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Bürgerstiftung19-Jährige aus Lohmarer Kinderheim schafft Einser-Abi und bekommt ein Stipendium

Lesezeit 2 Minuten
Zwölf Personen, in der Mitte eine junge Frau mit Blumenstrauß

Ausgezeichnete Leistungen: Studienstipendiatin Leandra Michaelsen wurde von der Bürgerstiftung ausgewählt. Sie wohnt im Kinderheim.

Spitzen-Abitur und sozialer Einsatz unter besonderen Bedingungen: Stipendiatin Leandra Michaelsen wohnt im Lohmarer Kinderheim Hollenberg.

Zielstrebig ist Leandra Michaelsen, leistungsstark und hilfsbereit. Die Bürgerstiftung Lohmar hat die Abiturientin für ein Studien-Stipendium ausgewählt. Das Besondere: Die 19-Jährige ist im Kinderheim Hollenberg aufgewachsen. „Ich möchte Jura studieren, hoffentlich werde ich in Bonn angenommen“, sagt die junge Frau inmitten des Rummels der Preisverleihung im Schloss Auel.

Daran bestehe wohl kaum ein Zweifel, meint Stiftungs-Geschäftsführerin Gabriele Willscheid, selbst Juristin. Leandra hat an der Gesamtschule Lohmar ein Spitzen-Abitur mit der Note 1,2 absolviert; ihr schwächstes Fach: Physik, mit einer 2 minus!

Zwei ihr eng verbundene Menschen hat sie mitgenommen zur kleinen Feier: Ihren Zwillingsbruder Alex, der ebenfalls vor neun Jahren zum Hollenberg kam, und ihre Betreuerin Julia Wirz. Seine Schwester habe sich akribisch vorbereitet auf die Klausuren, verrät der Bruder: „Sie hat sich oft schon um vier Uhr morgens den Wecker gestellt.“ Als die Nachricht kam, brach sie in Freudentränen aus, berichtet Wirz.

Bruder hat seine Ausbildung als Dachdecker erfolgreich abgeschlossen

Auch der Bruder verkörpere Fleiß und Durchhaltevermögen, lobte Willscheid. Er habe bereits eine Ausbildung als Dachdecker erfolgreich abgeschlossen und arbeitee in seinem Lehrbetrieb als Geselle: „Auch Sie sind ein Vorbild.“

Leandra Michaelsen ist die 18. Stipendiatin der Bürgerstiftung, sechs junge Männer und zwölf junge Frauen haben den 2500-Euro-Zuschuss, 500 Euro pro Semester, erhalten. In diesem Jahr hatten sich nur weibliche Abiturientinnen beworben.

Zwillinge kamen mit zehn Jahren ins Lohmarer Kinderheim

Wichtig seien nicht nur gute Noten, sondern auch das soziale Engagement, erklärte Willscheid. Leandra habe sowohl ihren Mitschülern geholfen und auch den Mitbewohnern Nachhilfe gegeben, sei so zum Vorbild geworden. Das Schicksal Michaelsens habe die dreiköpfige Jury zwar sehr berührt, sei aber nicht ausschlaggebend gewesen, versichert die Geschäftsführerin.

Die Zwillinge kamen ins Kinderheim, weil die Eltern aufgrund von Krankheit nicht mehr für sie sorgen konnten. Dass aus den Zehnjährigen tüchtige junge Erwachsene wurden, das haben sie nicht mehr miterlebt. Alex hat seine erste eigene Wohnung bezogen, Leandra bereitet sich in der Verselbständigungsgruppe im Kinderheim auf den Auszug vor.

Bis zum Studienbeginn im kommenden Frühjahr arbeitet sie in Teilzeit in einem Discounter, um Geld anzusparen. Kindergeld erhält sie nicht, so lange sie in Hollenberg wohnt, erklärt Wirz: „Das fließt direkt ans Kreisjugendamt.“

Beeindruckt vom Lebensweg der Geschwister zeigten sich auch Schulleiterin Sabine Henseler, Schul-Abteilungsleterin Maike Thelen, Leistungskurslehrer Eugen Haidinger, der die Stipendiatin in Geschichte unterrichtete (zweiter Leistungskurs war Englisch) und Bürgermeisterin Claudia Wieja. Die sportliche und künstlerisch begabte Stipendiatin will in der Region bleiben, sie bewirbt sich um einen Studienplatz an der Uni Bonn.