Anspruch, Höhe, SanktionenWas man jetzt zum neuen Bürgergeld wissen muss
Berlin – Aus Hartz IV wird zum 1. Januar das Bürgergeld: Das vom Bundeskabinett am Mittwoch gebilligte Bürgergeld-Gesetz erhöht die bisherigen Leistungen – und baut auf Vertrauen zwischen Leistungsbeziehern und Jobcentern. Doch die umstrittenen Sanktionen wird es auch künftig geben.
Wer hat künftig Anspruch auf das Bürgergeld?
Wer bisher Anspruch auf Arbeitslosengeld II hatte, wird einen Anspruch auf Bürgergeld haben. Dafür müssen keine neuen Anträge gestellt werden. Infrage kommt das Bürgergeld auch für Menschen, deren Arbeitseinkommen nicht zum Lebensunterhalt reicht. Sie können ergänzende Unterstützung erhalten.
Wie hoch wird das Bürgergeld ausfallen?
Zum 1. Januar soll der Regelsatz für alleinstehende Erwachsene von 449 Euro um 53 Euro auf dann 502 Euro steigen. Für Erwachsene unter 25, die noch bei ihren Eltern leben, erhöht sich der Betrag auf 402 Euro, für Jugendliche zwischen 14 und 18 liegt er künftig bei 420 Euro, für Kinder von sechs bis 14 bei 248 Euro. Bei Kindern unter sechs sind es 318 Euro.
Wie sieht die Arbeitsvermittlung aus – und wie die Sanktionen?
Der Entwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sieht vor, dass die Arbeitssuchenden mit den Jobcentern einen Kooperationsplan vereinbaren. Am Anfang steht dabei eine halbjährige „Vertrauenszeit“, in der den Betroffenen nur eingeschränkt Leistungskürzungen drohen - und zwar, wenn sie mehrfach einen Termin beim Jobcenter verpassen. In diesem Fall ist eine zehnprozentige Leistungskürzung möglich. Nach den sechs Monaten drohen zusätzlich weitere Leistungskürzungen bei sogenannten Pflichtverletzung – etwa wenn der Betroffene eine zumutbare Stelle nicht antritt. Dies bringt beim ersten Mal eine Kürzung von 20 Prozent mit sich. Beim zweiten Mal sind es dann 30 Prozent. Nicht mehr zulässig sind Abzüge bei den Kosten der Unterkunft.
Was gilt künftig für die Weiterbildung?
Bislang scheiterte die Berufsausbildung eines Arbeitslosen oft daran, dass er einen Aushilfsjob annehmen muss. Dieser „Vermittlungsvorrang“ entfällt künftig. Eingeführt wird ein monatliches Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro. Zudem wird es Leistungsbeziehern ermöglicht, bei Bedarf in drei Jahren eine Umschulung im Rahmen einer geförderten beruflichen Weiterbildung zu besuchen anstatt wie bisher in zwei Jahren.
Können Bürgergeldbezieher ihre bisherige Wohnung behalten?
In den ersten beiden Jahren überprüfen die Jobcenter nicht, ob eine Wohnung angemessen ist. Menschen, die arbeitslos sind und sich einen neuen Job suchen müssen, sollen sich nicht auch noch um ihre Wohnung sorgen müssen, argumentiert Bundesarbeitsminister Heil.
VdK: 52 Euro nicht genug
Aus der Sicht des Sozialverbandes VdK reicht das neue Bürgergeld nicht aus, um die Probleme mit der Inflation bei den Betroffenen zu lindern. „Mit der Erhöhung um 52 Euro sind wir nicht zufrieden“, sagte der Landesvorsitzende Horst Vöge gestern in Düsseldorf hinsichtlich der ab Januar geplanten Aufstockung des jetzigen Hartz-IV-Regelsatzes von 450 auf 502 Euro. Mit Blick auf das kommende Jahr müsse beim Bürgergeld „schon eine Sechs vorne stehen“.
Immer mehr Menschen in NRW hätten angesichts der drastischen Preissteigerungen bei Energie und Lebensmitteln Geldsorgen, sagte Vöge. Insbesondere auf Sozialhilfeempfänger, Rentnerinnen und Rentner sowie Gering- und Normalverdienende wirke sich die Krise hart aus. Das könne „sozialen Sprengstoff“ in die Gesellschaft tragen, befürchtet der VdK-Chef. Einmalzahlungen, wie sie die Bundesregierung im Zuge ihres dritten Entlastungspaketes beschlossen hat, seien nicht der richtige Weg. (EB)
Welches Vermögen dürfen die Leistungsbezieher behalten?
In den ersten 24 Monaten werden Leistungen dann gewährt, wenn kein „erhebliches Vermögen“ vorhanden ist. Hier gilt die Grenze von 60.000 Euro für den eigentlichen Leistungsbezieher und 30.000 Euro für jeden weiteren Menschen in der Bedarfsgemeinschaft. Das langfristige Schonvermögen wird auf 15.000 Euro erhöht. Zudem wird nicht mehr geprüft, ob das eigene Auto oder die eigene Wohnung angemessen sind.
Welche Möglichkeiten des Zuverdienstes sind geplant?
Wer zwischen 520 und 1000 Euro verdient, soll künftig mehr von seinem Einkommen behalten können: Die Freibeträge in diesem Bereich werden von 20 Prozent auf 30 Prozent angehoben. Auch die Freibeträge für Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende werden erhöht.
Können die Jobcenter auch künftig Geld zurückfordern?
Ja, allerdings gilt hier eine Bagatellgrenze von 50 Euro. Erst wenn es um höhere Beträge geht, fordern die Jobcenter Geld zurück, das der Leistungsempfänger zu Unrecht bekommen hat. (afp)