Das DIW vergleicht die Positionen der AfD mit der Lebenswirklichkeit und den Bedürfnissen ihrer Wähler. Das Ergebnis ist paradox.
Neue StudieAfD-Wähler würden am meisten unter AfD-Politik leiden
Die AfD erfreut sich in Umfragen seit Monaten in ganz Deutschland ungebrochener Beliebtheit. Im erst wenige Tage alten ARD-„Deutschlandtrend“ verharrt die rechtspopulistische Partei weiterhin auf ihrem bisherigen Höchstwert und bleibt mit 21 Prozent hinter der Union, die 26 Prozentpunkte erzielen würde, zweitstärkste politische Kraft.
Wer aber wählt die AfD, und was verspricht die Partei ihren Wählern? Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hat sich dieser Frage nun in einer Studie angenommen und den „typischen“ AfD-Wähler in einen Zusammenhang mit den Positionen der Partei gesetzt. Das DIW kommt zu dem Schluss: Die Hauptleidtragenden der AfD-Politik wären ihre eigenen Wähler und Wählerinnen.
AfD-Wähler haben oft geringeres Einkommen und weniger Bildung
Zunächst wurde auf eine aktuelle Forsa-Umfrage zur Lebenswirklichkeit der AfD-Unterstützerinnen und -Unterstützer zurückgegriffen. Demnach ist die AfD-Wählerschaft überdurchschnittlich häufig männlich, ihre Altersstruktur liegt zwischen 45 und 59 Jahren. Einkommen und Bildung sind gering bis mittelhoch, Arbeitslose seien überdurchschnittlich vertreten, die allgemeine Unzufriedenheit hoch, heißt es. Besonders hoch sind die Umfragewerte für die Partei in strukturschwachen Gebieten in Ostdeutschland.
Im zweiten Schritt vergleicht die Studie die aus den bisherigen Erkenntnissen „abgeleiteten Bedürfnisse“ der potenziellen Wählerinnen und Wähler mit den inhaltlichen Positionen der Partei. Dafür wiederum wurde auf den Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) für die Bundestagswahlen 2021 zurückgegriffen. Es geht hier um die Aussagen der verschiedenen Parteien zu unterschiedlichsten Themenfeldern von Europapolitik über Verkehr bis hin zu Steuerfragen.
AfD-Wählerinnen und -Wähler würde noch mehr soziale Teilhabe verlieren
Die Politik der AfD steht für eine extrem neoliberale Wirtschafts- und Finanzpolitik. Steuersenkungen soll es nicht geben, Sozialsysteme sollen beschnitten werden. Das Ergebnis der Studie: „Würde sich die AfD-Politik durchsetzen, käme es zu einer Umverteilung von Einkommen und sozialen Leistungen von AfD-Wähler*innen hin zu den Wähler*innen anderer Parteien.“ Zum gesellschaftspolitischen Verständnis heißt es: Die Einschnitte, die die AfD hinsichtlich Gesellschaft und Demokratie vornehmen würde, beträfen nicht nur Personen mit Migrationshintergrund, sondern auch AfD-Wählerinnen und -Wähler.
Auch eine Schwächung der EU und die Aussetzung von Maßnahmen gegen den Klimawandel würde AfD-Unterstützerinnen und -Unterstützer überdurchschnittlich hart treffen. Es ist von einer „kollektiven Fehleinschätzung“ der Wählerinnen und Wähler der Rechtspopulisten die Rede.
DIW-Chef Marcel Fratzscher schreibt als Fazit, es sei die Aufgabe von Politik und Gesellschaft, „diese Widersprüche der AfD-Positionen offenzulegen, die individuellen und kollektiven Fehleinschätzungen zu benennen und den AfD-Populismus durch den öffentlichen Diskurs zu entlarven“. (cme)