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Flucht von Alexej Moskaljow beendetRussischer Vater nach Anti-Kriegs-Bild der Tochter festgenommen

Lesezeit 4 Minuten
Alexej Moskaljow vor Gericht in Jefremow

Alexej Moskaljow vor Gericht in Jefremow. Seine Tochter Maria hatte ein Anti-Kriegs-Bild gemalt.

Alexej Moskaljow, wegen Kriegs-Kritik seiner Tochter zu Haft verurteilt, ist nach seiner Flucht jetzt in Belarus festgenommen worden.

Die Kinderzeichnung zeigt Raketen, die auf eine Frau und ein Kind mit ukrainischer Flagge gerichtet sind. Die 13-jährige Maria Moskaljowa aus dem russischen Jefremow hat das Bild in der Schule gezeichnet - und kam deshalb in ein Kinderheim, ihr Vater vor Gericht. Der Fall erregt über die Kleinstadt hinaus Aufsehen und illustriert die Härte, mit der Moskau gegen jegliche Kritik an der russischen Offensive in der Ukraine vorgeht.

Riesige Plakate entlang der Hauptstraße von Jefremow werben für den Einsatz gegen das Nachbarland: „Für eine Welt ohne Nazis“ steht darauf, oder einfach nur der Buchstabe Z, der für die sogenannte militärische Spezialoperation steht. Doch manche der 37.000 Einwohner scheinen die staatliche Propaganda zu hinterfragen.

Anti-Kriegs-Bild: Alexej Moskaljow soll Sorgerecht für seine Tochter verlieren und wurde angeklagt

Als die Schulleiterin Marias Bild zu Gesicht bekam, schaltete sie umgehend die Polizei ein. Die Beamten überprüften die Internet-Konten des Vaters und entdeckten Kommentare, in denen er die Offensive kritisierte. Seit dem 1. März steht Alexej Moskaljow deswegen unter Hausarrest, am Dienstag wurde der 54-Jährige von einem Gericht zu zwei Jahren Haft wegen „Verunglimpfung der russischen Streitkräfte“ verurteilt.

Allerdings war Moskaljow bei der Gerichtsanhörung nicht anwesend. Er sei „verschwunden“, deshalb sei das Urteil in seiner „Abwesenheit“ verlesen worden, sagte Gerichtssprecherin Elena Michailowska der Nachrichtenagentur afp.

Inzwischen ist Moskaljow aber wieder aufgetaucht. Wie russische Medien ebenso wie die Nachrichtenagentur Reuters berichten, wurde der 54-Jährige in der belarussichen Hauptstadt Minsk festgesetzt. Wie sein Anwalt Dmitry Zakhvatov sagte, habe er vermutlich den Fehler gemacht, sein Mobiltelefon einzuschalten. So konnte er dann geortet werden.

Alexej Moskaljow bekommt Brief von seiner Tochter

In einem weiteren Verfahren am 6. April könnte dem alleinerziehenden Vater das Sorgerecht für seine Tochter endgültig entzogen werden, wie sein Anwalt Wladimir Biljenko schildert. Schon jetzt darf Maria nach Angaben der unabhängigen städtischen Abgeordneten Olga Podolskaja nicht einmal mit ihrem Vater telefonieren.

Maria, genannt Masha, hatte ihrem Vater einen herzzerreißenden Brief geschrieben: „Papa, Du bist mein Held“, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Schreiben. „Ich liebe Dich sehr, Du bist unschuldig, ich werde immer an Deiner Seite sein.“ Die Echtheit des Briefes von Maria an ihren Vater wurde der Nachrichtenagentur afp vom Anwalt der Familie bestätigt.

Wagner-Chef Prigoschin kritisiert den Fall Moskaljow

Das Vorgehen der Behörden in Jefremow, einer beschaulichen Stadt 300 Kilometer südlich von Moskau, schockiert Menschen in ganz Russland. Oppositionelle Medien berichten darüber, eine Online-Petition fordert, Maria wieder nach Hause zu lassen. Selbst Jewgeni Prigoschin, Chef der paramilitärischen Wagner-Truppe, kritisiert die Trennung von Vater und Tochter.

In den Straßen von Jefremow sind nur wenige Menschen bereit, offen über den Fall oder die Ukraine zu sprechen. „Es ist schrecklich, einen Vater von seiner Tochter zu trennen. Sie hat doch nur ihre Meinung geäußert“, sagt Alexandra, eine Studentin. Eine Rentnerin, die ihren Namen nicht nennen will, erzählt, ihr Leben habe sich seit dem russischen Einmarsch verändert. „Das Einzige, was mich jetzt beschäftigt, sind die militärischen Nachrichten. Ich sehe die Opfer auf beiden Seiten. Ich will, dass es so schnell wie möglich vorbei ist“, sagt sie.

Frische Gräber gefallener Soldaten zeugen davon, wie nahe die Kämpfe in der Ukraine den Menschen in Jefremow gekommen sind. Im Februar schlugen drei mutmaßlich ukrainische Drohnen in der Nähe ein. Auf dem zentralen Platz sitzen zwei ältere Frauen mit roten Armbinden auf einer Bank. Sie gehörten zu einer von Anwohnern gegründeten Nachbarschaftswache und sollen Verdächtiges melden, sagen sie.

„Wir sind für den Frieden“, sagt Alexander Salichow, ein pensionierter Ingenieur. „Aber wir müssen die russischen Gebiete befreien“ - und die erstrecken sich seiner Ansicht nach über die gesamte Ukraine. Dmitri, ein 50-jähriger Geschäftsmann, berichtet, dass er wegen der westlichen Sanktionen bankrott gegangen ist: „Was wird uns die Zukunft bringen?“, fragt er. „Wir stehen an der Schwelle zu einem Atomkrieg.“

Die schwangere Marianna ist optimistischer, obwohl sie Sorge hat, ihr Mann könne zur Armee eingezogen werden. „Wir hoffen, dass unser Sohn in eine friedliche Welt geboren wird“, sagt die 31-Jährige. Ihr Kind will sie Bogdan nennen - ein in der Ukraine beliebter Vorname. (afp)