In Berlin kommen 125 Staaten zusammen, um über die Todesstrafe zu sprechen. Deutschland beobachtet mit Sorge, dass die Strafe von autoritären Regimen genutzt wird.
Vorwürfe gegen IranBaerbock und Buschmann fordern weltweites Ende der Todesstrafe
Abgesandte aus mehr als 125 Ländern sind am Dienstag in Berlin zum Weltkongress gegen die Todesstrafe zusammengekommen - mit ausdrücklicher Unterstützung der Bundesregierung für ihr Anliegen. „Wir begreifen es in der Bundesregierung als Handlungsauftrag, weltweit für die Abschaffung der Todesstrafe zu werben“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zur Eröffnung. Außenministerin Annalena Baerbock schlug ein weltweites Moratorium bei der Vollstreckung vor.
Zwei afrikanische Länder - Sambia und Liberia - kündigten die baldige Abschaffung der Strafe an. Der Weltkongress gegen die Todesstrafe findet erstmals in Deutschland statt. Ausgerichtet wird die viertägige Veranstaltung von der Nichtregierungsorganisation Ensemble Contre la Peine de Mort („Gemeinsam gegen die Todesstrafe“).
Baerbock sieht Todesstrafe in autoritären Staaten „mit großer Sorge“
Außenministerin Baerbock sagte in ihrer Rede, dass Deutschland die Todesstrafe unter allen Umständen ablehne - und „mit großer Sorge“ verfolge, wie diese Strafform in autoritären Staaten immer mehr als Unterdrückungsinstrument missbraucht werde, „um Andersdenkende einzuschüchtern“ - etwa im Iran.
Aktuell sei zu erleben, dass insbesondere autoritäre Staaten „die Todesstrafe nicht anwenden, um schlimmste Verbrechen zu ahnden, sondern um Menschen zu bestrafen, weil sie aus deren Sicht die Falschen lieben oder nur ihre Meinung geäußert haben“, sagte Baerbock.
Die Ministerin verwies in ihrer Rede auf den Iran, wo vor wenigen Tagen erstmals ein Todesurteil im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Führung des Landes verhängt wurde - „und wo das Regime weiteren Demonstranten mit der Todesstrafe droht“.
Im Sender Welt TV sagte Baerbock zudem, der Kongress sei „auch ein Zeichen an die iranische Führung, dass wir mit Blick auf die Todesurteile, die dort gerade ausgesprochen werden, genauestens hinschauen“.
55 Staaten vollstrecken weiterhin Todesstrafen – Tendenz sinkend
Nach wie vor gibt es nach Angaben des Auswärtigen Amts 80 Länder, in denen die Todesstrafe verhängt werden kann. In 55 Staaten wird sie noch vollstreckt - es werden aber kontinuierlich weniger. Justizminister Buschmann wies zur Eröffnung des Kongresses die Argumente von Befürwortern der Todesstrafe zurück. „Die Todesstrafe ist grausam“, sagte er.
„Ihre Vollstreckung birgt immer die Gefahr von Justizirrtümern, die nicht wieder gut zu machen sind.“ Zudem sei der Nutzen der Todesstrafe „durch eine vermeintlich bessere Abschreckung im Vergleich zur Freiheitsstrafe nicht erwiesen“. Eines der letzten Länder, das die Todesstrafe abschaffte, ist die westafrikanische Republik Sierra Leone.
Deren Justizminister Mohamed Lamin Tarawalley sprach auf dem Kongress von einer „wegweisenden Entscheidung“, die sein Land getroffen habe. „Durch das Festhalten an der Todesstrafe hält man seine Gegner in einem Zustand anhaltender Unterwerfung, das wollen wir nicht“, sagte Tarawalley.
Sambia und Liberia wollen Todesstrafe abschaffen
Die Justizminister Sambias und Liberias kündigten in Berlin die baldige Abschaffung der Todesstrafe in ihren Ländern an. „Im Dezember wird die Todesstrafe aus dem Gesetzbuch gestrichen“, sagte Sambias Justizminister Mulambo Haimbe. „Sambia will das nächste Mitglied der weltweiten Abschaffungs-Bewegung sein.“ Baerbock dankte diesen Ländern für die „mutige Entscheidung“. Sie beklagte zugleich, dass die Todesstrafe weiterhin „in Demokratien wie in Diktaturen“ vollstreckt werde.
Namentlich nannte sie neben dem Iran auch China, Belarus, die USA, Japan, Indonesien und Indien. „Die Abschaffung der Todesstrafe ist mehr als schwierig“, räumte die Grünen-Politikerin ein. „Oftmals wird sie in der öffentlichen Meinung unterstützt.“
Deutschland wirbt weltweit für die Ächtung dieser Strafe. „Die Todesstrafe ist eine unmenschliche und besonders grausame Form der Bestrafung“, erklärte das Auswärtige Amt aus Anlass des Kongresses. „Deutschland lehnt sie unter allen Umständen ab und setzt sich gemeinsam mit Partnerinnen und Partner weltweit für ihre Abschaffung ein.“ (afp)