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PolarlichterDer Himmel über dem Kreis Euskirchen bot ein tolles Farbenspiel

Lesezeit 5 Minuten
Über einem Feld und einem Kirchturm schillert der Himmel grün und violett. 

Tristan Driesen schwärmt auch Tage nach diesem Bild von den Polarlichtern am Euskirchener Himmel über der Billiger Kirche.

Ein beeindruckendes Farbenspiel bot der Himmel über dem Kreis Euskirchen in der Nacht zum Samstag dank der Polarlichter.

Polarlichter über dem Kreis Euskirchen – dieses Naturschauspiel bietet sich nicht alle Tage. Und in der Intensität wie in der Nacht zum Samstag über Euskirchen in den vergangenen 20 Jahren nicht (am 30./31. Oktober 2003). Das sagt der Euskirchener Amateur-Astrofotograf Jochen Schnichels, der in seiner kleinen Sternwarte in Euskirchen in klaren Nächten normalerweise weitaus fernere Objekte wie Sterne und Galaxien vor der Linse seiner Teleskope hat.

Nachdem es bereits im März dieses Jahres über dem Kreis Euskirchen zu einem solchen Himmelsspektakel gekommen war, das in der Regel nördlicheren Breitengraden vorbehalten ist, wurde auch Schnichels am späten Freitagabend von der Intensität der Polarlichter überrascht. Denn eigentlich hatte er die Kuppel seiner Sternwarte nur geöffnet, um nach einer Wanderung entspannt den Mond zu genießen.

Man weiß nie, wie lange die sehr dynamische Erscheinung anhält.
Jochen Schnichels, Astro-Fotograf aus Euskirchen

Als ihn kurz nach 22 Uhr die Vorwarnung eines Kollegen erreichte, dass die Polarlichter „im Anmarsch“ seien, wechselte er flugs zur Terrasse und griff nach einem für Astro-Fotografen eher ungewöhnlichen Werkzeug, um die Leuchterscheinungen zu fotografieren: seinem Handy. Zuvor den Standort zu wechseln, um etwa die Skyline von Euskirchen mit im Bild zu haben, das traute er sich nicht.

„Man weiß nie, wie lange die sehr dynamische Erscheinung anhält. Daher habe ich die Aufnahmen nur mit meinem Handy gemacht.“ Tatsächlich habe die „erste Show“ am Freitagabend (seine Fotos entstanden um 22.22 Uhr) nur etwa 15 Minuten gedauert. Schnichels: „Es war ein Erlebnis, wie ich es seit dem 6./7. April 2000 nicht mehr hatte.“

Über Hausdächern und Bäumen sieht man den Mond und ein Polarlicht.

Astro-Fotograf Jochen Schnichels schoss dieses Bild mit Polarlichtern und dem untergehenden Mond am Freitag um 22.22 Uhr über Euskirchen mit seinem Handy.

Damals habe er seine Sternwarte noch nicht betrieben und sich mit Amateur-Astronomen in der Eifel zur Astro-Fotografie verabredet. Doch daraus sei nichts geworden, weil der Himmel einfach nicht dunkel geworden sei. Stattdessen habe man ein Feuerwerk in Magenta und Grün erlebt.

In der zweiten Nacht gab es im Kreis Euskirchen viel weniger zu sehen

Damals sei es so stark und so anhaltend gewesen, dass er auf der nächtlichen Heimfahrt auf der Eifelautobahn im Rückspiegel Autofahrer gesehen habe, die Schlangenlinien gefahren seien, weil sie immer wieder in den Himmel geblickt hätten. In der Nacht zum Samstag verpasste Schnichels allerdings „die zweite Show“. Die habe gegen 1 Uhr begonnen und sich fast bis zum frühen Morgen hingezogen. Trotzdem war er von der ersten Darbietung nachhaltig beeindruckt.

Dass man trotz der „lichtverschmutzten Verhältnisse“ über Euskirchen so gute Beamer (längliche Strahlen) habe sehen können, sei schon etwas Besonderes. Auch für die Nacht zu Sonntag waren eigentlich Polarlichter angesagt worden. Doch da sei seines Wissens nach nur wenig bis gar nichts zu sehen gewesen. Dieses Schicksal teilten viele Kreisbürger, die das Spektakel in der ersten Nacht verpasst hatten.

Am unteren Bildrand sind die Lichter der Stadt zu sehen, darüber grünliche Streifen im Himmel.

Ein grüner Schleier am Himmel über Euskirchen: Vom Billiger Berg aus wurde das Licht während der Langzeitbelichtung sichtbar. Mit bloßem Auge konnte man nur erahnen, dass sich da Grün versteckt.

Über der Stadt schillert der Himmel grün und rot.

Ein Naturschauspiel, das man sonst nur im hohen Norden zu sehen bekommt: Celine Jeub machte ihr Foto auf dem Billiger Berg.

Trotzdem: Im elfjährigen Zyklus der besonders heftigen Sonnenstürme und -winde, die für Polarlichter verantwortlich sind, stehe man kurz vor dem Höhepunkt, sagt Schnichels. Es gebe die Chance, dass es auch in den nächsten Wochen und Monaten in mittleren Breiten zu Polarlichtern kommen könnte, auch wenn die Vorhersagen (www.theusner.eu/aurora) derartiger Ereignisse deutlich schwieriger und kurzfristiger als Wettervorhersagen seien.

Ein beeindruckendes Bild von dem Naturschauspiel am Himmel über Euskirchen machte auch der Stotzheimer Tristan Driesen. Er bezog auf einer Anhöhe zwischen Billig und Rheder Stellung und baute seine Kamera auf. Von dort habe er einen guten Blick gehabt.

Manche Farben werden erst durch lange Belichtungen sichtbar

„Und für die Bildkomposition waren sowohl die Kirche von Billig als auch Bäume an der Straße für verschiedene Perspektiven vorhanden“, so Driesen: „Ich dachte zunächst, dass die Polarlichter nur am Horizont zu sehen seien. Daher hatte ich mich für den höhergelegenen Standort entschieden. Dass man allerdings im Laufe der Nacht auch darunter stand, war ein absolut wahnsinniges Gefühl.“ Auch drei Tage später könne er das Gefühl gar nicht in Worte fassen. Es sei irgendwie faszinierend und schön zugleich gewesen.

„Manche Farben der Polarlichter sind mit bloßem Auge nicht sichtbar und werden erst durch eine längere Belichtungszeit erkennbar“, erklärt der leidenschaftliche Fotograf, der am liebsten Gewitter jagt. Aber auch die Polarlicht- und Landschaftsfotografie fasziniere ihn. Um 22:02 Uhr habe er in der Nacht zum Samstag die erste Sichtung gehabt. „Und dann ging es die ganze Nacht durch. Über die aktuellen Werte habe ich mich über Polarlicht-Vorhersage.de auf dem Laufenden gehalten“, so der Stotzheimer.

Die Euskirchenerin Celine Jeub war ebenfalls auf dem Billiger Berg und hat Polarlichter fotografiert. „Es war auf jeden Fall etwas anderes zu fotografieren“, sagt Jeub, die normalerweise vor allem Tiere vor die Linse bekommt. Auch sie berichtet davon, dass viele Lichter erst durch die Kamera sichtbar geworden seien. „Es war echt der Hammer und schon cool, so etwas mal live zu sehen. Normalerweise muss man dafür ja hoch in den Norden“, sagte Jeub.

Viele, die sich am Samstag nochmals – oder auch zum ersten Mal – auf die Jagd nach Polarlichtern machten, wurden eher enttäuscht, denn ohne Kamera war die Nacht über dem Kreis Euskirchen vor allem eins – schwarz. Dennoch standen auf dem Billiger Berg gegen Mitternacht etwa zehn Autos.


Polizei erlebte „magische Nachtschicht“

„Wenn die Nachtschicht plötzlich zu einem Weltraumabenteuer wird“ – so beschreibt die Pressestelle der Euskirchener Polizei die Erlebnisse der Beamten in der Nacht zum Samstag auf ihrem Kanal in den Sozialen Netzwerken. „Wer hätte gedacht, dass eine Nachtschicht einmal so magisch werden könnte“, heißt es bei Instagram weiter.

Vor dem rötlich leuchtenden Himmel steht ein Polizeiauto.

Die Euskirchener Polizei hat ebenfalls Polarlichter in Euskirchen fotografiert. Mit einem Streifenwagen waren die Beamten auf den Billiger Wald gefahren.

Das Foto mit dem Streifenwagen im Vordergrund und den Polarlichtern im Hintergrund entstand nach Angaben von Christina Specht, Pressesprecherin der Polizei Euskirchen, in der Nähe von Billig. Auch wenn sich die Beamten für einige Zeit von dem Naturschauspiel hätten mitreißen lassen und Polarlichter am Himmel bestaunt hätten, sei die eigentliche Arbeit in der Nacht eine andere gewesen.

„Keine Sorge: Wir haben nicht vergessen, dass unsere primäre Aufgabe die Sicherheit auf der Erde ist“, heißt es in dem Post in den Sozialen Netzwerken weiter. Auch in der Nacht zum Sonntag verirrte sich ein Streifenwagen an den Billiger Wald. Allerdings wurden die Beamten an diesem Abend – genau wie einige andere Autofahrer, die sich die Anhöhe ausgeguckt hatten, um Polarlichter zu sehen – enttäuscht.