AboAbonnieren

Neugierig und kämpferisch: Margarethe von Trotta wird 80

Lesezeit 4 Minuten

München – Von Gleichstellung sind Frauen in der Filmbranche noch ein gutes Stück entfernt, auch wenn sie schon einiges erreicht haben. Das verdanken sie auch der Regisseurin Margarethe von Trotta.

Ende der 1970er Jahre war sie eine der ersten Frauen in Deutschland, die Filmregie führte - damals unerhört. Dass es nun immer öfter Regisseurinnen gibt, die obendrein Oscars und andere wichtige Filmpreise erhalten, freut die neugierige Filmemacherin sehr. „Ich bin eigentlich permanent am Jubeln, dass jetzt so viele Frauen sichtbar werden”, sagte von Trotta anlässlich ihres 80. Geburtstages an diesem Montag (21. Februar) der Deutschen Presse-Agentur in München.

Von Trotta zeigt oft starke Frauenfiguren wie die Kommunistenführerin Rosa Luxemburg, die mittelalterliche Mystikerin und Heilige Hildegard von Bingen oder die Schriftstellerin Hannah Arendt. Im Melodram „Die bleierne Zeit” verarbeitete sie 1981 die Lebenswege der Schwestern Ensslin - Christiane eine Frauenrechtlerin und Journalistin, Gudrun Terroristin in der Roten Armee Fraktion (RAF).

Ein Film, der sie international bekannt machte und viele Preise bekam, ebenso wie das NS-Drama „Rosenstraße” oder die Ost-West-Geschichte „Das Versprechen”, die sogar für den Oscar nominiert wurde.

Nur im Abspann

Von Trotta, eine Bewunderin des schwedischen Filmemachers Ingmar Bergman, hatte einen steinigen Weg zum Ruhm. Rund 10 Jahre war sie Schauspielerin am Theater und beim Film, unter anderem für Rainer Werner Fassbinder. 1975 dann erstmals Regie: Den Film „Die verlorene Ehre der Katharina Blum” nach der Erzählung von Heinrich Böll inszenierte sie mit ihrem damaligen Ehemann Volker Schlöndorff. Eine Tatsache, die nicht an die große Glocke gehängt wurde.

„Ich stehe im Abspann des Films, aber nicht auf dem Plakat”, sagt von Trotta im Buch „Gegenwärtig sein - Gespräche mit Thilo Wydra”. „Man wollte mich überreden, ich sollte den Titel einer Dramaturgin oder etwas in der Richtung akzeptieren.” Sie wollte nicht. Bis heute werde der Film oft nur Schlöndorff zugeordnet. „Mittlerweile ist es mir egal, ich habe zur Genüge bewiesen, dass ich Filme machen kann.”

Ihre erste eigenständige Regiearbeit war 1977 „Das zweite Erwachen der Christa Klages” über eine Kindergärtnerin, die aus Not zur Bankräuberin wird. 1978 lief der Film auf der Berlinale im Forum des jungen Films. „Plötzlich hieß es, 'Mein Gott, die Frauen, die können Filme machen, ist ja toll'”, erinnert sich von Trotta. Der Lohn für ihr Debüt: Mehrere Preise, darunter das Filmband in Gold und Silber beim Deutschen Filmpreis.

Heute wohnt von Trotta in München und in Paris. Ihre besondere Liebe gilt Italien, wo sie in den 1990er Jahren mit ihrem damaligen Ehemann Felice Laudadio lebte. Auch die Italiener verehren sie, nicht zuletzt wegen des Dramas „Zeit des Zorns” von 1993 über die Witwen von Opfern der Mafia, inspiriert durch die Ermordungen der Juristen Paolo Borsellino und Giovanni Falcone 1992.

Porträt auf Arte

Seit 2015 ist sie gar Ehrenbürgerin der sizilianischen Stadt Palermo. „Ihr ist es am wichtigsten, die Menschlichkeit in den Mittelpunkt zu stellen, ein neuer Humanismus”, würdigte damals der Bürgermeister Leoluca Orlando, zu sehen im Filmporträt „Margarethe von Trotta - Zeit der Frauen” am Montag (21. Februar) um 22.25 Uhr auf Arte und in der Arte-Mediathek. Darin kommen auch Weggefährtinnen zu Wort wie Katja Riemann, Barbara Sukowa oder Angela Winkler, die ihrer Freundin Respekt zollt: „Margarethe, denke ich, ist eine richtige Kämpferin, das bewundere ich an ihr”.

Was von Trotta bedauert, ist der Umgang der Deutschen mit der Kultur in der Corona-Pandemie, die monatelangen Schließungen von Theater, Konzert, Kino, die Einschränkungen. Deutschland ein Kulturland? „Das habe ich nie geglaubt”, gibt von Trotta zu. „Und das hat sich eben jetzt auch erwiesen, dass die Kultur das Erste ist, was man abschafft und was man meint, nicht brauchen zu müssen.”

Auch ihren Geburtstag wird sie wegen der Pandemie eher klein feiern, zumal sie mitten in der Arbeit für ihren neuen Film steckt, wieder über eine starke Frau: „Ingeborg Bachmann & Max Frisch”.

© dpa-infocom, dpa:220218-99-190758/3 (dpa)