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Angriff in LibyenDrohnen-Beschuss auf Wagner-Gruppe gibt Rätsel auf

Lesezeit 3 Minuten
Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnertruppe Wagner

Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnertruppe Wagner

Der Stützpunkt der Söldnergruppe Wagner in Libyen unter Drohnen-Beschuss: Der Verdacht fällt auf die USA, die den Streit mit dem Kreml nutzen wollen, um die Einsätze in Krisenländern zu stören.

Ein Drohnenangriff auf einen Stützpunkt der Söldnergruppe Wagner in der libyschen Wüste wirft die Frage auf, ob die Miliz nach dem Zerwürfnis zwischen ihrem Chef Jewgeni Prigoschin und dem Kreml ihre Einsätze in Nahost und Afrika fortsetzen kann. Die libysche Regierung bestätigte den Angriff auf den Stützpunkt Al-Khadima im Osten des Landes, will den Angreifer aber nicht kennen. Der Verdacht fällt auf die USA, die den Streit mit dem Kreml nutzen wollen, um die Einsätze der russischen Söldner in mehreren Krisenländern zu stören.

Bei dem Angriff am vergangenen Freitag gab es keine Todesopfer, wie das libysche Militär mitteilte. Schon im Januar war der Stützpunkt beschossen worden; dabei wurde ein russisches Flugzeug zerstört – offenbar von den Amerikanern, wie die „Washington Post“ damals unter Berufung auf US-Geheimdienstunterlagen berichtete.

Die USA äußerten sich zu dem neuen Angriff nicht. Klar ist aber, dass Washington den Konflikt zwischen Prigoschin und der russischen Führung als Gelegenheit sieht, den Druck auf die Wagner-Gruppe zu erhöhen. Vor wenigen Tagen erließ die US-Regierung neue Sanktionen gegen Goldfirmen, die nach ihrer Meinung die Wagner-Einsätze in Nahost mitfinanzieren. Sie kündigte zudem weitere Schritte an, um Einnahmequellen für Wagner trocken zu legen.

Die Wagner-Söldner sind in Libyen und anderen Ländern exponiert, weil sie sich nach Prigoschins Meuterei nicht mehr auf den Schutz durch Russland verlassen können. Mancherorts setzt Russland selbst die Söldner unter Druck. Nach einem Bericht der „New York Times“ umstellten russische Truppen nach Prigoschins Aufstand einige Wagner-Stützpunkte in Syrien. Der saudische Fernsehsender Al-Hadath meldete, die russische Militärpolizei und der syrische Geheimdienst hätten Wagner-Söldner festgenommen.

Tief in Machtkampf verstrickt

In Libyen sind mehrere hundert Wagner-Söldner stationiert, um den Rebellengeneral Khalifa Haftar im Machtkampf gegen die Regierung zu unterstützen. Haftar, der auch Hilfe von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten erhält, beherrscht den Osten Libyens, während die Regierung in Tripolis von der Türkei unterstützt wird. Die Nachrichtenplattform Al-Monitor berichtete, Haftars Armee habe den USA signalisiert, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen bereit sei, sich von Wagner zu trennen.

Anas El Gomati, Direktor der Denkfabrik Sadek-Institut, berichtete unter Berufung auf Militärkreise, der Wagner-Stützpunkt in Al-Khadima sei mit Kampfdrohnen aus türkischer Produktion angegriffen worden. Die libysche Regierung hatte voriges Jahr solche Drohnen gekauft. Allerdings ist fraglich, ob Tripolis militärisch stark genug ist, um im Konflikt gegen Haftar die Eskalation zu suchen.

Libyen ist für Wagner aber nicht nur Einsatzgebiet, sondern auch logistische Drehscheibe für Aktivitäten im Sudan und in Zentralafrika. Die Internetseite „All Eyes on Wagner“, die Einsätze der Söldner verfolgt, berichtete von Waffenlieferungen der Gruppe aus Libyen an General Mohamed Hamdan Dagalo, der seit dem Frühjahr mit Armeechef Abdel Fattah el-Burhan um die Macht im Sudan kämpft. Nach Prigoschins Rebellion hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow gesagt, die Wagner-Einsätze in Afrika sollten weitergehen. Laut „New York Times“ versicherte der Kreml mehreren Regierungen in Afrika, dass die Einsätze ab sofort von Moskau kontrolliert würden.


Lob von Schoigu

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat in seiner ersten Stellungnahme nach der erfolglosen Revolte der Wagner-Söldner die Treue und Einsatzbereitschaft der regulären Truppen gelobt. „Die Provokation hatte keine Auswirkungen auf die Handlungen der Streitkräftegruppierung (in der Ukraine)“, sagte er gestern. Die Soldaten an der Front hätten weiterhin ihre Aufgaben erledigt. „Insgesamt hat der Feind in keiner Angriffsrichtung sein Ziel erreicht.“ (dpa)