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Cum-Ex-ProzessFür NRW-Justizminister Limbach wird die Luft dünner

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Benjamin Limbach (Bündnis 90/Die Grünen), Justizminister von Nordrhein-Westfalen

Benjamin Limbach (Bündnis 90/Die Grünen), Justizminister von Nordrhein-Westfalen

Nach seiner überraschenden Kehrtwende bei der Neuorganisation der Staatsanwaltschaft Köln muss sich NRW-Justizminister Benjamin Limbach auf kritische Fragen einstellen.

FDP-Rechtsexperte Werner Pfeil bezeichnete Limbach am Montag als „Minister Wendehals“, der seinen politischen Kompass verloren habe.

Pfeil ist Vorsitzender des Landtags-Rechtsausschusses, der sich am kommenden Donnerstag erneut in einer Sondersitzung mit der schleppenden Aufklärung von Cum-Ex-Kriminalität beschäftigen wird. Hartmut Ganzke (SPD) sagte: „Der Minister scheint die Reißleine ziehen zu wollen. Die drängenden Fragen bleiben.“

Limbach hatte am Wochenende den Obleuten der Parteien im Rechtsausschuss mitgeteilt, dass er nach massiver Kritik die geplante Umstrukturierung der für die Cum-Ex-Ermittlungen zuständigen Kölner Staatsanwaltschaft „anhalten“ werde. Er suche stattdessen nun das Gespräch mit der Generalstaatsanwaltschaft und der Behörde in Köln und sei offen dafür, die Reform rückgängig zu machen.

Limbach steht in der Kritik, weil die Aufspaltung der für die Ermittlungen zuständigen Hauptabteilung H in Köln nach Absicht vieler Experten einer „Entmachtung“ der renommiertesten Cum-Ex-Ermittlerin in Deutschland, Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, gleichkommen würde. Ihr sollte ein zweiter Chef einer neu zu gründenden Hauptabteilung an die Seite gestellt werden, die gut die Hälfte der Cum-Ex-Verfahren übernehmen sollte – laut Ministerium, um Brorhilker zu entlasten und die Fälle effizienter als bisher abarbeiten zu können.

„Ziel ist es im Gegenteil, das Ermittlerteam zu stärken“

In dem Brief an die Obleute im Rechtsausschuss schrieb Limbach nun: „Die Kritik aus verschiedenen Richtungen an der kürzlich getroffenen Organisationsentscheidung, eine weitere Hauptabteilung einzurichten, nehme ich sehr ernst. Dies gilt auch für die Sorge Einiger, dass diese Entscheidung die Cum/Ex-Ermittlungen beeinträchtigen könnte. Ziel aller Überlegungen und Maßnahmen ist es im Gegenteil, das Cum/Ex-Ermittlerteam zu stärken, um so noch bessere Bedingungen für die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zu schaffen und dadurch umfassende Aufklärung zu ermöglichen.“

Vor diesem Hintergrund habe er als Minister entschieden, die Umsetzung der Entscheidung anzuhalten. „Ich möchte mich mit den Verantwortlichen bei der Generalstaatsanwaltschaft und Staatsanwaltschaft Köln austauschen, mit welchen organisatorischen Maßnahmen wir das gemeinsame Ziel bestmöglich erreichen können. Wenn wir dabei geeignetere Wege finden, bin ich selbstverständlich auch offen dafür, die in Rede stehende Organisationsentscheidung rückgängig zu machen“, so Limbach.

Wenn wir geeignetere Wege finden, bin ich selbstverständlich auch offen dafür, die in Rede stehende Organi- sationsentscheidung rückgängig zu machen.
Benjamin Limbach (Grüne) NRW-Justizminister

Die Organisation „Bürgerbewegung Finanzwende“ begrüßte am Montag das Zurückrudern des Ministers und sprach von einem „Zwischenerfolg“. Der Verein erneuerte aber seine Kritik an Limbachs Verhalten im Zuge der Cum-Ex-Aufklärung und verlangte den endgültigen Stopp der Reform. Die nun entstandene „Atempause“ müsse dafür genutzt werden, die Staatsanwaltschaft Köln so auszustatten, dass sie in der Lage sei, die 120 noch anstehenden Cum-Ex-Verfahren mit insgesamt rund 1700 Beschuldigten zügig zu bearbeiten.

Der für die „Finanzwende“ aktive frühere NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) riet dazu, die Zahl der in Köln für Cum-Ex-Fälle zuständigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte von 36 auf „an die 50“ zu erhöhen und ihnen möglichste viele Polizisten und Steuerfahnder an die Seite zu stellen. Auch Ex-NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) interpretierte die zunächst geplante Aufspaltung der Cum-Ex-Ermittlungen als Angriff Limbachs auf Top-Ermittlerin Brorhilker: „Das war der Versuch, einen Leuchtturm bei der Bekämpfung der Finanzkriminalität zu demontieren“, erklärte er. (mit dpa)