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Nach dem BorkenkäferMit Mühe zum neuen Wald in Oberberg

Lesezeit 4 Minuten
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Strombachs Revierförster Tim Zimmer (l.) mit Stephan Kuhl, der einen Großteil seines Waldes schweren Herzens verkauft hat.

Gummersbach – Mit etwas Wehmut kehrt Stephan Kuhl zu dem zurück, was einmal ihm gehörte. Der Gummersbacher hat seinen Trecker am Samstagvormittag in den Wald auf dem Höhenrücken oberhalb von Strombach gelenkt und lässt seinen Blick über die weite Fläche entlang des Lambachtals schweifen. Viele der nunmehr kahl daliegenden Flächen waren noch bis vor kurzem in seinem Besitz, knapp 80 Hektar, zum Teil von den Eltern übernommen und über etliche Jahre Stück für Stück dazugekauft. Sein Wald habe ihm Spaß bereitet, berichtet Kuhl: „Das Holzernten, das Wirtschaften.“ Damit ist jetzt Schluss: Anstatt den Wald wieder aufzuforsten, hat er den größten Teil verkauft. Damit ist er längst nicht der Einzige.

Borkenkäfer zerstört für Waldbesitzer die Altersvorsorge

Kuhl gehörte zu den vielen Oberbergern, für die der Fichtenwald eine Art Sparkasse war, eine Altersvorsorge. Die jedoch hat der Borkenkäferbefall vernichtet. Den Schaden kann er nur grob beziffern, mehrere 100 000 Euro seien ihm durch die Kalamität verloren gegangen. Als immer mehr seiner Fichten starben, musste Kuhl sich entscheiden: Seinen Wald wiederaufforsten oder verkaufen? Schweren Herzens habe er sich für letzteres entschieden: „Ich hätte hier mehrere 100 000 Euro reinstecken müssen, um den Wald wiederaufzubauen. Bis das einen Ertrag erbracht hätte, wären mindestens 30 Jahre vergangen.“ Er war froh, einen Käufer zu finden, der die kostspielige Wiederaufforstung in Angriff nehmen will.

Neuanpflanzungen mit Plastikhüllen und Schafswolle geschützt

Während Kuhl auf den letzten beiden in seinem Besitz verbliebenen Hektar etwas Holz erntet, überprüft Revierförster Tim Zimmer einige Neuanpflanzungen. Auf einer drei Hektar großen Hangfläche wurden knapp 6000 kleine Traubeneichen und 1200 Roteichen gesetzt. Die meisten davon wurden mit hellgrünen, knapp einen Meter hohen Plastikhüllen versehen.

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Einige Flächen werden schon mit neuen Setzlingen bestückt, die unter anderem mit Plastikhüllen (Bild) und Schafswolle vor fressenden Wildtieren geschützt werden.

Sie sollen die Setzlinge in den kommenden fünf bis zehn Jahren vor Wildverbiss schützen. Für die 1000 kleinen Weißtannen dagegen reicht schon ein Stück Schafswolle, um ihnen knabberndes Wild vom Leib zu halten. Die ebenfalls gepflanzten 2000 Rotbuchen kommen ohne Schutz aus.

Zu wenige Setzlinge, zu wenige Forstfirmen

Förster Zimmer ist 26 Jahre alt und hat das knapp 2300 Hektar große Revier Strombach erst im vergangenen Jahr übernommen. Als er sich für den Beruf entschied, war ihm noch nicht klar, dass der Borkenkäferbefall sein ganzes Arbeitsleben bestimmen wird. Denn so viel ist klar: Den zerstörten Wald möglichst mit klimaresistenten Arten wiederherzustellen, wird Jahrzehnte dauern. Wenngleich die Borkenkäfer jetzt wieder ausschwärmen, finden sie in Zimmers Revier kaum noch Nahrung.

Nur wenige junge Exemplare, die der Käfer nicht angeht, stehen noch – die meisten abgestorbenen Fichten sind abtransportiert. Noch schwieriger als das Aufräumen gestaltet sich nun aber das Wiederaufforsten. Und das liegt nicht nur daran, dass die Baumschulen zu wenig Setzlinge liefern können und es zu wenig Forstfirmen gibt.

Hilfsprogramme für Waldbesitzer sind zu kompliziert

Ex-Großwaldbesitzer Kuhl beklagt die seiner Meinung nach mangelhafte finanzielle Förderung durch den Staat: „Natürlich gibt es Hilfsprogramme, aber die Antragswege sind viel zu kompliziert.“ Tatsächlich ist auch in Zimmers Revier die Zahl der Waldbesitzer, die sich an die Antragstellung getraut haben, mehr als überschaubar. Der finanzielle Verlust durch die Kalamität sei sein eigenes Risiko gewesen, sagt Kuhl: „Doch eine unbürokratische Hilfe bei der Wiederaufforstung, um dem Klimawandel zu begegnen, liegt doch im Interesse der ganzen Gesellschaft.“

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Wenn er in knapp 40 Jahren in Ruhestand geht, hofft Förster Tim Zimmer, mit  der Wiederaufforstung vorangekommen zu sein.

Dass der oberbergische Wald im Besitz unzähliger Eigentümer ist, macht das Projekt Wiederaufforstung nicht einfacher. Allein Förster Zimmer müsste in seinem Revier knapp 600 Besitzer erreichen – von denen einige ihre meist kleine Waldparzelle geerbt, aber womöglich noch nie mit eigenen Augen gesehen haben. Eine rechtliche Umstellung bei der Betreuung hat zur Folge, dass die Förster die Waldbesitzer nicht mehr aufsuchen dürfen, sondern darauf warten müssen, dass die Besitzer sie kontaktieren. Zudem muss das Forstamt neuerdings auch Einstiegsberatungen zunächst zu Vollkosten abrechnen. Einen Teil erstattet der Staat erst später zurück.

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Wiederaufforstung: Förster rät zu Mischbeständen

Trotz aller Probleme, gebe es auch viele Waldbesitzer, die ihre Flächen derzeit wieder aufforsten, berichtet Zimmer. Im vergangenen Herbst wurden in Strombach unter der Aufsicht des Forstamtes knapp 45 000 Bäume gesetzt, in diesem Frühjahr kamen noch mal so viele dazu. Zimmer empfiehlt den Waldbesitzern Mischbestände: Möglichst viele unterschiedliche Arten sollen sicherstellen, dass zunehmende Hitzeperioden, weitere Schädlingsbefälle und Baumkrankheiten nicht wieder zu so einer Katastrophe führen, wie sie sich jetzt im Wald darstellt. Wenn er in knapp 40 Jahren in Ruhestand geht, hofft Förster Tim Zimmer, werde er mit dieser Aufgabe ein gutes Stück weiter sein.