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Thomas Woitkewitsch wird 80Dieser Kölner ist der Erfinder von „Wann wird's mal richtig Sommer?“

Lesezeit 5 Minuten
04.08.2023 Köln Junkersdorf
Thomas Woitkewitsch

Thomas Woitkewitsch und „seine“ Goldenen und Platin-Schallplatten.

Thomas Woitkewitsch schrieb die Texte von Hits für Milva, Herman van Veen und Rudi Carrell. Am Freitag feiert der Kölner seinen 80. Geburtstag.

In der letzten Zeit hatte man ja häufig genug die Gelegenheit, aus dem Fenster zu schauen und sich zu fragen: „Wann wird's mal wieder richtig Sommer?“ Das Lied von Rudi Carrell ist auch nach bald 50 Jahren immer noch aktuell. Den Text schrieb damals der Kölner Thomas Woitkewitsch, der am 18. August seinen 80. Geburtstag feiert.

Woitkewitsch, der als Produzent und Autor für die Sendung „Am laufenden Band“ arbeitete, erinnert sich noch gut, wie die Nummer entstand: Aus dem amerikanischen Original „City of New Orleans“, ein kritisches Lied über den Zustand der USA, wurde in einer holländischen Übersetzung ein melancholisches Sommerlied.

„Rudi spielte mir diese Aufnahme vor und sagte, mach eine deutsche Fassung!“ Das war dienstags, samstags war die Live-Sendung, zwischendurch hat Carrell den Song eingesungen. „Danach sagte Rudi: Das wird was wie Bing Crosbys ,White Christmas', immer wenn Sommer ist, wird das gespielt!“

Ein Hit für Rudi Carell aus Trotz

Ein anderer Hit für Carrell entstand als Trotzreaktion auf Curt Jürgens. Der hatte einen Auftritt beim „laufenden Band“, und anschließend fragte ihn Woitkewitsch, wie er denn seinen Sketch gefunden hätte. „Na ja, Goethe war's nicht...“, so die Antwort des „normannischen Kleiderschranks“. „Das hat mich so geärgert“, gibt Woitkewitsch zu. Auf der Rückfahrt fiel ihm dann der neue Refrain ein: „Goethe war gut, man der konnte reimen...“

Vor Carrell hatte Woitkewitsch schon für einen anderen Holländer deutsche Texte verfasst: Herman van Veen. Und für die Geschichte, wie es dazu kam, muss Thomas Woitkewitsch weit ausholen. Seinen ersten Job bekam er noch als Student bei der Bavaria in München, als Referent des Unterhaltungschefs. Mit dessen Nachfolger Alfred Biolek verstand er sich zunächst gar nicht.

Doch schnell wurden die beiden engste Freunde, nach dem Wechsel nach Köln wohnte Woitkewitsch sogar eine Zeit lang bei Bio, der Woitkewitschs Trauzeuge wurde. „Vieles in meinem Leben war Glück, manchmal war ich ganz gut, aber die Hauptsache war er!“

Für eine TV-Reihe über die holländische Kleinkunstszene reiste Woitkewitsch im Auftrag von Biolek durch die Niederlande – ohne die Sprache zu sprechen. „Beim Wortkabarett war es auffällig, weil sich links und rechts von mir die Leute wie ein Weizenfeld im Sturm vor Lachen krümmten – und ich nicht.“

Milva war wie „sechs Richtige im Lotto“

Ein holländischer Mitarbeiter machte Roh-Übersetzungen auf Englisch. Als es dann später darum ging, die Nummern für den WDR ins Deutsche zu übertragen und Woitkewitsch niemanden fand, sagte Biolek „Dann machst du das halt!“ Darunter waren auch zwei Nummern für Herman van Veen. So entstanden eine enge Arbeitsbeziehung und eine enge Freundschaft. Und Woitkewitsch lernte so gut Holländisch, dass er auch die Bücher von van Veen übersetzen konnte.

Und dann kam Milva: „Sie war für mich wie sechs Richtige im Lotto!“ Als deren Plattenfirma Ende der 70er Jahre nach einem Autor suchten, sprachen sie Thomas Woitkewitsch an.

Das erste gemeinsame Projekt: Lieder von Mikis Theodorakis. „Aber ich hatte nur instrumental Aufnahmen, die Theodorakis mir geschickt hatte. Ich wusste aber nicht, worüber ich schreiben sollte.“ Also fuhr Woitkewitsch nach Mailand und „interviewte“ die Sängerin, ließ sie von ihrem Leben erzählen. „So sang Milva Dinge, die sie zum Teil wörtlich gesagt hat.“ Auch hier agierte Biolek mit unterstützender Hand: „Nach ihrem Auftritt in ,Bio's Bahnhof' hatten wir im Nu 500 000 Platten verkauft – das war damals Gold!“

Dabei blieb es aber nicht. „Nach ein paar Platten mit Milva wusste ich nicht mehr, worüber ich schreiben sollte.“ Für das kommende Album fehlte noch ein Text. „Der Produzent Klaus Ebert holte mich nach Berlin, und im Hotel sagte er mir: Wir brauchen diesen letzten Text, Milva hat nur morgen früh Zeit, das Lied einzusingen, danach ist sie für ein halbes Jahr in Japan. Sprach's und schloss mich im Zimmer ein.“

Mehr als 1000 Texte geaschrieben

Auch nach Stunden war Woitkewitsch nichts eingefallen. „Um Mitternacht ging ich ins Bad, wusch mir das Gesicht, guckte mich im Spiegel an und dachte „Ich hab' keine Angst, mich kriegt keiner klein – das sag' ich so lang, bis ich's selber glaube.“ Ein halbe Stunde später war der Text fertig.

Es müssen wohl mehr als 1000 Liedtexte sein, die auf sein Konto gehen. „Eine schreckliche Zahl – und sehr viel Schrott.“ Aber auch sehr schöne Nummern für Wencke Myhre und Katja Ebstein.

Spätere Versuche mit jüngeren Künstlern hauten nicht hin. „Wenn die von Liebe singen – das habe ich alles gehabt, das juckt mich nicht mehr!“

Allerdings: „Irgendwann ging das Telefon, ein Kollege meldete sich, der gerade bei ,Rock am Ring' war: Du, die spielen hier dein Lied! Es gab eine Coverversion von Creme 21 von ,Wann wird's mal wieder richtig Sommer?' – und 50 000 haben mitgesungen.“ Ein Telefonat, das er nicht vergisst.

„Das Schönste ist, wenn man feststellt, dass man die Lieder nicht nur für eine begrenzte Zeit geschrieben hat. Die älter werden, als viele geglaubt haben und den Zeitgeist überstanden haben. Fallen ihm immer noch Texte ein, wenn er Musik hört? „Sehr oft – zumindest die Zeile und ich denke, das wäre es jetzt! Das hört auch nie auf!“