Die Sängerin stellt in der Kulturkirche ihr aktuelles, drittes, Solo-Album „You’re the one“ vor.
„You’re the one“Rhiannon Giddens begeistert bei Konzert in der Kulturkirche
Inmitten ihrer fünf dunkel gekleideten Musiker setzt sie leuchtende Akzente in Pink und Flieder. Mit einem strahlenden Lächeln betritt sie um kurz nach 20 Uhr die Bühne. In der Hand eine Tasse, die sie nur eben kurz absetzt, um dann zum Banjo zu greifen und mit bloßen Füßen den Takt fürs erste Stück vorzugeben. Wenn Rhiannon Giddens mit ihrer Band in der Kulturkirche spielt, ist das wie Nachhausekommen.
Für die 46-jährige Sängerin, Komponistin und Instrumentalistin ebenso wie für ihr treues Publikum. In den Kirchenbänken ist kein Platz mehr frei, auch in den Gängen und im Eingangsbereich staut es sich. Schon oft ist sie hier aufgetreten, diesmal stellt sie ihr aktuelles, drittes, Solo-Album „You’re the one“ vor. Aber in knapp zwei Stunden (mit Pause) bleibt auch noch viel Platz für Traditionals wie das kreolische „Dimanche après-midi“ oder Cover-Songs von Sister Rosetta Tharpe und The Carter Family.
Rhiannon Giddens stellt drittes Solo-Album vor
In Gänze ist das wie eine Musik gewordene Visitenkarte für die Vielseitigkeit dieser Künstlerin und ihrer wunderbaren Kollegen. R & B, Jazz, Cajun, Country, Gospel, Irish Folk und Funk – alles dabei. Beim mitreißenden „Brigg’s Forró“ vermählen sich gar Banjoklänge von 1855 mit brasilianischer Folklore, der der 1936 geborene Hermeto Pascoal neues Leben einhauchte. In Songs wie „Come love come“ spürt Giddens der afro-amerikanischen Geschichte nach, die zu Teilen auch ihre eigene ist. Sie erzählt darin von der Zeit der Sklaverei, von Geschehnissen, „über die wir nicht sprechen, weshalb es umso wichtiger ist, darauf zu blicken.“
Und wenn sie über „Another wasted life“ singt, das mit einem Intro in James Bond-Manier beginnt, kann man sich, bei diesem Glanz, dieser Dichte und Stimmgewalt durchaus vorstellen, dass sie in Shirley Basseys Fußstapfen treten könnte. Aber nicht mit diesem Stück, das vom Schicksal des afroamerikanischen Jugendlichen Kalief Browder inspiriert wurde. In den USA unschuldig und ohne Prozess verurteilt, war er drei Jahre lang auf einer Gefängnisinsel eingekerkert, zwei davon in Einzelhaft. Wieder in Freiheit, nahm er sich das Leben: „Es brach mir das Herz, als ich davon las.“