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„Air Defender 2023“Diese Bilanz zieht die Luftwaffe aus dem Großmanöver

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Jagel: Ein F-16 Kampfflugzeug der US Air Force startet am Rande eines Pressetermins zum Abschluss des Luftwaffen-Manöver ·Air Defender 2023· auf dem Luftwaffenstützpunkt in Jagel.

Jagel: Ein F-16 Kampfflugzeug der US Air Force startet zum Abschluss des Luftwaffen-Manöver Air Defender 2023 auf dem Luftwaffenstützpunkt in Jagel.

Luftwaffen-Inspekteur Gerhartz spricht sich dafür aus, dass Deutschland künftig als Drehscheibe der Nato fungieren sollte.

Luftwaffen-Inspekteur Ingo Gerhartz hat nach dem Großmanöver „Air Defender 2023“ die Bedeutung militärischer Infrastruktur für die Verteidigung im westlichen Bündnis betont. In einer Bilanz der Übung sprach sich der Generalleutnant am Freitag auf dem Fliegerhorst im schleswig-holsteinischen Jagel dagegen aus, weitere Militärflughäfen zu schließen. Aufgrund seiner geostrategischen, geografischen und geopolitischen Lage müsse sich Deutschland als Drehscheibe verstehen und Truppen der Nato aufnehmen können. Das gelte auch für Landstreitkräfte.

Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe

Ingo Gerhartz, Inspekteur der Luftwaffe

Um die für das Manöver über den Atlantik eingeflogenen US-Maschinen aufnehmen zu können, waren die militärischen Ausweichflugplätze Hohn in Schleswig-Holstein und Lechfeld in Bayern genutzt worden. „Und das hat uns allen noch mal gezeigt: Wir dürfen diese beiden Flugplätze nicht aufgeben“, sagte Gerhartz.

Air Defender: 25 Nationen mit 250 Flugzeugen und etwa 10000 Soldaten dabei

„Air Defender 2023“, die größte Verlegeübung von Luftstreitkräften seit Gründung der Nato, war an Vorabend beendet worden. Es nahmen 25 Nationen mit 250 Flugzeugen und etwa 10000 Soldaten teil, die 1808 Übungsflüge unternahmen. Mit einem fiktiven Szenario wurde vor allem im Luftraum über Deutschland trainiert, wie das westliche Verteidigungsbündnis auf den Angriff eines östlichen Bündnisses reagiert und dabei bereits vom Gegner besetzte Gebiete zurückerobert.

Das Manöver hat nach Angaben des Luftwaffen-Chefs auch technische Schwächen offengelegt. Aufklärungs-, Transport- und Kampfflugzeuge könnten ihre verschiedenen Aufgaben nur erfüllen, wenn sie in einem Datennetzwerk verbunden seien. „Das ist sehr, sehr komplex. Das ist uns nicht am ersten Tag gelungen. Da haben wir ein, zwei Tage gebraucht, bis am Ende alle in diesem Datenlinkverbund waren“, so Gerhartz. Diese Verknüpfung könne aber eben nicht simuliert, sondern müsse geübt werden. Unter den bereits bekannten Defiziten nannte er fehlende Munitionsvorräte, die nun aufgefüllt würden.

Air Defender: Russland beobachtet genau

Russland hatte das Manöver mit einem Spionageschiff in der Ostsee beobachtet. Ein Aufklärungs-Tornado des Taktischen Luftwaffengeschwaders 51 „Immelmann“ hatte das Schiff während der Übung in der Ostsee entdeckt. „Es lag in internationalen Gewässern, aber eben in einer Reichweite zu unserem Übungsgebiet, dass man gewisse Frequenzen hätte abhören können“, so Gerhartz. Die Übungsteilnehmer hätten darum Trainingsfrequenzen benutzt „und nicht die Frequenzen, die wir sonst im Ernstfall benutzen würden“. Das Fazit des obersten deutschen Luftwaffen-Soldaten: „Wenn am Ende eine wesentliche Erkenntnis da war, dann war es die Erkenntnis, dass wir einsatzbereit sind.“

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, bezeichnete „Air Defender 2023“ als exemplarisch für die Zukunft der Nato. Nötig seien weitere gemeinsame Übungen, um zu trainieren, wie das eigene Territorium gegen mögliche Angriffe Russlands oder anderer Aggressoren zu verteidigen sei, forderte die FDP-Politikerin. „Deutschland hat seiner geografischen Lage und seiner wirtschaftlichen Kraft entsprechend geführt und gezeigt, dass es Fähigkeiten besitzt, auf die auch die Partner zurückgreifen können“, sagte Strack-Zimmermann der Deutschen Presse-Agentur. „Das sollte in Zukunft auch alle anderen Teilstreitkräfte betreffen. Wir sind endlich in der Realität angekommen.“

Die Übung war am 12. Juni begonnen worden. Die Behinderungen im Flugverkehr waren deutlich geringer, als von warnenden Stimmen prognostiziert. Bundesverkehrsminister Volker Wissing sprach am Donnerstagabend von einem „Minimum“ an Störungen im zivilen Flugverkehr. „Der zivile Luftverkehr hat diesen Stresstest gut bestanden“, sagte der FDP-Politiker. Die durchschnittlichen Verspätungen je Flug hätten sich im einstelligen Minutenbereich bewegt, teilte sein Ministerium mit. Auch die eingeräumten Ausnahmen beim Nachtflugverbot hätten nur sehr selten genutzt werden müssen.