Ideal für entspannte Sommerabende: die perfekten Harmoniegesänge der New Yorker Band Infinity Song. Am 26. Oktober treten die vier Geschwister im Kölner Luxor auf.
Pop-Überraschung aus den USAWarum die Band Infinity Song Stars wie Doja Cat und Jay-Z begeistern
Fast täglich wird Werbung für neue Musikerinnen und Musiker in die Timeline der sozialen Medien gespült, manche wiederholt und mit großer Hartnäckigkeit.
So etwa tauchte zu Beginn dieses Jahres ein schwarzes Pop-Quartett auf, bestehend aus zwei jungen Frauen und zwei ähnlich jungen Männern. Doch während man an den meisten dieser Werbeangebote vorbeiscrollt, machten diese sekundenkurzen Clips neugierig: Wer sind diese vier, die da gegen Hass singen – und dabei klingen wie eine Reinkarnation der Band The Mamas and The Papas, mit einem guten Schuss Fifth Dimension oder Formationen wie den Lettermen. Harmoniegesänge, direkt aus den Sechzigern, die sich den Themen unserer Zeit widmen.
Populär dank eines viralen Hits
Die Band heißt Infinity Song (in etwa unendliches Lied oder Lied für die Unendlichkeit), und ihre bekannteste Aufnahme ist nicht nur durch ihren Titel zu einer kleinen Hymne geworden: „Hater's Anthem“, in der sie sich mit einem Augenzwinkern dazu bekennen, wie jeder von uns gerne ein wenig „hasst“.
Wobei damit nicht der tief gehende Hass gemeint ist, sondern eher das unproduktive Rumquengeln – gerne auch via Post in den Sozialen Medien. Eine charmante Abrechnung mit dem inneren Schweinehund, damit, dass man lieber im Bett liegenbleibt und im Netz surft – sich dabei aber besser fühlt als all die anderen, denn man könnte ja, wenn man wollte.
Die perlenden Wortkaskaden meistern die Vier im perfekten Unisono, die bissige Kritik ist verpackt in eine hohe Musikalität. Mehr als 500 Millionen auf TikTok waren fasziniert, darunter Berühmtheiten wie Doja Cat. Was aussieht wie ein gesteuerter Hype hat aber ein grundsolides Fundament.
Von Detroit nach New York
Diesen klugen Wohlklang erzeugen vier Geschwister in ihren Zwanzigern: Abraham, Angel, Israel und Momo Boyd, die etwa auch den Text zu „Hater's Anthem“ schrieb.
Geboren in Detroit, verließen sie die Heimatstadt des legendären Motown-Labels mit ihrer Familie später gen New York. Der Vater zog zunächst die musikalischen Strippen, die Kinderschar (insgesamt neun!) wurde zu Hause unterrichtet. Kelly-Family-mäßig sang man auf den Straßen des Big Apple.
Diese Kombination aus gemeinsamen Genen und dem für eine solche Ochsentour nötigen Drill hebt ihren Gesang in engelsgleiche Höhen. Und das mit einer hinreißenden Leichtigkeit, egal ob in ihren Studioaufnahmen oder bei Live-Auftritten, von denen sich viele bei Youtube finden.
Darunter das Mut-mach-Lied „Everything's gonna be all right“. Das folklorehaft spartanische „When the rain starts“. Das nach klassischem Soul klingende „Mad love“. Oder die Coverversionen von Fleetwood Macs „Dreams“ oder „Hey Jude“ der Beatles.
Allesamt eint eine Unaufgeregtheit, gepaart mit einer Eindringlichkeit, die süchtig macht. Man will einfach wissen, welche überraschenden Varianten ihnen noch einfallen.
Und so könnten Passagen im Song „Comedy“ auch von einem Pink Floyd-Album der 70er stammen. „More beautiful“ und „Pink sky“ schrammeln irgendwann gen Indierock. „I want you back“, die Eröffnungsnummer ihres aktuellen Albums „Metamorphosis Complete“, wartet mit ein paar Beatles-Gitarrenakkorden auf.
Im phänomenalen „Slow burn“ folgt auf die verhaltene erste Strophe eine zweite, die einen musikalischen Bruch darstellt, fast wie ein Refrain erscheint – mit einem Text den Bogen schlägt von einer Spätzünderin in Sachen Liebe zu einem Menschen, der sich mitten in der Nacht existenziellen Fragen stellen muss.
Allerspätestens hier zeigt sich, dass Infinity Song ihren Chorgesang mit der Poesie und der Intelligenz solcher Größen wie Joni Mitchell oder Janis Ian paaren, die damit berühmt wurden, dass sie Alltag und Persönliches in musikalische Gedichte für die Ewigkeit verwandelten.
Das alles sind natürlich Versatzstücke, die man millionenfach gehört hat. Aber dass die bekannten Einzelteile ein derart homogenes und überzeugendes Gesamtbild erzeugen, macht die Magie von Infinity Song aus.
Im Oktober live in Köln
Ihren ersten Plattenvertrag bekam die Band 2016 beim Label von Jay-Z, das erste Album „Mad Love“ erschien 2020.
Vier Jahre später nun wagt das Quartett nun den Sprung über den großen Teich: Im Frühsommer gab es eine Handvoll Konzerte in Großbritannien und auf dem Kontinent. Im Herbst folgt eine Tournee durch 20 Städte in ganz Europa, auf der sie am 26. Oktober auch Station im Kölner Luxor machen. Aber man darf gespannt sein, wann sie auf eine größere Location umgebucht werden.