Am Freitag feiern Lisa-Katrina Mayer und Nikolaus Benda Premiere am Schauspiel Köln mit „Die Katze auf dem heißen Blechdach“.
Südstaaten-Drama auf moderner Bühne„Die Katze auf dem heißen Blechdach“ wird im Schauspiel Köln neu interpretiert
Starten wir mit einer Schnellfragerunde: Katze oder Hund?
Nikolaus Benda: Hund.
Lisa-Katrina Mayer: Vor dem Stück habe ich immer Hund gesagt, aber jetzt ändere ich meine Meinung noch einmal.
Heiß oder kalt?
Benda: Heiß.
Mayer: Dann sage ich kalt.
Elizabeth Taylor oder Paul Newman?
Benda: Paul Newman. Aber Liz Taylor ist schon eine Liga für sich. Newman auch, aber nicht so wie sie.
Mayer: Sie sind einfach eine geile Combo. Wenn ich darf, nehme ich beide.
Sie kannten sich vorher nicht, wie nähert man sich, wenn man plötzlich ein so belastetes Paar spielt?
Mayer: Wenn ich mit neuen Kolleginnen und Kollegen zusammentreffe, egal, in welcher Beziehung man auf der Bühne zueinandersteht, ist die Annäherung erst einmal sehr kostbar, vorsichtig, aber auch mit viel Humor. So wie bei uns von Anfang an viel Humor im Spiel war.
Benda: In unserem Beruf trifft man ja immer wieder neu auf Menschen. Jetzt finde ich es schön, den Leuten, die im Ensemble neu dazugekommen sind, einen schönen Empfang zu bereiten. Aber natürlich lebt der Prozess auch von einer besonderen Spannung, die man auf einer kollegialen Ebene hat und die dann in die Figuren rüberwandert. Gerade bei zwei sich so umkämpfenden Tieren.
Das Stück wird angekündigt als „Lebenslügendrama“.
Mayer: Das würde ich definitiv unterschreiben. Alle Figuren tragen eine Lebenslüge in sich. Aus meiner Perspektive als Maggie sehe ich die große Diskrepanz zwischen dem, was man sich eingebildet hat, was man für ein Leben führen wollte und dem, wie weit man sich davon entfernt hat. Man hat den Knall nicht gehört und jetzt ist er so laut dröhnend, dass man das alles gar nicht mehr zusammenbringt. Maggie hat das hart gemacht, aber, und das finde ich so beeindruckend an dieser Figur, sie gibt den Kampf nicht auf.
Benda: Der Umgang mit den vielen kleinen Entscheidungen, die man getroffen oder nicht getroffen hat, und der Kampf mit der Definition seiner selbst ist ein starkes Thema.
In der Filmversion wird nur angedeutet, dass Brick in seinen Sport-Kollegen Skipper verliebt ist. Im Anschluss an die Vorstellung ist etwa ein Gespräch mit dem FC-Fanclub Andersrum Rut-Wiess geplant. Geht die Inszenierung also weiter?
Benda: Tennessee Williams schreibt mitten im Stück fast eine ganze Seite über dieses Drama der Dreierkonstellation – aber er gibt keine genaue Antwort darauf, ob etwa der Konflikt zwischen Brick und Maggie damit zu tun hat, dass Brick ein homosexueller Mann ist, der das nicht leben kann. Aber es gibt so viele Aspekte, die eine Rolle spielen: die Beziehung zum Vater, zur Mutter. Oder dass er damit umgehen muss, dass er als Sportler erfolgreich war und das nicht mehr ist. Es macht ein gutes Stück aus, wenn sich jeder, der drin sitzt, etwas herauspicken kann, wo er sagt: „Das habe ich auch schon erlebt.“ Oder: „Diesen Satz habe ich auch schon gehört.“
Bei der Aktion „Act Out“ vor ein paar Jahren gab es unter anderem die Forderung, dass queere Rollen nur noch queeren Menschen gespielt werden sollten.
Benda: Ich bin sehr solidarisch mit den ganzen Kolleginnen und Kollegen, die sich rausgetraut haben. Aber wenn ich nur erzählen dürfte, was ich in meinem Leben bin, würde ich mich schnell langweilen. Nicht weil mein Leben so langweilig ist, sondern weil ich keine Möglichkeit hätte, über Grenzen zu gehen – in Bereiche zu kommen, die mein Leben bereichern und mich als Schauspieler vielfältiger machen.
Das Stück ist sehr stark geprägt von Werten und der Kultur der Südstaaten der USA der 1950er Jahre. Wie stellt man Bezüge zu einer deutschen Gegenwart her?
Mayer: Unser Regisseur Bastian Kraft hat eine tolle Fassung gemacht und den Text sehr entschlackt und auf die Konflikte konzentriert.
Benda: Von 120 Seiten haben wir nur noch 60.
Das heißt, all das so typische Südstaaten-Süßholzgeraspel ist beiseite geschoben und die Knochen darunter freigelegt?
Mayer: Nah am Knochen...
Benda: ...brutal und heftig.
Maggie wird im Stück als „Katze“ bezeichnet, der Titel „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ basiert auf einem amerikanischen Sprichwort, das sich auf Deutsch nicht sofort erschließt.
Mayer: Ich habe auch viel darüber nachgedacht und es mir bildlich vorgestellt: Katzenpfoten sind sehr empfindlich, und ein heißes Blechdach tut weh, also muss sie sich bewegen. Aber wie lange kann ich es mit Springen und Hüpfen aushalten, um nicht zu fallen?
Ein anderes Thema, das das Stück behandelt, ist der Druck, der auf Maggie aufgeübt wird, weil sie noch kein Kind hat. Man sollte meinen, dass wir 2024 weiter sind.
Mayer: Das sind wir sicherlich, aber noch nicht so weit, wie wir sein wollen. Wenn man als Frau keine Kinder hat, ist da immer irgendwie das Gefühl, dass von außen eine Projektion kommt: da fehlt doch was. Hast du dich dagegen entschieden? Kannst du keine Kinder bekommen? Alles Dinge, die theoretisch erst einmal niemanden etwas angehen. Und man kann nur Fehler machen: Macht man nur den Beruf, ist man karrieregeil. Konzentriert man sich auf die Kinder, ist es auch falsch, und kombiniert man beides, ist man eine Rabenmutter. Weil man also nur alles falsch machen kann, macht es auch wahnsinnig frei. Aber es wäre eine Lüge, zu sagen, dass das nichts mit einem machen würde.
Liz Taylor war 26, als sie die Maggie gespielt hat, Sie sind 36.
Mayer: Ich habe den Text als Monolog gelernt, als ich auf der Schauspielschule war. Und jetzt, all die Jahre später, merke ich, dass das eine ganz andere Schlagkraft hat, als Frau in einer dysfunktionalen Ehe zu leben und einen großen Kinderwunsch zu haben.