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Widersprüche zur Kreml-VersionGeleakte Dokumente liefern neue Hinweise auf Nawalnys wahre Todesursache

Lesezeit 3 Minuten
Alexej Nawalny bei einer Video-Gerichtsverhandlung im Dezember 2021. Der russische Kremlkritiker starb Anfang des Jahres in Haft. Seine Angehörigen erheben Mordwürfe in Richtung des Kremls.

Alexej Nawalny bei einer Video-Gerichtsverhandlung im Dezember 2021. Der russische Kremlkritiker starb Anfang des Jahres in Haft. Seine Angehörigen erheben Mordwürfe in Richtung des Kremls.

Kurz nach dem Tod von Alexej Nawalny wurden Mordvorwürfe in Richtung des Kremls laut. Geleakte Dokumente erhärten den Verdacht.

Geleakte Dokumente russischer Behörden bestärken den Verdacht, dass der im Februar gestorbene Kremlkritiker und russische Oppositionelle Alexej Nawalny gezielt getötet worden ist. Das berichtet das Medienportal „The Insider“, das laut eigenen Angaben hunderte russischer Dokumente zu Nawalny einsehen konnte.

Die Regierung in Moskau sprach nach Nawalnys Tod stets von einer natürlichen Todesursache. Daran wurden jedoch schnell Zweifel von Menschenrechtlern und Angehörigen des russischen Politikers laut, der bis zu seinem Tod in der Strafkolonie „Polarwolf“ festgehalten worden war – und eigentlich Teil eines späteren Gefangenenaustauschs mit dem Westen hätte werden sollen.

Geleakte Dokumente: Neue Hinweise auf Vergiftung von Alexej Nawalny

Die nun geleakten Dokumente belegen „The Insider“ zufolge nach Angaben mehrerer Ärzte, dass Nawalny vor seinem Tod Symptome erlitten habe, die typisch für Vergiftungen seien. So heißt es in einem der Dokumente, der Kremlkritiker habe sich auf den Boden gelegt und über starke Bauchschmerzen geklagt.

„Er begann reflexartig seinen Mageninhalt auszustoßen, hatte Krämpfe und verlor das Bewusstsein“, zitiert „The Insider“ aus dem Schriftstück, welches als Begründung dafür dienen sollte, weshalb es kein Strafverfahren in dem Todesfall von Nawalny geben würde.

Alexej Nawalny: Symptome passen nicht zu offizieller Todesursache

Laut mehreren Ärzten passen die zunächst beschriebenen Symptome „in keiner Weise“ zur offiziellen Todesursache Nawalnys, erklärte einer der Ärzte demnach. Offiziellen Angaben zufolge soll der Kremlkritiker an Herzrhythmusstörungen gestorben sein.

Verdächtig sei zudem, dass es von dem gleichen Dokument eine weitere Version gebe, in der alle Symptome, die typischerweise auf eine Vergiftung hindeuten, entfernt worden seien, berichtet „The Insider“ weiter. Beide Versionen seien demnach vom gleichen russischen Ermittler unterschrieben worden. In der späteren Version sei von Bauchschmerzen, Erbrechen und Krämpfen nichts mehr zu lesen gewesen.

Mordvorwürfe in Richtung von Wladimir Putin nach Nawalnys Tod

Dass Nawalny sich vor seinem Tod erbrochen hat, war bisher nie offiziell berichtet worden. Die geleakten Dokumente stützen allerdings Angaben von Nawalnys Frau. „Alexej klagte in den letzten Minuten vor seinem Tod über akute Magenschmerzen“, hatte Julia Nawalnaja nach dem Tod ihres Mannes erklärt – und Mordvorwürfe in Richtung des Kremls erhoben.

Darauf, dass Nawalny sich vor seinem Tod erbrochen hat, deuten unterdessen nun auch andere russische Dokumente hin, die nun offenbar geleakt worden sind. So werden in einem „Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände“, die in Nawalnys Zelle sichergestellt worden waren, auch „Proben von Erbrochenem“ erwähnt, die zur Untersuchung genommen worden seien, berichtet „The Insider“ weiter. Darüber war bisher nichts bekannt geworden. Ob die Proben tatsächlich untersucht wurden, bleibt unklar.

Alexej Nawalny: Kremlkritiker wurde vom russischen FSB vergiftet

Offiziellen Angaben zufolge starb Alexej Nawalny am 16. Februar in Nordsibirien. Der russische Politiker galt als prominentester Widersacher von Kremlchef Wladimir Putin – und war in der Vergangenheit bereits Opfer eines Giftanschlags geworden, den er nur knapp überlebt hatte.

Der russische Geheimdienst FSB gilt als Drahtzieher hinter dem damaligen Giftanschlag, nachdem Nawalny lange Zeit in Deutschland behandelt worden war. Im Januar 2021 kehrte der Kremlkritiker schließlich nach Russland zurück – und wurde nach seiner Ankunft sofort verhaftet. Seitdem befand Nawalny sich in russischer Haft – bis zu seinem Tod.