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Neue Nationalgalerie BerlinWerkschau zum 75. Geburtstag von Isa Genzken

Lesezeit 3 Minuten
Das Werk „Der junge Gewichtheber“ (2004, Plastik, Holz, Spiegelfolie, Farbspray) von Isa Genzke.

Ausstellung ‚Isa Genzken. 75/75‘ in der Neuen Nationalgalerie.

Die Neue Nationalgalerie Berlin zeigt eine Jubiläumsschau zum 75. Geburtstag der Bildhauerin Isa Genzken.

Eine acht Meter hohe pinkfarbene Rose mit grün patiniertem Stiel vor dem Eingang zur Neuen Nationalgalerie gehört derzeit zu den beliebtesten Fotomotiven der Hauptstadt. Sie bildet das spektakuläre Entree zur Geburtstagsschau „Isa Genzken 75/75“, die mit einem opulenten Querschnitt durch das Werk der am 27. November 1948 geborenen Bildhauerin aufwartet. 75 Werke aus allen Schaffensperioden seit den 1970er Jahren sind in der gläsernen Halle des Museumsbaus von Mies van der Rohe versammelt.

In dem chronologisch angelegten Parcours spiegelt sich die enorme Vielseitigkeit der ebenso eigensinnigen wie innovativen Künstlerin wider, die mit unterschiedlichsten Materialien arbeitet: Holz, Beton, Stahl, Plastik, Pappe, Spiegel, Stoff und Klebebänder kommen zum Einsatz, wenn Isa Genzken formt, baut, montiert und drapiert. Dabei arbeitet sie sich entlang an der eigenen Biografie ab, verhandelt gesellschaftlich relevante Themen. Trotz der Heterogenität der Skulpturen ist ihre Affinität zu Architektur und Städten unübersehbar.

Werke im Dialog mit der offenen Architektur

Am Anfang der Ausstellung stehen elegante Ellipsoiden und Hyperboloiden, schlanke, in aufwendiger Handarbeit gefertigten Holzskulpturen, die auf dem Boden ruhen und vom US-amerikanischen Minimalismus beeinflusst sind. Den Gegensatz dazu bilden die improvisiert wirkenden Gipsskulpturen, zu denen auch der „Müllberg“ gehört.

Die legendären „Weltempfänger“ aus Beton mit ihren langen Antennen symbolisieren den Kontakt zur Außenwelt, sind Vermittler zwischen Sender und Empfänger. „Mein Gehirn“, ein amorpher Betonklumpen, aus dem ein dünner Draht ragt, ist als Selbstporträt zu verstehen.

Nofretete von Isa Genzken.

Isa Genzkens Nofretete.

An moderne Hochhaus-Architektur erinnern die kubischen Betonformen, Bauteile und Abgüsse von Fassaden, die auf fragilen Podesten platziert eine starke Präsenz ausstrahlen. Die Werkreihe „Fenster“ , für die Isa Genzken 1991 erstmals durchsichtiges Epoxyd verwendet, in dem das Stahlskelett sichtbar bleibt, garantiert ihr einen hohen Wiedererkennungswert.

Der Paravent „Venedig“, die Skulptur „X“ und weitere Arbeiten der Serie treten dabei in einen Dialog mit der offenen Architektur des von allen Seiten einsehbaren Ausstellungsraums, in dem sich Innen- und Außenwelt, Intimität und Öffentlichkeit fließend miteinander verbinden.

In den Säulen/Stelen, die die Bildhauerin zwischen 1994 und 2003 schuf, drückt sich ihre Bewunderung für berühmte New Yorker Gebäude aus. In Gruppen installiert, kann man die oft mit Fotos und holographischen Spiegelfolien beklebten Skulpturen umrunden und durchschreiten, als unternehme man einen Stadtspaziergang, bei dem man mit unterschiedlichsten Eindrücken konfrontiert wird.

Bildhauerin Isa Genzken.

Bildhauerin Isa Genzken.

Das Interesse für Architektur zeigt sich auch in den aus Glasplatten in verschiedenen Farben zusammengefügten „New Buildings for Berlin“, fragilen futuristischen Gebilden in der Nachfolge des Bauhauses, dessen strenge Ästhetik sie mit der Serie „Fuck the Bauhaus“ konterkariert.

Isa Genzken kombiniert dafür Pizzakartons, allerlei Krimskrams, Zeitungsausschnitte und andere Fundstücke, die mit Klebeband zusammengehalten werden, zu trashigen Assemblagen. Wenig Respekt bringt sie auch Mies van der Rohe entgegen: Seinen berühmten „Barcelona“-Sessel lässt sie mit verrutschtem Lederpolster von der Decke baumeln. Vor der Nofretete, der sie frech eine Sonnenbrille verpasst hat, greifen die Besucher erneut zur Kamera.

Das Schmunzeln vergeht einem dann angesichts der apokalyptischen Visionen, die die Künstlerin bei „Empire/Vampire“ entstehen lässt. Hier hat sie mit Spielzeugfiguren Szenen kreiert, die die Protagonisten in ausweglosen Situationen zeigen. Nicht weniger Unbehagen lösen die „Schauspieler“ aus. Die Schaufensterpuppen, die die Künstlerin oft mit Kleidung und Accessoires aus ihrem persönlichen Besitz ausstattet, hinterlassen einen überwiegend verstörenden Eindruck.


Bis 27. November, Di bis So 10 bis 18 Uhr, Do 10 bis 20 Uhr. Potsdamer Str. 50