AboAbonnieren

Kreiskrankenhaus MechernichFlexible Arbeitszeiten als Antwort auf den Fachkräftemangel

Lesezeit 3 Minuten
Das Bild zeigt zwei Pflegekräfte des Kreiskrankenhauses Mechernich mit medizinischem Gerät.

Mitunter jeden Tag auf einer anderen Station im Einsatz: Die beiden „Flexerinnen“ Laetitia Meßner (r.) und Barbara Ginster fühlen sich nicht als Lückenfüller, sondern als vollwertiger Teil des Pflegeteams.

Das Kreiskrankenhaus Mechernich will den Pool seiner zeitlich flexiblen Pflegekräfte weiter ausbauen und startet eine große Werbekampagne.

Heute in der Inneren, morgen in der Chirurgischen Abteilung und nächste Woche Dienst in Schleiden statt in Mechernich: Seit gut einem Jahr ist Krankenschwester Laetitia Meßner Mitglied des „Flex-Teams“ der Kreiskrankenhaus Mechernich GmbH. „Das war die beste Entscheidung meines Berufslebens“, sagt die alleinerziehende Mutter. Dass sie ihren aktuellen Dienstplan dabei erst am Vortag bekommt, stört die Pflegekraft nicht: „So lerne ich immer neue Kollegen kennen.“

Auch ihre Kollegin Barbara Ginster ist vom flexiblen Arbeitszeitmodell begeistert: „Auch ich bin alleinerziehend und könnte einen normalen Frühdienst, der um 6 Uhr morgens beginnt, nicht antreten, weil das Kind dann noch nicht in der Schule ist.“

Im Krankenhaus Mechernich begann 2019 der Aufbau des Flex-Teams

So ganz neu ist die Idee nicht, einen Pool von Mitarbeitern aufzubauen, die mit flexiblen Arbeitszeiten und Einsatzorten die Lücken schließen, die in Spitzenzeiten oder durch krankheitsbedingte Ausfälle auf den Stationen entstehen. „Die Idee kommt ursprünglich aus den Niederlanden, und wir haben bereits 2019 mit dem Aufbau des Flexpools begonnen“, sagt Krankenhaus-Geschäftsführer Thorsten Schütze.

Viele Krankenhäuser haben ähnliche Modelle entwickelt – auch als Antwort auf den allerorten beklagten Fachkräftemangel im Pflegebereich. „Wir wollten das aber nicht halbherzig machen, sondern haben viel Arbeit in den Aufbau des Flex-Teams gesteckt“, ergänzt Co-Geschäftsführer Martin Milde. Ziel sei es, den Pflegefachkräften mehr Flexibilität zu bieten, um Beruf, Freizeit und Familie besser unter einen Hut bringen zu können. Der Pflegeberuf soll dadurch wieder attraktiver werden.

Vier Mitarbeiterinnen, davon zwei Pflegekräfte, in einem Flur des Mechernicher Krankenhauses.

Projektleiterin Sarah Lückenbach (l.) und Teamleiterin Sofia Linden (r.) mit den beiden 'Flexerinnen' Laetitia Meßner und Barbara Ginster.

Flexteam-Mitarbeitende werden überall dort eingesetzt, wo Engpässe in der Personalplanung auf den Krankenhausstationen bestehen. Viele Rahmenbedingungen können die „Flexer“ dabei selbst bestimmen, zum Beispiel ihre Arbeitszeit. Zugleich bringen sie dem pflegerischen Stammpersonal Entlastung und sorgen für mehr Planungssicherheit.

Wechselnde Einsatzorte erfordern lange Einarbeitungszeit

Doch der Einsatz in wechselnden Fachabteilungen ist auch anspruchsvoll, weil bestimmte Fachkenntnisse erforderlich sind. Deshalb ist eine mindestens sechsmonatige Einarbeitungszeit für die „Flexer“ obligatorisch. Auf den Stationen stehen zudem Mentoren als direkte Ansprechpartner für sie bereit.

Frei soll auch wirklich frei für alle Pflegekräfte bedeuten.
Sarah Lückenbach, Projektleiterin „Flex-Team"

„Einspringen, wenn man eigentlich frei hat, oder Überstunden sollen dadurch, mit Unterstützung des zukünftig noch größeren Flex-Teams, gänzlich der Vergangenheit angehören“, bringt Projektleiterin Sarah Lückenbach die Vorteile für die Mitarbeitenden auf den Punkt: „Frei soll auch wirklich frei für alle Pflegekräfte bedeuten.“

Aber besteht nicht die Gefahr, dass die Kollegen aus der Stammbelegschaft dabei argwöhnisch auf die „Flexer“ schauen, die sich ihre Arbeitszeiten selbst aussuchen und für sich eventuell sogar gänzlich die unbeliebten Früh- oder Nachtdienste ausschließen? „Es war extrem wichtig, die Fachstationen bei diesem Prozess mitzunehmen. Jetzt ist klar, dass die Flexer keine Rosinenpicker sind, sondern eine echte Verstärkung für das ganze Pflegeteam“, schaut Sofia Linden auf die Arbeit des vergangenen Jahres zurück.

Kreiskrankenhaus will Pool der flexiblen Mitarbeitenden weiter ausbauen

Die Leiterin des „Flex-Büros“ koordiniert den Einsatz der flexiblen Pflegekräfte. Mit einer Disponentin stellt sie bis mittags den Dienstplan des kommenden Tages auf. „Die Bedarfsmeldungen aus den Fachabteilungen kommen digital bei uns an, und auch die Mitarbeitenden des Flex-Teams können per Smartphone auf ihren Plan zugreifen“, so Linden weiter.

Beim Start im Jahr 2019 entschlossen sich vier Pflegekräfte für das flexible Arbeitszeitmodell, inzwischen sind es 30 Mitarbeitende, die zusammen zehn Vollzeitstellen entsprechen. „Das ist etwa ein Viertel des Bedarfs, den wir ausgemacht haben“, sagt Projektleiterin Lückenbach.

Deshalb wurde eine große Image- und Werbekampagne gestartet, um weitere Pflegekräfte zu akquirieren. „Es ist nicht unser Ziel, Fachkräfte in anderen Häusern abzuwerben“, betont Geschäftsführer Schütze. Vielmehr hoffe man darauf, Berufsrückkehrer zu motivieren. Bei Barbara Ginster hat das geklappt: Sie war zwischenzeitlich in der Häuslichen Pflege beschäftigt, bevor sie ins Krankenhaus zurückkehrte.