Im Düsseldorfer Kunstpalast eröffnet „Farbrausch“ eine Ausstellungsreihe zur Sammlung Willi Kemp.
Sammlung KempKunstpalast in Düsseldorf zeigt Farbfeldmalerei
Es flirrt vor den Augen, die Netzhaut absolviert einen kleinen Stresstest: „Cat walk“ (Laufsteg) heißt das Bild, das der amerikanische Farbfeldmaler Gene Davis im Jahr 1965 wie einen bunten Strichcode anlegte. Es begrüßt gleich zum Auftakt in der neuen Ausstellung „Farbrausch“ im Düsseldorfer Kunstpalast.
Form und Farbe in Wechselwirkung
Für Davis war seine Farbenspiel „Musik für das Auge“. Während Komponisten Melodien durch Zeitabschnitte entwickeln, setzte er farbliche Sequenzen. Die Anordnung der Farben entschied er nach seinem Gespür für Harmonie. „Cat Walk“ dürfte eines der schrägeren Musikstücke gewesen sein.
Die Anregung der Sinne war allen der 30 Künstler, vorwiegend sind es Maler aus den USA und Deutschland, ein Anliegen. Als „Zeichen der Hoffnung“ wertet Kuratorin Felicity Korn die Entwicklung der Farbfeldmalerei in der Nachkriegszeit. Große, monumentale Formate, ein Korrespondieren von Farben und Formen und der Mut zum Neuanfang machte die Kunstrichtung aus.
So zum Beispiel bei Frank Stella, der sich vom rechteckigen Bildformat verabschiedete und zum Beispiel 1963/64 die U-Form, welche die gemalten Linien vorgeben, für seine „Lake City“ wählte. Der Titel des abstrakten Bildes mag etwas in die Irre führen, denn einen Bezug zu einem Motiv stellt das Werk nicht her.
Ursprünge in den USA
Überhaupt ist alles reduziert. Die Ursprünge lagen in den USA, und als es in den 1960er Jahren auch in Deutschland Künstler wie Josef Albers und Heinz Mack gab, die das Thema Farbe in den Mittelpunkt setzten, war der Sammler Willi Kemp quasi ein Mann der ersten Stunde, der das Potenzial gleich erkannte und deutsche, wie amerikanische Positionen sammelte. Darunter Namen wie Yves Klein, Ellsworth Kelly, Winfred Gaul, Gotthard Graubner und Barbara Herbert.
Aber Farbe wird da nicht immer nur aufgetragen. Wulf Aschenborn zum Beispiel klebt collagenartig auf, übermalt, reißt wieder ab. Und am Ende wirkt alles wie ein sonnendurchstrahltes Kirchenfenster.
Kemps ungetrübtes Gespür für Zusammenhänge und starke Positionen ist der große Fundus, mit dem der Kunstpalast jetzt punktet und ein Versprechen einlöst, Kemps Schenkung auch gebührend auszustellen. Das geschieht nun erstmals in der obersten Etage, die nach dem Umbau Premiere feiert. Gut 70 Gemälde und Grafiken der Farbfeldmalerei, die zu 80 Prozent aus der Sammlung Kemp stammen, sind dort thematisch gruppiert. Vorläufer der Kunstrichtung sind zu sehen und Beiträge aus der Gegenwart, es reicht von 1922 bis 2018.
Es ist ein Spaziergang für die Sinne, immer wieder gibt es Durchblicke und Ausblicke in andere Räume, am Ende dürfen die Besucher virtuell sogar selbst mit Farbe spielen. Zwei Tendenzen macht Korn aus. „Es ging einmal um das Formale und die Technik. Dann gab es die Wahrnehmung.“ Ausgehend von der Frage, wie die Bilder und Objekte auf den Betrachter wirken.
Ans Meer katapultiert
Das Emotionale ist in der Ausstellung geradezu greifbar. So malte Heinz Mack 1992 „Mare e Sole“, eine Farbkomposition, die auf das Wesentliche reduziert direkt an den Strand, in das Meer und den Sand katapultiert. Verabschiedet werden die Besucher von Imi Knoebels „Drei Rosen“ von 2007. Aluminiumgestänge- und Platten bilden einen Raum, in dem Rot, Schwarz und Weiß in farblichen Feldern arrangiert sind.
Die Rosen duften nicht, aber die optische Wirkung lässt eine Art Sog entstehen: Man möchte in den farblich inspirierenden Raum eintreten. Einmal im Jahr, verspricht Direktor Felix Krämer, sollen Werke aus der Sammlung Kemp gezeigt werden, deren Schwerpunkte neben der Farbfeldmalerei noch im Informel und der ZERO-Kunst liegen. Bis 30. März, Di bis So 11 – 18 Uhr, Ehrenhof 5-5.