TV-Doku „Neue Rechte Welle“Muslimische Journalistin besucht Neonazi-Konzert
Themar – Nemi El-Hassan ist 22 Jahre alt. Sie ist Muslimin und trägt Kopftuch. Die junge Frau studiert Medizin und arbeitet aber auch als Journalistin. In der Dokumentation „Neue Rechte Welle“ sieht man sie nun umringt von glatzköpfigen, stämmigen Männern. Sie tragen T-Shirts mit Aufschriften wie „I love HTLR“, „Afrika Korps“ oder „HKNKRZ“. Die Doku ist für das ARD- und ZDF-Onlineformat „Jäger & Sammler“ entstanden, welches investigativen Journalismus betreibt.
Entstanden sind die Aufnahmen auf dem vom ehemaligen NPD-Kandidaten Tommy Frenck organisierte „Rechtsrock“-Festival in der südthüringischen Kleinstadt Themar (3000 Einwohner). Mit 6000 Rechtsgesinnten, die Mitte Juli dem Ruf Tommy Frencks gefolgt sind, war die Veranstaltung eine der größten Neonazi-Versammlungen in Deutschland in der jüngeren Vergangenheit.
Dass sie provoziert, ist ihr bewusst
„Rock gegen Überfremdung“ lautet das Motto des Konzerts. El-Hassan nimmt dies zum Anlass, einen sich selbst als „bekennenden Nationalsozialisten“ bezeichnenden Mann zu fragen, ob er sich überfremdet fühlen würde. Natürlich antwortet der stämmige Mann mit Kahlhaarfrisur mit „Ja!“.
El-Hassan provoziert die Besucher der Versammlung. Sie tritt mit Kopftuch auf, für alle ist sie als Muslimin erkenntlich. Viele gehen an ihr vorbei, ohne sie anzuschauen, oder mit ausgestreckten Mittelfingern. Andere halten sich demonstrativ Flyer und Mappen vor das Gesicht.
Ex-AfD-Politiker involviert
Auf der Youtube-Seite der Sendung ist ein Interview zwischen dem Organisator Tommy Frenck und der Journalistin zu sehen, gedreht in seinem Gasthaus, einem bekannten Treffpunkt für Neonazis deutschlandweit.
Im Interview fällt bei der Frage, ob sie als geborene Deutsche mit Wurzeln im Libanon berechtigterweise hier lebe, auf, dass Frenck offenbar genau weiß, wie weit er mit seinen provozierenden Äußerungen gehen darf – und ab wo es rechtlich für ihn brenzlig wird. Er sei nicht in der Position darüber eine Entscheidung fällen zu dürfen, er wolle ja keine Amtsanmaßung betreiben, antwortet er zunächst ausweichend.
El-Hassam hakt nach: „Sie haben ja auch eine Meinung als Mensch dazu.“ Darauf Frenck: Wenn sie in seiner Vision von einem Deutschland mit ein bis zwei Prozent Ausländerquote zu eben diesen gehören würde, sei sie für ihn „in Ordnung“.
Ein bisschen Zusammenleben mit Menschen, deren Familien Wurzeln in anderen Ländern haben, scheint also für den NPD-Politiker Frenck in Ordnung. Nur wieviel bleibt offen. Frenck hat die englische Übersetzung des Wortes „Arier“ auf den Hals tätowiert. Ob der „arische“ Gastwirt Tommy Frenck sich wohl darüber freuen würde, wenn die kopftuchtragende Muslima Nemi El-Hassan öfter mal auf einen Apfelsaft in seine Kneipe kommen würde, ist in diesem Zusammenhang eine spannende Frage.
Die gesamte Dokumentation ist auf Facebook zu sehen.