Der amerikanische Musiker Bob Mintzer, Chefdirigent der WDR Big Band, ist ein akribischer Arbeiter und pflegt den Kontakt zur lokalen Kölner Jazz-Szene.
WDR Big BandBob Mintzer feiert seinen 70. Geburtstag
„Ich schlafe nicht sehr viel!“ Eigentlich hätte sich der amerikanische Musiker Bob Mintzer die gesunde Mütze Schlaf verdient. Aber die Musik treibt diesen Universalmusiker stetig um: „Ich höre alle Arten von Musik, ich schreibe sie, arrangiere, unterrichte, organisiere, ich bin sehr fleißig. Das Leben eines Künstlers ist immer Ausdruck seiner Persönlichkeit.“
Ruhender Pol
Seit bald vier Jahrzehnten schreibt auch die WDR Big Band daran mit, seit 2016 besetzt er die Position des Chefdirigenten dieses außergewöhnlichen Ensembles. Denn eine Big Band ist ein Orchester der ganz besonderen Art. Und da passt die Koryphäe Bob Mintzer genau ins Bild: Ein unangreifbar origineller, fachlich kompetenter und ruhender Pol.
Der Chef feiert am Freitag 70. Geburtstag. Als Mintzer in Köln langfristig, momentan gedeckelt bis 2024, seine Zelte aufschlug, bot er erstmals unter seinen Vorgängern die Möglichkeit, ihn gleich als aktiven Bandmusiker kennenzulernen. Er gastierte im Vorfeld mit seiner Stammband „Yellowjackets“, einer legendären Fusion-Band, die 1990 mit dem Eintritt von Bob Mintzer mehr zum Akustik-Jazz wechselte – Instrumentaljazz in Quartettbesetzung.
Aber er präsentierte sich auch im Quartett mit der Rhythmusgruppe der Senderbigband mit dem in Köln beheimateten Pianisten Martin Sasse – lokale Anbindung an die Szene. Bob Mintzers musikalische Neugierde war bereits in jungen Jahren unstillbar. „Bevor ich mich dem Saxophon zuwandte, spielte ich Gitarre“, so erzählt der Musiker in einem sehr intimen Fernseh-Portrait.
Gigs auf der Gitarre
„Und Klavier, als Autodidakt hörte ich Songs heraus. Mit sechs durften wir uns in der Schule ein Instrument auswählen, da nahm ich die Klarinette. Als ich dann John Coltrane und Charly Parker hörte, da war mein Weg klar, hin zu diesem expressiven Sound. Und trotzdem spielte ich immer auch Gigs auf der Gitarre oder auf dem Bass, dem Klavier. Irgendwann mündete dies auch ins Schreiben von Musik. Das macht großen Spaß, es ist wie ein großes Puzzle, deren Teile ich ja nun kannte.“
Dabei gelten natürlich in der Arbeit mit der eigenen Big Band nochmals neue Regeln. Im Gegensatz zu einem Rundfunkorchester, bei dem auch stilistische Flexibilität großgeschrieben wird, besteht eine hochkarätige Big Band wie die des WDR ausschließlich aus Solisten. Das in Klassikkreisen sogenannte „Tutti-Schwein“, der Streicher in der Truppe, existiert in einem Jazzorchester nicht. Jeder kann in jedem Stück zum Solo gebeten werden und hat dann hochwertig zu liefern – da befindet sich die aktuelle Big Band mit ihren Talenten in allen Positionen in sehr guter Verfassung. Das war in guten Jazzorchestern immer so.
Eigener Sound
Bob Mintzer: „Ein Kollektiv wie eine Big Band muss seinen eigenen Sound finden. Duke Ellington, der über Dekaden seine Band leitete, arrangierte seine Stücke explizit für ,sein Orchester’ und holte dabei das Beste aus ,seinen Musikern’ heraus. Auch ich kenne meine Musiker, und sie kennen meine Handschrift.“ Mintzers Handschrift hat sich ergeben aus einer rasanten Fahrt durch alle möglichen Situationen in einer amerikanischen Musikerkarriere: „Ich habe in afro-kubanischen Bands gespielt, aber auch im Sinfonieorchester, natürlich in Funk-Bands und Jazzbands, in den Big Bands von Buddy Rich und That Jones & Mel Lewis, mit Musikern wie Jaco Pastorius und so weiter. Bei allen sammelte ich Erfahrungen und Inspiration.“
Zur Ruhe kommt der gebürtige New Yorker in seiner Wahlheimat Los Angeles. Als großer Fan von Obst und Gemüse besucht er dort jeden Sonntag, wenn möglich den Bauernmarkt, „sehr ungewöhnlich für einen Jungen aus New York“, meint Mintzer. Am meisten beschwingt ihn aber täglich die Musik. Sein Motto prangt über seiner offiziellen Website: „Musik zu spielen, ist ein lebenslanger Begleiter. Und ich plane, diesem Pfad bis zu meinem letzten Tag auf Erden zu folgen!“