Vorstoß von Arbeitsminister Laumann (CDU): Arbeitsfähige Bürgergeld-Empfänger sollen aktiviert oder sanktioniert werden.
BürgergeldNRW will „Verweigerern“ Leistungen streichen

„Bürgergeld“ ist auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durch eine Brille zu lesen.
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In der Diskussion über eine Reform des umstrittenen Bürgergeldes hat NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) seine Forderung nach vollständiger Streichung von Sozialleistungen an Totalverweigerer bekräftigt.
Nach Auffassung der schwarz-grünen Landesregierung ermögliche das sogenannte „Sanktionsurteil“ des Bundesverfassungsgerichts von 2019 den vollständigen Leistungsentzug „bei willentlicher Verweigerung einer tatsächlichen existenzsichernden und zumutbaren Erwerbstätigkeit“, so Laumann am Dienstag auf SPD-Anfrage im Landtag.
Selbst die Gesetzeslage der abgewählten Ampel-Bundesregierung lasse das im Grundsatz bereits zu. „Die geltende Regelung gilt in der Anwendung allerdings als sehr bürokratisch und spielt im Verwaltungsvollzug faktisch keine Rolle“, kritisierte Laumann. Er wolle sich deshalb auch gegenüber dem Bund für eine praxistauglichere Regelung einsetzen.
So könnte nach den Vorstellungen der NRW-Landesregierung bei arbeitsfähigen Bürgergeld-Empfängern eine Art Rollenumkehr erreicht werden: Die „Mitwirkungspflicht“ der Betroffenen bei der Job-Aufnahme wäre nichts mehr, was als Pflichtverletzung mit Leistungsminderung geahndet werden müsste, sondern schlicht „Anspruchsvoraussetzung für den Leistungsbezug“.
Koalitionsgespräche: Reform des umstrittenen Bürgergeldes als wichtiges Thema
Laumann, der als „soziales Gewissen“ der Union gilt und nie als Scharfmacher bei Arbeitsmarkt-Reformen aufgetreten ist, sieht offenbar eine grundsätzliche Gerechtigkeitsfrage aufgeworfen. Der Sozialstaat müsse Menschen in schwierigen Lebenslagen helfen, aber zugleich von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die aktive Mitwirkung an der Überwindung ihrer Hilfebedürftigkeit abfordern.
Es wird erwartet, dass bei Koalitionsgesprächen zwischen Union und SPD über die Bildung einer neuen Bundesregierung auch die Reform des umstrittenen Bürgergeldes eine wichtige Rolle spielen wird. CDU-Vertreter der NRW-Landesregierung blieben zwar im Sondierungsteam des künftigen Kanzlers Friedrich Merz unberücksichtigt. Laumann dürfte jedoch bei der Ausgestaltung des sozialpolitischen Programms von Schwarz-Rot in Berlin ein gewichtiges Wort mitreden.
Zahlreiche NRW-Städte ächzen unter einer hohen Zahl von Bürgergeld-Empfängern, die bereut, qualifiziert und integriert werden müssen. Der Ruf aus der Kommunen nach mehr Kontrolldruck und Gemeinwohlarbeit wurde zuletzt immer lauter. 2024 hatte sich die Zahl an Meldeversäumnissen in den Job-Centern im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 66 Prozent gesteigert.
Zur letzten Erhebung im Herbst 2024 waren NRW-weit allein 112.000 Ukrainer auf Sozialleistungen angewiesen. Rund 46.000 von ihnen waren arbeitslos gemeldet, knapp 15.700 waren berufstätige „Aufstocker“, der Rest befand sich in Sprachkursen und Qualifizierungsmaßnahmen. Nach Kriegsausbruch vor drei Jahren erlaubte es die „Massenzustromrichtlinie“ allen Flüchtlingen aus der Ukraine, kein Asyl in Deutschland beantragen zu müssen, sondern sofort ins Bürgergeld-Regime übernommen zu werden.