Wahl im Kölner Stadtrat erfolgreichStefan Charles ist Kölns neuer Kulturdezernent
Köln – „Ja, ich nehme die Wahl an!“ Seit Montagnachmittag hat Köln einen neuen Kulturdezernenten. Stefan Charles wurde mit großer Mehrheit in einer Sondersitzung des Stadtrates zum Beigeordneten für das Dezernat VII gewählt. Für ihn stimmten fast alle Fraktionen – bis auf die Linke, die geschlossen gegen den Kandidaten votiert. Damit wolle man sich aber nicht gegen ihn als Person, sondern gegen das Verfahren aussprechen. Man bemängelt, dass unter anderem einige Ratsmitglieder mehr Informationen über den Bewerber gehabt habe als die Linke. Der Schweizer Kultur- und Medienmanager ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen.
Vertraut mit großen Teams und großen Budgets
Im ersten Gespräch nach der Wahl macht er direkt deutlich, wie sehr er davon überzeugt ist, „dass die Institutionen und die freie Szene zwei Pfeiler sind, auf denen die Kultur steht, dass sie gleich wichtig und gleichberechtigt sind. Das ist eine hervorragende Ausgangsposition.“ Zu den Dingen, die „sehr offensichtlicht“ seien, gehöre, dass die Bühnen es wirklich verdienen, dass es 2024 zu einer großen Eröffnung kommt, auf die die ganze Stadt und die ganze Region stolz sein kann. Da kann man nicht in ganz kleinen Schritten beginnen, sondern der Institution würdig.“
Auf Wohnungssuche mit der Ehefrau
„Jetzt kann ich offiziell anfangen, eine Wohnung zu suchen – denn pendeln aus Zürich wäre doch zu umständlich!“ Nach Köln wird Stefan Charles zusammen mit seiner Ehefrau Aida Kidane ziehen. „Und sie kennt sich hier aus, denn sie hat hier gelebt und Architektur studiert.“ Aida Kidane stammt aus Eritrea und ist Bildende Künstlerin. Zuletzt war sie an einer Gruppenausstellung im Kunst Raum Riehen in Basel beteiligt.
In Basel habe er, so Stefan Charles grinsend, „ja ein bisschen Köln geübt. Es gibt ja die Fasnacht, was ein bisschen ähnlich ist wie Karneval.“ (HLL)
Zur Kritik, er habe nicht genügend Verwaltungserfahrung, äußert er sich unverblümt: „Ja, das stimmt, aber ich lerne schnell!“ Und die Fähigkeit, sich an neue Umgebungen anzupassen, lässt sich durchaus an einer Vita ablesen: Nach der Kunsthochschule, wo er in verschiedenen Sparten gearbeitet habe, ging er an ein Museum, arbeitet für die Plattenfirma EMI in Berlin, wechselte schließlich zum Schweizer Fernsehen als Abteilungsleiter für Kultur. Dort war er „qua meines Amtes einer der wichtigsten Kulturförderer für Literatur, Musik und Film. Dadurch kenne ich nicht nur mehrere Sparten, sondern weiß auch, was Kulturförderung bedeutet.“
Außerdem sei er vertraut damit, „große Teams zu führen und große Budgets zu verantworten. Und ich glaube, dass ich den Job nicht ganz alleine machen muss. Hier wartet ein hervorragendes Team auf mich. Und vielleicht müssen sie mir am Anfang noch das eine oder andere erklären.“ Vor allem fühle er sich „als Vertreter der Kultur und der Kunst – und ich glaube, dass das der wichtigere Teil ist als die ganzen Verwaltungsabläufe in klein-klein zu kennen. Das ist meine Grundhaltung!“
Großes Lob fürs Museum Ludwig
Wie hat er Köln als Schweizer wahrgenommen, etwa das Bühnendebakel und andere Baustellen? „Hat das nicht jede Stadt? Aber ich habe Köln nicht nur so wahrgenommen! Das Museum Ludwig etwa ist für mich das beste Museum in Deutschland und hat auch, was die mediale Präsenz angeht, eine ganz klare Leaderposition in Deutschland – ich wüsste nicht, welches Museum besser in der Öffentlichkeit steht. Aber wie das immer ist: Man kann es noch besser machen!“ Köln sei, trotz seiner „unglaublichen Geschichte“, für ihn „keine Stadt der Archive, sondern der Innovation. Es passiert hier viel, was sich lohnt zu fördern und zu unterstützen. Ich glaube, manchmal wird das national und international noch nicht so gesehen. Aber dafür werden wir kämpfen!“
Dass dies oft mühsam ist, weiß er genau: „Es ist oft so, dass man sich in der Diskussionsebene sehr wohl fühlt, und wenn es dann auf die Handlungsebene geht, es manchmal ein bisschen länger dauert. Es ist wichtig, dass wir gemeinsam schnell vorwärts kommen.“ Zu diesem „wir“ gehören für ihn auch „die Kulturakteurinnen und Kulturakteure. Das ist ganz klar!“
Einen genauen Antrittstermin gibt es noch nicht, nun muss die Bezirksregierung innerhalb von vier Wochen über die Personalie entscheiden. „Ich werde mir die Zeit jetzt nehmen, um mit den Akteurinnen und Akteuren, den Künstlerinnen und Künstlern zu sprechen und dann konkrete Projekte formulieren.“
Ein Satz, bewusst oder unbewusst geäußert, lässt aufhorchen: „Ich will Verantwortung übernehmen.“ Das erinnert an jene fatale Formulierung seiner Vorgängerin Susanne Laugwitz-Aulbach, sie trage nicht den „Oberverantwortungshut“. Noch scheint Stefan Charles dazu bereit.