Handwerk befürchtet „Krisen-Sturm“Aussichten in NRW so düster wie seit Jahren nicht
Düsseldorf – Das Handwerk in Nordrhein-Westfalen blickt mit größter Sorge auf Preissteigerungen, Energieprobleme und eine zunehmende Kaufzurückhaltung bei den Kunden. Andreas Ehlert, Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, die auch für Teile des Ruhrgebiets zuständig ist, spricht von einem „Sturm sich gegenseitig verstärkender Krisen, der, wenn wir nicht aufpassen, zu einem perfekten Sturm werden kann“.
Das Geschäftsklima bei den Handwerkern sinkt laut dem Herbst-Konjunkturgutachten der Kammer auf den niedrigsten Stand seit Frühjahr 2010, als die Wirtschaft noch die Schockwellen der Finanzkrise spürte. 38 Prozent der Betreibe erwarten aktuell einen Rückgang der Aufträge.
Schon vor dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine seien Lieferketten gestört und Energiepreise gestiegen. Nun aber komme alles zusammen, so das Handwerk: Explodierende Gas- und Strompreise, steigende Zinsen, Materialengpässe, Auftragsstornierungen und Personalnot. Lebensmittelhandwerker wie zum Beispiel Bäcker und das Gesundheitsgewerbe seien besonders stark betroffen. Aber auch die Bauwirtschaft gerate zunehmend unter Druck.
Viele Betriebe sehen sich in einem „Kampf ums Überleben“
Detlev Thedens, Geschäftsführer eines mittelständischen Düsseldorfer Karosseriebau-Unternehmens, rechnete bei der Vorstellung des Herbstgutachtens vor, wie die steigenden Energiepreise seine Firma treffen: „Der Strompreis lag bei 24 Cent pro Kilowattstunde, stieg dann auf 66,5 Cent und soll ab dem 1. November bei 1,26 Euro liegen. Wir denken inzwischen über eine Vier-Tage Woche nach, um Energie zu sparen“, so Thedens. Allein an einem von drei Thedens-Standorten stiegen die Stromkosten von 3300 auf 15000 Euro im Monat. Die mit Gas betriebenen Lackieranlagen schlagen ebenfalls zu Buche.
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Zwar ist dieses Unternehmen nicht in seiner Existenz bedroht, der Zentralverband der Karosserie- und Fahrzeugtechnik sieht sich allerdings in einem „Kampf ums Überleben“. Das gilt offenbar für viele Handwerks-Branchen. „Ich befürchte, dass nicht alle Betriebe die nächsten Wochen überleben werden. Die für den Dezember angekündigten Hilfen gegen steigende Energiepreise kommen zu spät, und leider ist hier die „Gießkanne“ zunächst das erste Mittel der Wahl“, kritisiert Andreas Ehlert. Die Hilfen müssten deutlich zielgerichteter sein. Noch wichtiger als Energiepreisbremsen sei eine Vergrößerung des Energieangebotes, so der Handwerker-Präsident.
Verschärfter Personalmangel
Zu Inflation, Materialknappheit und Problemen bei den Lieferketten komme eine „erhebliche Personalnot“. Jeder dritte Betrieb melde aktuell offene Stellen, und der Fachkräftemangel dürfte sich weiter verschärfen, warnt die Handwerkskammer. Die aktuellen Krisen sollten Frauen und Männer nicht davon abhalten, sich für das Handwerk zu entscheiden, sagte Hauptgeschäftsführer Axel Fuhrmann. Das Handwerk sei noch immer „eine Zukunftsbranche.“