Grammy-Gewinnerin Terri Lyne Carrington und die WDR Big Band spielten in der Philharmonie - begleitet von der New Yorker Sängerin Melanie Charles.
WDR Big Band-KonzertTerri Lyne Carrington ist eine echte „Drummer-Queen“
Die amerikanische Schlagzeugerin Terri Lyne Carrington thronte über ihren niedrigen Trommeln wie eine echte „Drummer Queen“ oder eine „Mutter der Kompanie“ – diesmal für die WDR Big Band und deren überragende Improvisationstalente. Gerade das enge Geflecht von Gaststar und Gastgeber markierte den Reiz dieses philharmonischen Treffens auf Augenhöhe: eine Königin ohne jedweden Dünkel.
Vor wenigen Wochen erhielt die Musikerin einen frischen Grammy, Routine im Leben der meistprämierten Drummerin, darunter auch akademische Titel wie Ehrendoktorwürden an Universitäten in New York oder Boston. Am dortigen Berklee College of Music gründete sie ein „Institute of Jazz and Gender Justice“. Carrington engagiert sich nicht nur gesellschaftlich und sozial in ihrer Musik, sondern auch politisch. Das spiegelte sich im ausgewählten Programm wider – so in einem Titel, den sie am Tag nach der Wahl des vorherigen Präsidenten der USA schrieb. „Waiting Game“ hieß der instrumentale Song für Alt-Saxophon, ein klagendes Instrument über choralartige Bläsersätze mit vielen fallenden Sekunden, vertonten Seufzern.
Meistprämierte Drummerin beim WDR Big Band-Konzert
Mit Chuck Owen hatte die Big Band einen Routinier des großformatigen Arrangierens gefunden, der sie auch als Dirigent betreute. Nach vier Jahrzehnten Lehrtätigkeit in Florida hat er den Unruhestand beschritten, der ihm internationale Aktivitäten erleichtert.
Und er hat den multi-stilistisch orientierten Titeln aus den rund zehn Veröffentlichungen Carringtons der letzten 35 Jahre unter eigenem Namen ein kammermusikalisch feingliedriges Kostüm angepasst, das sowohl außergewöhnliche Instrumentenfarben wie Kontrabassklarinette und immer wieder Flöten und Klarinetten im Holzsatz forderte, aber auch den druckvollen Crescendi des Blechs oder dem wohlig warmen Glühen von Posaunenchören genügend Klangraum bot.
Und gerade dazu passte das offene Spiel der Drummerin, die neben den druckvollen Passagen und den kräftigen Tutti-Akzenten ganz filigran ihre Becken tätschelte, statt rauschigem Vollklang nagelndes Dengeln präferiert. Und Carrington atmet tatsächlich die Stücke mit, sie reagiert sofort auf rhythmische Floskeln in den Soli, ist alles andere als eine harte Rhythmus-Maschine. Sie singt auch selbst, hatte aber jetzt mit den notierten Arrangements genug zu tun, um diesen Job an die Kollegin Melanie Charles zu übertragen, einer New Yorkerin mit haitianischen Wurzeln und der Energie für gesellschaftspolitische Statements.
Politische Aussage im New-Orleans-Stil
So drehte sich ein Song um die Opfer von Polizei-Gewalt in den Staaten, in dem eine angedeutete Kollektivimprovisation New Orleans-Stil heraufbeschwor und viel Klang für großen Schmerz einsetzte.
Terri Lyne Carrington hat in einem eigenen Real Book – das Original aus dem Jahr 1970 gilt als die Bibel der Jazzmusik – ausschließlich Titel von Komponistinnen vereint. In der Big Band fand sie jetzt als weibliche Stimme nur die Altistin Karolina Strassmayer, deren instrumentale Künste in einer gewaltigen Ballade gewürdigt wurden. Das Publikum war begeistert.