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Sehenswerter „Tatort“Professor Boerne muss sich seiner Vergangenheit stellen

Lesezeit 3 Minuten
Tatort Münster Lakritz 1

Kommissar Frank Thiel (Axel Prahl, links) und Prof. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers, rechts) in der traditionellen Münsteraner Lakritz-Manufaktur Maltritz

Die eigene Jugend verklärt man in der Rückschau ja gerne. Wie schwierig die Pubertät war, wie groß die Kämpfe mit sich und anderen, wie anstrengend die eigene Unsicherheit, all das blendet man aus und will es am liebsten vergessen. Da ist auch Professor Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) keine Ausnahme. Doch im neuen „Tatort“ aus Münster muss sich der Mediziner seiner Vergangenheit stellen.

Und das hat mit der titelgebenden Lakritze zu tun. Eben diese Nascherei hat – mit Zyankali versetzt – den Münsteraner Marktmeister Wagner am Tag nach der Feier zu seinem Dienstjubiläum ins Jenseits befördert. Seit 40 Jahren machte er den Job – und hatte sich in der Zeit eine schier unüberschaubare Anzahl von Feinden verschafft. Denn Wagner nutzte seine Macht, begehrte Standlizenzen zu verteilen, und sein Wissen über die Fehltritte der Honoratioren der Stadt gnadenlos aus.

Junger Boerne ist linkisch

Professor Boerne wird beim Duft der Lakritze allerdings erst einmal in die eigene Vergangenheit katapultiert. Dass Gerüche stark mit Erinnerungen verknüpft sind, ist ja allgemein bekannt. In einem fast schon psychedelisch anmutenden Farbstrudel, den Regisseurin Randa Cahoud sehr schön inszeniert, reisen Boerne und die Zuschauer also in die Pubertät des heute scheinbar allwissenden Rechtsmediziners. Und wir sehen einen schon damals besserwisserischen, aber auch ziemlich linkischen Teenager (sehr schön gespielt von Vincent Hahnen), der der zwei Jahre älteren Tochter des örtlichen Lakritz-Herstellers Maltritz Nachhilfe geben sollte.

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Die Episode wurde für den jungen Karl-Friedrich zum Desaster, die damit endete, dass er mit der von ihm angebeteten Monika auf dem Dachboden die Leiche ihrer Mutter fand. Angeblich Selbstmord, was Karl-Friedrich allerdings nicht so recht glaubte. Genau diese Ereignisse hat er nun wieder vor Augen, als die Ermittlungen ihn und Frank Thiel (Axel Prahl) zu eben jener Lakritz-Manufaktur führen, wo Monika (Annika Kuhl) noch immer arbeitet.

Münsteraner „Tatort“ ist diesmal kein Klamauk

Der „Tatort“ aus Münster hat eine große Fangemeinde, tat sich allerdings in den vergangenen Jahren häufig schwer, die richtige Balance aus Klamauk und Krimi zu finden – und scheiterte allzu oft an dieser Aufgabe. Bei „Lakritz“ hat Autor Thorsten Wettcke aber viel richtig gemacht. Die Vergangenheitsbewältigung und Charakterstudie Boernes nimmt er trotz der üblichen Frotzeleien mit Thiel ernst. Und auch die Beziehung der beiden erhält neue, sehenswerte Facetten. Die Krimihandlung ist zwar nicht sonderlich spannend, aber auch nicht nur Mittel zum Zweck.

Die Mischung stimmt bei „Lakritz“, auch wenn etwa Thiels grundloser Gesundheitstrip etwas arg unmotiviert daher kommt. Aber abgesehen von solch kleinen Schwächen ist dieser Film endlich mal wieder ein sehr unterhaltsamer und gelungener Krimi aus Münster, der den Fans sicher Spaß machen wird.

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