zwischen zwei Leben" vor, in dem er von seiner Krebserkrankung berichtete. "Die Todesnachricht traf mich unvermittelt", sagt Merkel.
Prälat Jüsten, der Freund seit Jugendtagen, spricht in seiner Predigt auch die polarisierende Wirkung an, die der Politiker Westerwelle in der Öffentlichkeit lange Zeit entwickelte. "Identifikationsfigur für viele, für manche das Gegenteil" sei er gewesen. "Er suchte immer die Öffentlichkeit und gab dabei viel von sich preis", so Jüsten. Dabei habe Westerwelle stets auch "Anerkennung, Liebe und Geborgenheit" gesucht. "Hatten wir nicht alle die Hoffnung, dass Guido Westerwelle es schafft?", fragt der Geistliche.
Alles erreicht, was er wollte
Aber ein langes und erfülltes Leben nach der Politik, nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Außenministers, blieb Westerwelle versagt. Das ist die Tragödie dieses zu frühen Todes, dieses nur halben Lebens: Alles was, er als Politiker erreichen konnte, hatte er erreicht. Für das persönliche Glück, das er an der Seite seines Mannes Michael Mronz fand, blieben ihm nur wenige Jahre.
Viele entdeckten den Menschen, der hinter dem Politiker und Staatsmann Westerwelle steckte, erst, als er mit seiner Erkrankung und seiner Leidensgeschichte an die Öffentlichkeit ging - durch sein Buch "Zwischen zwei Leben", durch den Auftritt in der Talkshow von Günther Jauch im November vergangenen Jahres. "Die Menschen haben ihr Bild von ihm geändert", sagt der Jugendfreund Jüsten. "Deutschland hat dann den Menschen hinter dem Politiker erkannt", sagt die Kanzlerin.

Der Trauerzug mit dem Leichenwagen
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Nach anderthalb Stunden verlässt die Trauergemeinde zu den Klängen des Freiheitschors "Flieg Gedanke" aus der Verdi-Oper "Nabucco" hinter dem Sarg die Basilika St. Aposteln. Auf dem sonnenüberfluteten Kirchplatz warten hinter den Sicherheitsgittern Hunderte Schaulustige und Passanten, viele schießen Fotos von den Politikern und Prominenten.

Der Trauerzug fährt zur Beisetzung.
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Im Autokonvoi fährt die Trauergemeinde zum Melatenfriedhof im Kölner Südwesten, wo Westerwelle am frühen Nachmittag unter Ausschluss der Öffentlichkeit beigesetzt wird.
Viel Polit- und Medienprominenz

Ex-Bundespräsident Horst Koehler, Bundestagspraesident Dr. Norbert Lammert, Bundespraesident Joachim Gauck, Dr. Michael Hallek, Michael Mronz und Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel bei der Trauerfeier in Köln.
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Zur Trauerfeier für Guido Westerwelle versammelte sich ein kleines Who is Who der Bonner und der Berliner Republik. Neben den höchsten Staatsrepräsentanten kamen Westerwelles Vorgänger und Nachfolger als Außenministers, Klaus Kinkel und Frank- Walter Steinmeier. Unter den Gästen befanden sich auch Bundesinnenminister Thomas des Maizière (Innen), Ex-Linken-Fraktionschef Gregor Gysi, FDP-Chef Christian Lindner und der frühere NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, ihre Stellvertreterin Sylvia Löhrmann und Finanzminister Norbert Walter-Borjans vertraten das Land NRW, OB Ashok Sridharan Westerwelles Heimatstadt Bonn, OB Henriette Reker Köln.
Zahlreiche bekannte Medienvertreter befanden sich unter den Trauergästen, etwa WDR-Intendant Tom Buhrow, Ex-Talkmasterin Sabine Christiansen-Medus sowie die Schauspielerinnen Veronica Ferres und Marie-Luise Marjan. (pfu)