Tanz Köln im Depot 1: Erstmalig in Deutschland zeigt Choreograph Botis Seva seine Inszenierung „Until we sleep“.
Tanz KölnDer britische Choreograph Botis Seva zeigt die verletzten Seelen suchender Heimatloser
Dschungelgeräusche, fahles Licht, Menschen erscheinen, ein Explosionsgeräusch, herunterprasselnde Erde, Dunkelheit. Das Intro lässt die Besucher eintauchen in ein Leben voller Angst und Unsicherheit. Ein hoher „Zaun" aus beleuchteten Röhren deuten ein nur unter Gefahren überwindliches Hindernis an. Die Menschen bleiben Schatten.
Der Tanzabend im Mülheimer Depot 1 des Schauspiel Köln zeigte am Samstag erstmalig die Kunst eines bemerkenswerten Neulings in der britischen Tanzszene. Botis Seva präsentierte „Far from the Norm: Until we sleep" auf der Bühne an der Schanzenstraße erstmalig in Deutschland. Die Wurzeln der Familie des in London geborenen 33-Jährigen liegen im afrikanischen Angola. In seinen Bühnen-Geschichten und Choreographien lässt er Rhythmen und Tanzstile aus dem Land seiner Mutter immer wieder einfließen, vereint sie mit der Moderne der Straße.
Traumatische Erlebnisse in der Jugend
Seva entdeckte früh die Chance, wie er selbst äußerte, seine teils traumatischen Diskriminierungserlebnisse in seiner Jugend durch Kunst und Bewegung zu „heilen". Er selbst kommt aus der Szene der Straßen- und Club-Tänze des Popping, Breaking und Krump. Die Fusion der unterschiedlichen Stile und Tanzkulturen macht seine Aufführungen so spektakulär.
Die Geschichte, die Seva und seine außergewöhnlichen Tänzerinnen und Tänzer dem Publikum am Samstag erzählen, bleibt im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln. Schauplatz ist ein umkämpfter Ort eines afrikanischen Staates. Die Menschen sind bedroht, versuchen zu fliehen, können es aber nicht und werden immer wieder eingeholt von ihrer anscheinend ausweglosen Lage. Seva verstärkt dieses Gefühl mit teils ohrenbetäubenden Rhythmen. Die vor Schmerz und Angst zuckenden Gestalten erscheinen und verschwinden wieder im Nichts. Im Zentrum steht eine Frau, die offensichtlich auf der Suche nach Sicherheit und Seelenheil ist. Alles löst sich im dunklen Nebel auf und ihre Suche bleibt erfolglos.
Dass am Ende Tänzer und Choreograph zum verdienten Applaus nicht auf der Bühne erscheinen, gehört zum Stück: ein Affront gegen das westliche Establishment – sprich die Kolonialmächte, die diese Menschen durch ihre Taten und Politik entwurzelt haben.