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„Porträt Alexander Melnikov“Besondere Momente der Kammermusik-Topklasse

Lesezeit 2 Minuten
Starpianist Alexander Melnikov.

Starpianist Alexander Melnikov spielte mit Musikfreunden Isabelle Faust (Geige) und der Jean-Guihen Queyras (Cello) ein Spätwerk von Elliott Carter.

Philharmonie-Konzert der „Porträt-Reihe Alexander Melnikov“ widmet sich Elliott Carter. Begleidet wurde der Starpianist von der deutschen Geigerin Isabelle Faust und dem französischen Cellisten Jean-Guihen Queyras.

Stolze 103 Jahre war Elliott Carter alt, als er seine „Epigrams“ für Klaviertrio komponierte. Das war in seinem Todesjahr 2012. Selbst in diesen zwölf Miniaturen zeigt sich der Erneuerer der US-amerikanischen Musik angriffslustig. Die drei Instrumente kommen kaum zusammen. Sie scheinen eher zu streiten, wer der größte Hahn im Korb ist.

Zu erleben war Carters Alterswerk in einer bemerkenswerten Matinee. Es spielte das Trio um den in Moskau geborenen Pianisten Alexander Melnikov, dem die Philharmonie eine Portrait-Reihe widmet. Dieses Konzert hieß „Melnikov & Friends“. Mit dabei die deutsche Geigerin Isabelle Faust und der französische Cellist Jean-Guihen Queyras. Das europäische Weltklasse-Trio symbolisiert eine russisch-deutsch-französische Freundschaft.

Um Carters aufrüttelndes Werk stellte das Ensemble zwei romantische Großkaliber, zunächst Robert Schumanns zweites Klaviertrio. Das wurde recht ungewöhnlich interpretiert, vor allem wegen Fausts biegsam-nervösem Geigenton. Das Vibrato dosierte sie eher sparsam und servierte die Melodien gerne mit „bauchigem„ Bogenstrich. Beides passt eher zur Alten Musik.

Da auch Cellist Queyras diese Spielweise mitunter übernahm, klang der dritte Satz aus Schumanns Trio wie Barockmusik. Melnikovs pointiertes Klavierspiel komplettierte das gewünschte Ergebnis.

Natürlich war Schumann ein großer Bach-Fan, aber sein Trio hat auch seine emphatischen und klangsatten Momente. Diese wurden insgesamt gebändigt. So klang die Musik mal federleicht, mal ruppig, aber immer angespannt. Schumann als „romantischer“ Unruhegeist.

Krasser Umschwung zum hochdramatischen Finale

In Johannes Brahms erstem Klaviertrio in der späten Fassung von 1890 war das nicht anders. Im balladesken Kopfsatz mischte Queyras zwar noch eine schöne Cellowärme hinein. Doch der langsame Satz begann aschfahl im Streicherklang. Er wurde geradezu quälend buchstabiert wie eine depressive „Geistermusik“. Umso krasser der Umschlag zum hochdramatisch gespielten Finale. So lag über allem der Zug zum Neuentdecken einer angeblich so bekannten Partitur.

Melnikov protzte übrigens nie mit seinem Können, das aus seinen Fingern hervorblitzte. Auch balancierte er seinen Flügel gut mit Geige und Cello aus. Sein bei Brahms dominant angelegter Klavierpart wirkte nie zu laut. Zuletzt richtete er ein knurriges „Guten Morgen“ ans Publikum und kündigte die Zugabe an: den zweiten Satz aus Schumanns drittem Klaviertrio. Auch darin wurde die Vortragsbezeichnung „Ziemlich langsam“ absolut ernst.