Mit seiner einzigartigen Stimme prägte Rod Stewart die Rockszene. Zu seinem achtzigsten Geburtstag zeigt er, dass er noch immer ein großes Publikum begeistern kann.
Rod Stewart feiert 80. GeburtstagDer Mann, der uns fragt, ob er sexy ist
Keine Frage, eine Schönheit ist er nicht. Und die Frisur, egal, ob man sie Ananas oder Vokuhila nennen will, sah nie gut aus. Niemals! In Sachen Kleidung sind über die Jahre viele, sagen wir mal, diskussionswürdige Entscheidungen getroffen worden. Aber keine Frage: Rod Stewart ist eine echt coole Socke, Grinsen, Lausbubencharme und jede Menge Selbstironie inklusive. Nicht zu vergessen diese Stimme, verortet irgendwo zwischen Reibeisen und Kreissäge. Am 10. Januar feiert er seinen 80. Geburtstag und legt mal eine Pause ein zwischen den Konzerttourneen im letzten und in diesem Jahr.
Sein Vater Robert war Schotte, die Mutter Elsie Engländerin. Bevor Rod am 10. Januar 1945 geboren wurde, waren die beiden mit ihren vier älteren Kindern von Schottland nach London gezogen. Als mit acht Jahren Abstand jüngstes Kind wurde er zu Hause verwöhnt, war gut in der Schule, der Vater schenkte ihm die erste Gitarre. Der Grundstein für eine mehr als 60-jährige Karriere.
Rod Stewart: Fußballfan und Frauenliebling
Rod Stewart, das ist auch der Fußball-Fan, die ganze Familie war fußball-verrückt. Und weil er Talent zeigte, sollte Rod zunächst eine professionelle Karriere einschlagen. In seiner Autobiografie erzählt er, dass er nach Testspielen den ersehnten Rückruf nicht erhielt und sich für die Musik entschied – mit einer „typischen Rod-Begründung“: Als Musiker könne er trinken und auftreten, als Fußballer ginge das nicht.
Doch so wie zu Udo-Jürgens-Konzerten der Auftritt im Bademantel gehörte, schießt Rod Stewart jedes Mal einen Schwung Fußbälle ins Publikum – und das mit einer Wucht, dass auch die Fans in den hinteren Reihen oder gar auf den Rängen eine Chance haben, ein solches Souvenir zu ergattern.
Und natürlich ist da Rod, der Womanizer. Seinen diversen Beziehungen entsprangen insgesamt acht Kinder, zur Zeit ist er zum dritten Mal verheiratet. Sicherlich eine der bekanntesten Ex-Freundinnen ist Model Britt Ekland, die sich mit einer recht anzüglichen französischen Passage 1976 im Lied „Tonight’s the night“ verewigt hat.
Rock Stewart zwischen Balladen und Rock
Fehlt also neben Wein, respektive Whiskey, und Weib noch der Gesang. Musikalisch pendelte Stewart lange Zeit zwischen Balladen und kräftigen Rock-Nummern, seine drei besten Alben – „Atlantic Crossing“ (1975), „A Night on the Town“ (1976), „Foot Loose & Fancy Free“ (1977) – sind jeweils unterteilt in eine „schnelle“ und eine „langsame“ Seite.
Und schon der erste Nummer eins-Hit „Maggie May“ (1971) setzte auf sanfte Töne, genau wie Mitte der 1970er „Sailing“, „I don’t want to talk about it“, „The first cut is the deepest“ oder „You’re in my heart (The final acclaim)“ – eine Fußball-Hymne im Walzer-Takt und Tribut an seine Lieblingsvereine Celtic Glasgow and Manchester United.
Dass er bei solchen Nummern haarscharf, aber zielgenau den Kitsch umschifft, liegt sicher an der Inbrunst und Glaubwürdigkeit, mit der er sich all diesen Liedern widmet.
Dabei macht er auch vor unbequemen Themen nicht Halt. In „The Killing of Georgie“ thematisiert er 1975 tödliche Gewalt gegen schwule Männer. Die BBC setzt den Song auf den Index, in Großbritannien erreicht er dennoch oder gerade deshalb Platz 2. Vor einigen Jahren darauf angesprochen, erzählt Stewart, dass er immer noch stolz sei, dieses Lied geschrieben und herausgebracht zu haben.
Rod Stwart zwischen Disco und Ironie
Eine musikalische Kopfnuss gibt er vielen seiner Rock-Fans, als er 1978 auf den Disco-Zug aufspringt. Dennoch, „Do ya think I’m sexy?“ ist sicherlich eines seiner bekanntesten Lieder, das nicht nur durch seine Eingängigkeit, sondern auch dadurch besticht, dass man sich nie sicher sein kann: Meint der das nun ernst oder nicht?
Ebenfalls für Stewart spricht, dass er das dazugehörige Album „Blondes Have More Fun“ nicht komplett auf Disco trimmt. Auch die New Wave-Einflüsse auf den Platten der 1980er bleiben wohlkalkuliert dosiert. Genres werden genutzt, der Zeitgeist bedient, dabei bleiben die Ergebnisse immer „100 Prozent Rod Stewart“. Dafür sorgt schon allein diese Stimme mit dem ungeheuren Wiedererkennungswert. Aber auch die große Musikalität und Offenheit des Sängers.
Als er dann im Jahr 2002, drei Jahre vor seinem 60. Geburtstag, ein Album mit Liedern des Great American Songbooks herausbringt, ist das auf den ersten Blick vielleicht überraschend, aber ein durchaus logischer Versuch. Und einer, der so erfolgreich wird, dass ihm vier weitere Ausgaben folgen.
Spätere Platten werden allerdings recht eklektisch, mal covert er Rock-, mal Soulklassiker, singt Weihnachtslieder und beginnt selbst wieder zu komponieren. Dabei wird nie ein gewisses Niveau unterschritten, aber so ganz schrecklich aufregend ist das alles auch nicht.
Muss es aber auch nicht, wenn man auf so ein üppiges, vielfältiges Werk zurückblicken kann – und immer noch genügend Wumms in der Stimme und Fitness in den Knochen hat, das alles live präsentieren zu können. Trotz zwei überstandener Krebserkrankungen ist er nach eigenen Angaben in Top-Kondition. Dies soll zwar seine letzte Welttournee sein, Höhepunkt wird ein Auftritt beim Glastonbury-Festival. Aber sich ganz zur Ruhe setzen will er wohl noch lange nicht. Recht so, Rod!