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Oper KölnAschenputtel tanzt im Broadway-Musical

Lesezeit 3 Minuten
Premiere La Cenerentola mit
Adriana Bastidas-Gamboa als Aschenputtel.

Adriana Bastidas-Gamboa singt das Aschenputtel in Rossinis "La Cenernetola" an der Oper Köln

Gioacchino Rossinis "La Cenerentola" ist die Geschichte vom Aschenputtel, die in der Neuinszenierung als Broadway-Musical tüchtig an Fahrt aufnimmt.

Die Neuinszenierung des Bühnenhits „Aschenputtel“ fegt mit harten Besenborsten den Staub aus dieser letzten komischen Oper des italienischen Lebemannes Gioacchino Rossini. Die junge italienische Regisseurin Cecilia Ligorio, in ihrer Heimat auf allen großen Bühnen ein Dauererfolg, siegte bei ihrem Deutschland-Debüt im Kölner Staatenhaus mit schlauem Konzept und einem hochmotivierten Ensemble.

Zwei Kammermusikbühnen

Ligorios Regie integriert gern auch Tanz-Performance, seit einem Jahrzehnt arbeitet sie mit der US-Choreografin Daisy Ransom Phillips zusammen. Beide entdeckten in dem Märchenstoff „La Cenerentola“ den Tanz als Konfliktlösung und versetzten das Stück aus alter Zeit auf die leidenschaftliche Amüsiermeile der frühen Musical-Kultur am Broadway.

Dazu mutierte der ursprüngliche Prinzen-Lehrer und Strippenzieher Alidoro zum Broadway-Literaten. Die Bühne teilen sich nun Macher und Gemachte, links der Autor am Schreibtisch – die Geigensaiten nageln 1/16-Ketten wie Schreibmaschinenrattern -, rechts die bornierte Familie des Don Magnifico mit ihrem Aschenputtel.

Zwei Kammermusikbühnen stehen hinter dem Orchestergraben, optimale Rampen-Position für die anspruchsvolle Musik. Matteo Beltrami steht hinter dem Dirigierpult, singt alle Texte auswendig mit und koordiniert die Bühne und sein sehr aufgewecktes Orchester.

Achterbahnfahrt der Zungenbrecher

Rossini übertrifft sich selbst in den Arien und Ensembles, und die frappierende Wirkung dieser Zungenbrecher- Achterbahnfahrten stellt sich bei gewagtem Hochtempo besonders massiv ein – und wirkt dann selbst schon wieder komisch.

Witzig erscheint auch die Diskrepanz zwischen Aufwand und Effekt: Höchste technische Ansprüche an die Geläufigkeit der Gurgel und entsprechend an die Orchestersolisten dienen dem Selbstzweck. In den Ensembles verlangen sie geradezu artistische Fähigkeiten, die ineinander knapp verzahnten Einsätze und Ausbrüche zu synchronisieren.

Auch deshalb kauerte im Souffleuse-Kasten eine Dame mit Dirigierstab ganz nah bei den Sängern. Und auch die manchmal wild artikulierende Pianistin Theresia Renelt saß für ihre gekonnte rezitativische Begleitung am Hammerflügel direkt am Bühnenrand. Dem Schreiberling selbst assistieren zunächst sechs Tänzer bei seinem Geschäft, die seine Routineabläufe zwischen Schreibplatz, Cognac-Flasche und Aschenbecher wie in den Kindertagen des Films in Einzelbilder auflösen, eine bewegte Dauerschleife erzeugen wie einst das Daumenkino.

Der spätere Ball auf geweiteter Bühne birgt unaufdringlich, aber trotzdem effektiv die Stunde der Tanzmeister, da lassen sie tanzen und schwenken die Protagonisten ins Licht. Ihre Showtreppe trifft natürlich zunächst die wunderbare Adriana Bastidas-Gamboa, deren Titelrollen-Schönheit in der Ball-Szene den gesamten Männerchor ohnmächtig niedersinken lässt.

Betörender Mezzo des Guten

Sie hatte bereits in einer „halb-konzertanten“ Kölner Opernproduktion diesen Effekt ausgelöst und auch damals gesanglich begeistert. Aber jetzt in ihrer finalen Koloratur-Schlacht, als Botin der Güte und des Guten, betörte ihr Mezzo besonders. Als Nebensonne und böser Antipode entpuppte sich Omar Montanari als aufgeblasener daueralkoholisierte Don Magnifico, der als unfreiwilliger erster Trottel bravourös sang und spielte.

Ihn präsentierten die Tänzer im Ballsaal virtuos auf tanzenden Tischen. Zwischen diesen Charakteren tummelten sich bezaubernd aufgedrehte Töchter (Jennifer Zein und Charlotte Quadt), ein quirliger Dandini (Wolfgang Stefan Schwaiger) und ein schüchterner Prinz Don Ramiro (Pablo Martinez).

Auf der Seite des Guten blieb Christoph Seidl als Autor Alidoro, dessen neue Rolle jetzt letztlich das Ende der bekannten Story bestimmte. Denn Rossinis Librettist Jacopo Ferretti vermeidet jede Rache und versöhnt die Familie – auch in unseren Tagen ein wirklich märchenhaftes Finale.

Drei Stunden mit Pause, wieder am 21./23./25./27./29./31.12.22 und 4./6./8.01.