AboAbonnieren

Handball16-jährige Euskirchenerin spielt bei Borussia Dortmund und im Nationalteam

Lesezeit 5 Minuten
Die 16-jährige Merle Muth im Trikot ihres Handballvereins Borussia Dortmund.

Die 16-jährige Merle Muth im Trikot ihres Handballvereins Borussia Dortmund.

Mit 15 Jahren ist Merle Muth aus ihrem Elternhaus in Euskirchen ausgezogen, um ihre Karriere als Profi-Handballerin zu verfolgen.

Einmal für Borussia Dortmund spielen. Ein Traum, der vielen Kindern verwehrt bleibt. Zumindest, wenn man mit dem BVB automatisch die Fußballmannschaft antizipiert, die zweifelsohne zu den Topadressen in Europa zählt. Doch nehmen wir mal an, der Ball ist, genau wie die Tore und das Spielfeld, eine Nummer kleiner.

Dann bleiben nur noch wenige Kenner der Szene übrig, die wissen, dass auch die Handballfrauen der Borussia eine große Nummer in ihrer Sportart sind. Und eben bei dieser Borussia spielt seit dem Sommer Merle-Sophie Muth, die lieber nur Merle genannt werden möchte. Merle Muth ist ein Talent. Mit gerade einmal 15 Jahren hat sie dem Elternhaus in Euskirchen den Rücken gekehrt und sich der Nachwuchsabteilung des renommierten Bundesligisten, der letzten Sommer erstmals Deutscher Meister wurde, angeschlossen.

Dortmund: Realistische Chancen auf Deutsche Meisterschaft

Jetzt ist Merle Muth 16 Jahre alt und tanzt sprichwörtlich auf drei Hochzeiten gleichzeitig. Sie ist in Dortmund Stammtorhüterin der B-Juniorinnen, die aktuell in der Oberliga-Meisterrunde spielen und nur noch ein Hin- und Rückspiel gegen Frankfurt/Oder von den Final-Four um die Deutsche Meisterschaft entfernt sind.

Darüber hinaus gehört sie zum festen Torhüterteam der weiblichen A-Jugend in der Bundesliga, die auch den Großteil der zweiten Frauenmannschaft (3. Bundesliga) darstellt. Eine Überbelastung für die ehemalige Schülerin der Marienschule? „Keinesfalls“, sagt sie und schiebt nach: „Ich will spielen und trainieren, mich weiterentwickeln.“

Angefangen mit der Sportart hat sie im Jugendbereich der HSG Euskirchen im Alter von sechs Jahren. Mit ihrer Schwester Caroline, die zwei Jahre älter ist, hat sie sofort bei der gemischten E-Jugend trainiert und auch gespielt. Erst im Feld, dann per Zufall im Tor. „Torhüterin zu sein, war letztlich genau das, was ich am besten konnte. Und ich hatte keine Angst“, sagt die 16-Jährige.

Merle Muth war immer die Jüngste und Fleißigste im Team

„An Merle Muth kann ich mich sehr gut erinnern“, sagt der frühere HSG-Jugendwart Gerd Pankratz. Andreas Trimborn und danach Corinna Schmitz trainierten Muth. „Mit Caroline hat sie die Stationen des Kinderhandballs durchlaufen. Bereits früh hat sie sich für die Position der Torfrau entschieden und wurde dort gefördert. Sie war schon damals besonders trainingsfleißig, fast immer dabei und lächelte viel“, erinnert sich Pankratz.

Ihre Weiterentwicklung sei stets von guter Laune begleitet gewesen. „Auch bei den Handballcamps für Kinder der HSG in den Herbstferien waren Merle und Caroline mit hohem Engagement dabei.“ Nach zwei Jahren HSG folgte der Wechsel zum TuS Königsdorf (Stadtteil von Frechen). Auch hier war sie immer die Jüngste im Team, die aber mit starken Leistungen zu überzeugen wusste.

Letztlich war sie Teil der Meistermannschaft der B-Juniorinnen, die die Nordrheinliga gewann und erst im Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft ausschied. „Das waren wirklich schöne Jahre in Königsdorf, die mich sehr geprägt haben“, sagt die Euskirchenerin, die sich selbst als ehrgeizig bezeichnet. Erfolgreiche Paraden genießt sie innerlich. Die Schülerin ist eher eine ruhige Torfrau, die lernen will, sich und ihr Team von hinten zu motivieren und zu pushen.

Merle Muth: Mit 15 ausgezogen, um Handballprofi zu werden

Umso überraschter war sie im Frühjahr 2022, als sie eine Kurzmitteilung von Dortmunds Jugendkoordinator Tobias Fenske bekam, der sein Interesse an der 1,80 Meter großen Torfrau bekundete. „Das ist mein absolutes Highlight bisher“, gibt das Nachwuchstalent offen und ehrlich zu. Die Einladung zu einer Probewoche, inklusive Aufenthalt und Übernachtung im Sportinternat Dortmund, folgte.

Merle Muth durfte unter professionellen Bedingungen ihr Können zeigen. Die BVB-Verantwortlichen waren überzeugt vom Teenager, und so nahm der Wechsel im Sommer 2022 Formen an. Eine 15-Jährige, die zu Hause auszieht und ihren Traum von einer großen Handballkarriere – ganz nach ihren Vorbildern Andreas Wolff und Niklas Landin – lebt, nahm weitere Konturen an.

Merle Muth hat keine Zeit für Heimweh

Der Wechsel zum Goethe-Gymnasium (einer NRW-Sportschule), der Einzug in das Internat und eben ein neuer Verein mit anderen Strukturen sowie neuen Trainern und Mitspielerinnen: All das musste in Einklang gebracht werden. Es gelinge ihr recht gut, denn sie verspüre kein Heimweh. Die Tage sind vollgepackt mit Handball. Sieben Trainingseinheiten in der Woche, dazu ein, manchmal zwei Spiele am Wochenende – da bleibt nicht viel Zeit für andere Dinge.

„Weitere Hobbys habe ich nicht, aber ich freue mich immer, wenn ich daheim bin und meine Freunde treffe“, sagt die junge Torhüterin, die als Stärke ihr gutes Stellungsspiel hervorhebt. „In Dortmund bekommen wir ein eigenes Torwarttraining und analysieren zusammen unsere Fehler“, stellt die 16-Jährige den großen Unterschied zu Königsdorf heraus. Der mögliche Erfolg steht und fällt aus ihrer Sicht klar mit den Trainern, die viel rückmelden und Fehler offen ansprechen.

Das ist ein wichtiger Punkt in der Weiterentwicklung im Verein, aber auch in der Nationalmannschaft, zu der Merle Muth seit einem Sichtungstraining im letzten Jahr gehört. Seit Februar 2022 gehört sie zum festen Bestandteil der U17-Nationalmannschaft. Jenes Team, das im Sommer an der U17/U18-Europameisterschaft in Montenegro teilnimmt. Ob die Gymnasialschülerin dabei ist, wird sich zeigen. Die Chancen stehen aber gut.

Ziel der 16-Jährigen ist die Frauenbundesliga

Langfristig gesehen peilt die 16-Jährige die Frauenbundesliga an. „Es ist schon mein Ziel, in der 1. Liga zu spielen, auch Spiele in der Nationalmannschaft will ich machen“, sagt die selbstbewusste Torhüterin. Dabei bleibt sie aber bodenständig und weiß, wem sie diese Möglichkeit zu verdanken hat. „Ohne die Unterstützung meiner Eltern, die meine Schwester und mich gerade zu Königsdorfer Zeiten gefahren haben, wäre das natürlich nicht möglich gewesen“, sagt Merle Muth voller Wertschätzung. Sie hat die Chance bekommen, bei einem großen Klub zu spielen.

Und diese will sie nun mit der Unterstützung ihrer Familie auch nutzen. Und auch Gerd Pankratz hat einen Wunsch: „Wir sind stolz darauf, den Beginn von Merles Handballkarriere begleitet zu haben. Wir würden uns natürlich freuen, wenn Merle und Caro sich später mal an ihre Handballwurzeln erinnern und in ihre Heimatstadt zur HSG zurückwechseln. Als Spielerinnen oder Unterstützerinnen der Jugend.“