Beyoncé vs. LizzoKritik zu den beiden wichtigsten Alben des Sommers
Köln – Als ich das College geschmissen habe, habe ich die ganze Zeit ,B-Day’ gehört!“ Sängerin und Rapperin Lizzo schwärmte zuletzt erst wieder bei US-Late-Night-Talker James Corden von ihrem Idol Beyoncé.
Und so dürfte sie genauso gespannt sein auf das siebte Album von „Queen Bey“, das jetzt erschienen ist – exakt zwei Wochen, nachdem Lizzo mit „Special“ (Atlantic/Warner) eigentlich schon das perfekte Album für den Sommer vorgelegt hat: 35 Minuten Spaß non-stop, von einer jungen Frau, in deren Songs sich extremes Selbstbewusstsein und Unsicherheit die Hand reichen.
Lizzo posierte für Vorgängeralbum nackt
Lizzo bringt reichlich Kilos auf die Waage – und hat kein Problem, sie in Szene zu setzen: Für das Vorgängeralbum „Cuz I Love You“ posierte sie nackt, im TikTok-Video zu ihrem Hit „Bout damn time“ trug sie ein, sagen wir mal, extrem lässiges Swimming-Pool-Outfit.
Und gleichzeitig macht sie sich in „If you love me“ Gedanken darüber, wie ihr Gegenüber sie so viel leichter lieben könnte als sie sich selbst. Aber zur gegenseitigen Unterstützung gibt es nichts Besseres als die besten Freundinnen („Special“), die auch ein bisschen mehr als nur beste Freundinnen sind („I love you bitch“).
Parallelen zu Beyoncés Platte
Musikalisch ist „Special“ viel leichter und zugänglicher als der Vorgänger. Die Songs sind durchweg zwischen zwei und drei Minuten lang, weniger gerappt als gesungen, es grüßen die Pointer Sisters („Be loved“), ein Malcolm McLaren-Sample verleiht „Bout damn time“ das 70er-Flair der Band Chic.
Parallelen zwischen Lizzos Platte und Beyoncés „Renaissance“ (Columbia/Sony) zeigten sich schon in den Ankündigungen: Es seien ausgemachten Tanzplatten – als Antwort auf die lange Zeit der Abstinenz durch Corona.
Und lustigerweise ist auf beiden Alben „motherfucker“ eines der ersten Worte, die man zu hören bekommt. Aber während man bei Lizzo ein Augenzwinkern zu hören meint, geht Beyoncé knallhart zur Sache – und das eine gute Stunde lang, auf allen 16 Songs.
Musik auf neuem Album düsterer und elektronischer - keine Balladen
Die Musik auf ihrer Tanzfläche ist düsterer, elektronischer – und gespickt mit allerlei Spielereien und Finessen. Aber das Atemberaubende ihrer Stimme setzt die 40-Jährige praktisch nicht ein, Balladen sind gestrichen. Stattdessen wird gerappt, geflucht, bezirzt, gefordert – und gestöhnt.
Und das unter anderem zu einem Sample von Donna Summers „I feel love“, wobei nur der „Oh, it’s so good“-Teil übernommen wird, die von Summer gefühlte Liebe wird ausgelassen. Kann man machen, aber die Sinnlichkeit bleibt auf der Strecke.
180-Grad Drehung von ihrem musikalischen Stil
Natürlich, Beyoncé braucht niemandem mehr etwas beweisen, Selbstermächtigung oder Mädelsfreundschaften hat sie schon auf früheren Alben abgehandelt. Und als Superstar ihres Kalibers muss man sich mit jedem Album neu erfinden, andere Stile ausprobieren, die musikalische Richtung ruhig mal einer 180-Grad-Drehung unterziehen.
Aber irgendwie will sich keine spontane Eingängigkeit einstellen. Und wenn man sich dazu die Texte anhört, stößt man nicht nur auf allzu Explizites.
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Man wird neben manch lustiger Idee („Plastic off the sofa“) mit reichlich schlichten Reimen und einem konstanten Fluss von Slang konfrontiert, der der ansonsten ja eher über-divenhaften Attitüde entgegensteht. Aber schon andere vor ihr sind in der Corona-Zeit auf seltsamen Ideen gekommen. (ah)