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Flughafen HannoverAbschiebeflug in den Irak gestartet – 47 Asylbewerber an Bord

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Eine Maschine mit abgelehnten Asylbewerbern ist in Hannover Richtung Irak gestartet. (Symbolbild

Eine Maschine mit abgelehnten Asylbewerbern ist in Hannover Richtung Irak gestartet. (Symbolbild)

Am Montagmorgen ist ein Abschiebeflug in den Irak gestartet. An Bord sind Ausreisepflichtige aus insgesamt elf Bundesländern.

47 Menschen aus elf Bundesländern sind vom Flughafen Hannover-Langenhagen aus in den Irak abgeschoben worden. Das bestätigte ein Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums. 16 von ihnen kamen demnach aus Niedersachsen. Nähere Angaben machte das Ministerium zunächst nicht.

Der Charterflug von Freebird Airlines startete dem Tracking-Portal Flightradar zufolge um 9.18 Uhr. Eigentlich hätte die Maschine demnach um 8.00 Uhr abheben sollen. Warum es zu der Verspätung kam, war zunächst unklar. Das Flugzeug soll am frühen Nachmittag in der irakischen Hauptstadt Bagdad landen.

30-jähriger Jeside aus Hannover unter den Abgeschobenen

Nach Medienberichten waren in der Nacht Polizeifahrzeuge aus ganz Deutschland am Flughafen vorgefahren, die die Ausreisepflichtigen nach Hannover brachten. Dort wurden sie von Mitarbeitenden der Zentralen Abschiebebehörde (ZAB) und der Bundespolizei in Empfang genommen und in einen abgesperrten Bereich des Flughafen geführt. Verschiedene Gruppen wie das Netzwerk gegen Abschiebung und Seebrücke Hannover hatten zum Protest gegen die Sammelabschiebung aufgerufen.

Unter den Menschen an Bord des Abschiebeflugs ist auch ein 30-jähriger Jeside, wie der Flüchtlingsrat Niedersachsen berichtete. Ein Teil seiner Familie sei 2014 beim Genozid durch die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) ermordet worden, heißt es in einer Presseerklärung. „Viele Familienangehörige leben heute in Hannover. Einer seiner Brüder hat mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit", schreibt der Verein. Nun werde die Familie durch die Abschiebung des 30-Jährigen erneut auseinandergerissen.

Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen in den Irak

Das Auswärtige Amt warnt beispielsweise immer noch vor Reisen in den Irak: „Die Sicherheitslage in Gesamt-Irak bleibt volatil. Die Zahl der terroristischen Anschläge vor allem in Nord- und Zentralirak ist seit Langem sehr hoch“, heißt es auf der Website des Auswärtigen Amtes. Die Bundesregierung hatte die Verbrechen des IS im Irak 2023 als Völkermord anerkannt und festgestellt, dass unter Berücksichtigung der nach wie vor andauernden Verfolgung und Diskriminierung weiterhin Asyl gewährt werden sollte.

Deshalb zeuge es von einer „unmenschlichen Kälte“, den 30-Jährigen nun erneut von seiner Familie zu trennen und ihn in ein Land abzuschieben, in dem das Leben aller Jesiden nach wie vor von Islamisten bedroht sei, sagt Simon Wittekindt vom Flüchtlingsrat Niedersachsen. Jesiden würden heute noch immer in unterversorgten Flüchtlingslagern leben. Außerdem habe der 30-Jährige aus Hannover keine Straftaten begangen.

2024 wurden fast 700 Menschen in den Irak gebracht

Aus Deutschland sind im vergangenen Jahr 20.084 Menschen in ihre Herkunftsländer oder andere EU-Staaten abgeschoben worden - 22 Prozent mehr als 2023. In 5.827 dieser Fälle ging es um sogenannte Dublin-Überstellungen. Dabei wird ein Schutzsuchender in einen anderen Staat der Europäischen Union gebracht, der für sein Asylverfahren verantwortlich ist. Die meisten Dublin-Überstellungen gingen nach Österreich, Frankreich und Spanien. Afghanen waren darunter die größte Gruppe. Laut Bundesregierung wurden im vergangenen Jahr 1.232 afghanische Staatsbürger an andere EU-Staaten überstellt.

699 Menschen wurden in den Irak gebracht. Die Zahl der Abschiebungen in das arabische Land hat sich damit mehr als verdoppelt. Anders als bei Abschiebungen in die Türkei werden hier Chartermaschinen eingesetzt. Im Jahr zuvor waren 300 vollziehbar Ausreisepflichtige unter Zwang in den Irak zurückgekehrt. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) auf Nachfrage mitteilte, lebten Ende 2024 20.424 ausreisepflichtige Iraker in Deutschland. 1.888 dieser irakischen Staatsangehörigen verfügten nicht über eine Duldung. (sbo mit dpa)