Die Wohnungsbaugenossenschaft Overath saniert das höchste Haus der Stadt und möchte gegen dessen schlechten Ruf vorgehen.
„Nette Hausgemeinschaft“Overaths „Hochhaus“ ist besser als sein Ruf
Drei ältere Frauen laufen die Einfahrt des Wohnkomplexes an der Straße Zum Aggerdamm entlang, tragen volle Taschen und unterhalten sich. „Die drei treffen sich morgens immer um neun im Laubengang, um zusammen einkaufen zu gehen“, sagt Michaela Tinneberg. Sie ist die Architektin, die die Sanierungsarbeiten des höchsten Hauses in Overath plant. Ein halber Meter fehlt ihm, um ein Hochhaus zu sein. Das haben die Architekten beim Bau Anfang der 70er Jahre damals wohl so beabsichtigt. „Baurechtlich ist das ein großer Unterschied“, sagt sie.
Das Haus gehört zur Wohnungsbaugenossenschaft Overath und sei weitaus besser, als sein Ruf, findet Prokurist Leon Runge. „Das Haus hat einen schlechten Ruf in Overath. Die Leute verbinden Genossenschaftswohnungen mit Lärm und Dreck. Aber wir haben eine super nette Hausgemeinschaft“, sagt er.
Viele Bewohnerinnen und Bewohner seien Rentner und ehemalige Arbeiter, die auf günstige Mieten angewiesen wären. Aber Runge würde auch Wert darauf legen, dass jüngere Leute in das Haus einziehen. So sei vor kurzem ein junges Pärchen im sechsten Stock eingezogen. „Sie haben von da oben einen super Blick und sind ganz glücklich mit ihrer Wohnung“, sagt er.
Von oben kann man auf der einen Seite auf die Agger schauen, die nur einige Meter hinter dem Haus vorbeiläuft und zu der die Mieter einen eigenen Zugang haben. Trotz der Nähe zum Wasser seien sie 2021, bis auf einige nasse Keller, vom Hochwasser verschont geblieben. Das Gebäude sei durch eine Grünfläche und eine Mauer vorm Hochwasser geschützt. Außerdem hätten sie mehrere Pumpen, die notfalls einspringen würden.
Ein Weihnachtsbaum über Overath
Auf der anderen Seite blickt man über Overath. Und in der Weihnachtszeit blickt Overath auf das „Hochhaus“: Die Genossenschaft stellt nämlich seit Corona jedes Jahr einen Weihnachtsbaum auf das Dach. „Den kann man von vielen Punkten im Ort aus sehen“, sagt Runge. Bei den Bewohnern ist der Baum sehr beliebt: Im vergangenen Jahr sei der Hausmeister krank gewesen und habe den Baum später als sonst aufgestellt. „Da haben einige Mieter nachgefragt, ob es in diesem Jahr keinen Baum gibt“, erzählt Bettina Konstanti, die ebenfalls für die Genossenschaft arbeitet.
Alle drei wollen den Ruf des Hauses verbessern. Es habe nämlich nicht nur die freundliche Hausgemeinschaft zu bieten, sondern auch sicheren Wohnraum und bezahlbare Mieten. In Genossenschaften hätten Mitglieder nämlich ein Recht auf lebenslange Nutzung. Und trotz der Sanierungsmaßnahmen würde die Genossenschaft großen Wert darauf legen, dass die Mieten nicht zu hoch steigen. „Gerade in Zeiten, in denen Wohnraum so knapp und teuer ist, wie im Moment, finde ich es wichtig, dass wir einen Ausgleich schaffen“, sagt Runge.
Trotz des angespannten Wohnungsmarktes würde es immer wieder vorkommen, dass Wohnungssuchende eine Besichtigung in dem sogenannten „Hochhaus“ ablehnen würden. „Ich möchte, dass sie dem Haus wenigstens eine Chance geben. Wenn sie hinterher zum Beispiel sagen, dass es ihnen zu viele Parteien hat, kann ich das natürlich verstehen. Dann schaue ich nach einer Alternative“, sagt er.
In dem Wohnkomplex gibt es 53 Wohnungen, die zwischen 60 und 90 Quadratmeter groß sind und zwei bis vier Zimmer haben. „Wenn man das nicht gewohnt ist, kann das natürlich viel sein“, sagt Runge. Aber von den vielen Menschen ist kaum etwas zu hören. Hin und wieder schaut jemand über den Laubengang, über den die beiden Gebäude verbunden sind und winkt Runge zu. Ein Kind läuft von einer Wohnung zur anderen und ein älterer Mann sitzt auf seinem Rollator, während er in den Innenhof schaut. Es komme ganz selten vor, dass sich jemand nicht an die Hausregeln halte.
Bei Overather „Hochhaus“wird alles auf den neusten Stand gebracht
Mit der Sanierung, die bis Ende 2025 abgeschlossen sein soll, modernisiert die Genossenschaft in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro das Dach, die Fassade und die Wärmedämmung des Gebäudes. Außerdem hätten sie bereits damit angefangen, die einzelnen Wohnungen zu sanieren: Sie bekommen neue Fenster, Küchen und Bäder.
Eine nachhaltige Wärmeanlage gibt es in dem Haus schon lange: Die Holzhackschnitzelanlage übernimmt das meiste der Wärmeversorgung, die Gasheizungen würden nur noch als Sicherheit dienen, falls die Anlage mal repariert werden müsse.
Runge: „Ich hoffe, dass bald mehr Menschen erkennen, dass es wirklich gut ist, eine Wohnung bei einer Genossenschaft zu bekommen.“