Plácido Domingo begeistert bei seinem Auftritt in der Kölner Philharmonie. Trotz Stimmaussetzer wird er vom Publikum bejubelt.
Tausendsassa der KlassikszeneTenor Plácido Domingo in der Kölner Philharmonie zu Gast
Mit stehenden Ovationen begrüßten die Opernfans den legendären Tenor Plácido Domingo in der gut besetzten Kölner Philharmonie. Im festlich ausstaffierten Rahmen befrackter Orchestermusiker und einem Dirigenten im Gehrock wirkte der noch perfekter herausgeputzte Madrilene Domingo wie ein Heilsbringer, Symbol besserer Zeiten, Abgesandter der „Three Tenors“, die weltweit auch die Randgebiete der Klassikfreunde im Sturm eroberten. Die geliebte sonore Tenorstimme hatte der Star allerdings in Köln daheim gelassen – was den kolossalen Jubel nur bedingt dämpfte.
Es ist ja ganz vordergründig die besondere Aura dieses Ausnahmekünstlers, die ein Treffen im intimen Rahmen einer Philharmonie zu einem ganz besonderen Event mit Spitzenpreisen erhebt. Der Sonderling Domingo besticht durch seine Eignung sowohl für das Show-Entertainment als auch für die wertvollen kulturellen Aufgaben.
Mit mehr als 150 einstudierten Opernrollen, mit seiner Arbeit als Opern-Intendant, als Dirigent und als Jugend-Förderer stellt er den Tausendsassa der Klassikszene dar, auch in den sehr gelungenen Opernverfilmungen von Franco Zeffirelli. Soviel Schaffen benötigt Zeit – Domingo feiert in wenigen Tagen den 84. Geburtstag.
Gala-Programm für Köln mit Nordwestdeutscher Philharmonie einstudiert
Die Nordwestdeutsche Philharmonie hatte sich für die ehrenvolle Aufgabe bereit erklärt, mit dem Weltstar und dessen Leibdirigenten Jordi Bernàcer das Gala-Programm für Köln einzustudieren. Mit Becken-Zischen und Pauken-Donner in der Ouvertüre zu Bellinis „Norma“ gestartet, zeigten sie ihre große Spielfreude besonders in den Kastagnetten-knackigen spanischen Zwischenspielen.
Domingo, der sich seit Jahren als Sänger auch auf Baritonrollen konzentriert hat, stellte sich in Gordanos „Andrea Chénier“ in der tieferen Stimmlage vor: zunächst mit Wärme und angenehmem Timbre im vertrauten Parlando. Doch spätestens beim ersten „Kuss“ fiel der ausgewiesene Vertreter hoher Stimmkultur der berüchtigten Stütze durch Druck zum Opfer.
Plácido Domingo lächelt Stimmaussetzer souverän weg
Aber der Star hatte sich mit María José Siri und ihrem hoffnungsgrünen Kostüm eine Partnerin geladen, die in ihrer Auftrittsarie in der Rolle als bescheidene Magd die Worte „meine Stimme ist ein Hauch“ im dreifachen Forte schmetterte – und damit signalisierte, wer – auch als Tosca - die Stimmführerin des Abends sei. In Duetten in den bezaubernd leichten Zarzuelas, einer rhythmusbetonten leichteren Form des Musiktheaters, die der Spanier Domingo protegiert, operierte das Solistenpaar ausgeglichen.
Da deutete der Sänger als Torero auch Ausfallschritte an, für eine Operetteneinlage zu Lehárs „Lippen schweigen“ drehten die beiden Walzerrunden, das mag das Publikum. Dass dem Sänger im „Land des Lächelns“ und auch in „Granada“ die Stimme wegblieb, mag vielleicht an dem Tenor-unfreundlichen rheinischen Wetter gelegen haben. Er lächelte es charmant weg – und das Publikum liebte und feierte ihn doch.