Als Moderatorin und Autorin hat sich Elke Heidenreich einen großen Ruf gemacht, als Else Stratmann bleibt sie unvergessen: Am Mittwoch feiert sie ihren 80. Zeit, um auf ihr Leben und ihre Karriere zu blicken.
Von Ruhrpott bis zum SüdpolElke Heidenreich feiert ihren 80. Geburtstag

Die Schriftstellerin Elke Heidenreich sitzt im Raum Amadeus in der Wolkenburg in Köln.
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„Diaaaana, Kind? Bis’ du datt?“ beginnt der „Anruf im Palast“. In den folgenden Minuten plappert eine Frau ungehemmt auf die Princess of Wales ein, gibt ihr jede Menge gute Ratschläge. Dabei hat es so eine Metzgersgattin aus Wanne-Eickel auch nicht immer leicht: „Immer Blut un kalte Hände!“ Ab Mitte der 70er Jahre schnattert sich die schnoddrige Else Stratmann via Radio und TV in die Herzen der Republik.

Elke Heidenreich in ihrer Paraderolle als Else Stratmann
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Ihre Erfinderin ist eine ebenfalls toughe Ruhrpott-Braut, mit fast ähnlichem Vornamen: Elke Heidenreich, die am 15. Februar ihren 80. Geburtstag feiert.
80? Kann man sich gar nicht so richtig vorstellen, da hat man doch diese Stimme im Ohr: nicht so samtig wie die roten Blazer, die sie zu ihrem Markenzeichen machte, sondern energiegeladen, (durchaus lauthals) unbequeme Fragen stellend oder beseelt die Liebe für Gedrucktes und Gesungenes über Rampe und Schirm bringend.
Autorin, Moderatorin, Kabarettistin und Librettistin: Eine vielfältige Karriere
Im hessischen Korbach geboren wächst sie in Essen auf. Nach dem Studium tanzt sie auf vielen medialen Hochzeiten, mit der Else schafft die Elke den Durchbruch. Die Karriere verläuft fortan parallel in den unterschiedlichsten Bereichen. Da gibt es die Moderatorin des „Kölner Treffs“. Oder die Autorin von Erzählungen, ihre „Kolonien der Liebe“ (1992) werden genauso ein Bestseller wie die „Rudernden Hunde“ (2002), die sie mit ihrem zweiten Ehemann Bernd Schröder zwischen zwei Buchdeckeln platziert. Aber ein Kater stellt sie alle in den Schatten: „Nero Corleone“ (1995) wird allein in 23 Sprachen übersetzt. Doch während die Mafia-Samtpfote sowohl von Großen als auch Kleinen genossen werden kann, richtet Heidenreich sich mit „Am Südpol, denkt man, ist es heiß“ (1998) gezielt an die junge Leserschaft.
Wir werden eine Torte essen und Champagner trinken und sagen: Altes Mädchen, du hast es geschafft. Aber das ist es dann auch. Soll ich mein Überleben feiern?
Von diesem Kinderbuch ist es dann auch nur noch ein kleiner Sprung zur Kölner Kinderoper, wo es als Vorlage zu einem Libretto dient. Dieser Institution, seinerzeit noch beheimatet in einer Art Pavillon im Foyer des Opernhauses am Offenbachplatz, schenkt Elke Heidenreich viele Spielzeiten lang ihr Herz: Sie verfasst Texte und kurbelt dank ihres bekannten Namens kräftig an der Popularitätsmaschine der Einrichtung. Auch als sie ihre eigene Literatursendung im ZDF bekommt, sorgt sie dafür, dass aus der Kinderoper gesendet wird.
„Nero Corleone“ stellt alle in den Schatten
Mit „Lesen!“ erlangt sie im deutschsprachigen Literaturbetrieb eine nicht zu unterschätzende Machtposition: Was von ihr zwischen 2003 und 2008 im Imperativ angepriesen wird, können die Buchhandlungen am folgenden Samstagmorgen stapelweise verkaufen. Kein Wunder: Wenn Heidenreich über Dinge spricht, die ihr am Herzen liegen, kann man sich ihrem sendungsbewussten Enthusiasmus kaum entziehen. Möchte man auch irgendwie nicht. Die Sendung „Lesen!“ findet leider ein unrühmliches Ende. Im Zuge des „Reich-Ranickis-Skandals“ (der Literaturpapst hatte vor laufender Kamera den Deutschen Fernsehpreis 2008 abgelehnt) kritisiert die Streitbare das ZDF, ihren Arbeitgeber – der eine Kündigung als Retourkutsche schickt.
„Die Frauen in unserer Familie altern nicht. Wir kriegen keine grauen Haare, wir kriegen keine Falten. Wir fallen eines Tages um.
Samtjacke ja, Samthandschuhe nein – auch wenn man ihren Ärger nicht immer teilen kann, ihr Eifer verdient Respekt. So dachte man im vergangenen Jahr: Warum freut sie sich nicht einfach, dass „Ihr glücklichen Augen – Kurze Geschichten zu weiten Reisen“ ein Verkaufserfolg sind, sondern klagt darüber, dass das Buch in den Spiegel-Bestsellerlisten bei den Sachbüchern vorderste Plätze belegt und nicht bei der Belletristik.
Elke Heidenreich kritisiert Gendern als „Sprachverhunzung“
Auch macht sie aus ihrem Herzen keine Gendergrube, sprach sich mehrfach gegen diese – O-Ton – „Sprachverhunzung“ oder Frauenquoten aus.
„Der Welt den Rücken“ also (so der Titel einer weiteren Sammlung von Erzählungen) kehren – das kommt für eine Elke Heidenreich auch Anno 2023 nicht in Frage. So schreibt sie an einem Kinderbuch, moderiert bei der kommenden lit.Cologne einmal mehr die große Gala, stellt ihren aktuellen Bestseller vor und wird Gedichte lesen. Außerdem geht sie auf Lesereise durch die Schweiz, wo sie weiterhin für den „Literaturclub“ im Fernsehen arbeitet.
Aber dass sie die gute Else Stratmann noch mal zum Leben erweckt, kann man wohl getrost vergessen. Dabei würde man doch gerne hören, wie die Metzgersgattin dem abtrünnigen Prinzen gehörig die Leviten liest. „Hääärry, Kind? Bis’du datt?“