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„Bedauerliche Entscheidung“Bund will von Bayern bestellte Polizeisoftware nicht verwenden

Lesezeit 2 Minuten
Das Logo vom bayerischen Landeskriminalamt ist an der Tür zu einem Serverraum in einem Rechenzentrum der Behörde zu sehen. (Archivbild)

Das Landeskriminalamt will mit dem umstrittenen Programm „VeRA“ künftig schneller die Datenbanken der Polizei durchsuchen und Netzwerke von Verdächtigen sichtbar machen können. (Archivbild)

Eine Polizeisoftware hat das bayerische Landeskriminalamt bei einem US-Hersteller bestellt – in Berlin entscheidet man sich nun dagegen.

Die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt werden die in Bayern bestellte Polizeisoftware „VeRA“ nicht verwenden. Das Innenministerium in Berlin habe entschieden, das Programm des umstrittenen US-Herstellers Palantir trotz einer entsprechenden Option im Vertrag nicht abzurufen, sagte eine Sprecherin am Freitag.

Die Innenminister von Bund und Ländern hatten sich nicht darauf einigen können, die Software bei Polizeien bundesweit einzusetzen. Darauf hatten im Vorfeld der jüngsten Innenministerkonferenz nach dpa-Informationen vor allem Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen gedrungen, wo die Software entweder im Einsatz oder zumindest beschafft ist. Zuvor hatte der Bayerische Rundfunk (BR24) darüber berichtet.

Unternehmen Palantir: Datenschützer üben Kritik

Die Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte, man wolle stattdessen in Eigenregie unabhängig von einem Hersteller wie Palantir Anwendungen bereitstellen. „Die polizeifachlichen Fähigkeiten, so auch die Analysefähigkeit, sollen in eigener digitaler Kompetenz entwickelt werden.“

Die Analysefähigkeit soll in eigener digitaler Kompetenz entwickelt werden.
Sprecherin des Bundesinnenministeriums

Palantir wird von einigen Datenschützern kritisch beäugt, weil das Unternehmen als Start-up vom US-amerikanischen Geheimdienst CIA finanziert wurde und diesen später zu seinen Kunden zählte.

Bayrisches Innenministerium spricht von „bedauerlicher Entscheidung“

Bisher erschweren unterschiedliche Programme und Datenformate für verschiedene Datenbanken oft das Auslesen und Verknüpfen von Informationen für deutsche Ermittler. Die vom bayerischen Landeskriminalamt in Auftrag gegebene „Verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“ (VeRA) hätte die Ermittlungen als eine Art Suchindex mit der Verknüpfung von Informationen in unterschiedlichen Datenbanken erleichtern sollen.

Das bayerische Innenministerium bezeichnete die Entscheidung in Berlin am Freitag als „bedauerlich“. Das Projekt sei schon „weit fortgeschritten“ gewesen. Die anderen Bundesländer könnten aber weiter die Option nutzen, das Programm für ihre Polizeien anzuschaffen, ohne einen neuen Vertrag aushandeln zu müssen, sagte eine Ministeriumssprecherin. „Jedes Bundesland kann für sich selbst entscheiden.“

Polizeisoftware „VeRA“: gesetzliche Grundlage fehlt bislang

Bayern halte an der Planung mit der Software unabhängig von der Berliner Ablehnung fest. Eingesetzt werden soll sie im Freistaat bei Fällen schwerer Kriminalität wie Terrorismus oder Mord, aber auch bei Bandendiebstählen und Kinderpornografie. Bisher fehlt aber die gesetzliche Grundlage für den Einsatz.

Zuletzt hieß es aus dem bayerischen Innenministerium, die nötige Gesetzesänderung sei nicht mehr vor der Landtagswahl am 8. Oktober geplant. Bei den Regeln für den Einsatz der neuen Software wird sich der Freistaat an einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unter anderem zu dem Programm in Hessen orientieren müssen. Die Richter in Karlsruhe hatten die gesetzlichen Regelungen dort im Februar für verfassungswidrig erklärt.

Das Gericht monierte damals, sie erlaubten der Polizei, „mit einem Klick umfassende Profile von Personen, Gruppen und Milieus zu erstellen“. Auch der bayerische Datenschutzbeauftragte hatte wiederholt Bedenken zum Einsatz der Software angemeldet. (dpa)