Neu im Kino: Die Doku „Ich will alles. Hildegard Knef“ widmet sich dem Leben der Sängerin, Schauspielerin und Autorin, die am 28. Dezember 2025 ihren 100. Geburtstag gefeiert hätte.
Neu im KinoSpannende Dokumentation über Hildegard Knef

Eine Szene aus dem Film „Ich will alles. Hildegard Knef“
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„Ich habe einen Ehrgeiz, werde ihn behalten. Er begleitet mich wie eine Liebe, die gute und schlechte Tage hat.“ Diesen Satz von Hildegard Knef stellt Luzia Schmid ihrer Dokumentation über die Schauspielerin, Sängerin und Autorin voran. Ein Satz, in dem sich ihr Leben, ihr Lieben, die Höhen und die Tiefen kristallisieren.
100 Minuten lang zeigt die in Köln lebende Regisseurin, wie dieser Ehrgeiz die Knef getrieben hat, welche großen Erfolge, welche Misserfolge und welche abstrusen Blüten er getrieben hat.
Die Eckpfeiler der öffentlichen Person Knef sind hinlänglich bekannt: Der erste Kino-Erfolg nach dem Krieg, auf Eis gelegt in Hollywood, der Skandal um die Sünderin, Triumph am Broadway, Karriere als Sängerin selbstverfasster Texte, Bestsellerautorin. Dazu die drei Ehemänner, die Tochter, die Krebs- und später die Schönheitsoperationen. Und all die bekannten Lieder, von denen das mit den „roten Rosen“ das bekannteste ist.
Schmid komponiert aus Fotos, Konzertmitschnitten und unzähligen Fernsehinterviews ein Porträt einer widersprüchlichen Frau. „Ich will den Erfolg und wehre mich“, wird sie an einer Stelle zitiert.
Die Angst hat, auf die Bühne zu gehen, aber es dann liebt, dort zu sein: „Doch dann irgendwo in einer Halle eine Springflut, der den Bühnenboden beben lässt, und die ‚Tötet den Stier‘-Einsamkeits-Arena zerbirst.“
Man hört die kratzig-rauchige Stimme, sieht die dick getuschten Wimpern und das warme Lächeln, aber auch die Unsicherheit und den Zweifel in den Augen. Und das im Kinoformat, auf Leinwandgröße, schonungslos.
Man lacht mit ihr, wenn sie Witze über ihre Filmflops macht und über die Regisseure, von denen man, so die Knef, nicht gedacht hätte, dass sie schlechte Filme machen könnten, aber diese dann mit ihr gemacht hätten.
Und man erlebt Fremdschämmomente, wenn ihr vor laufender Kamera die übergriffigsten Fragen gestellt werden, etwa die, ob sie schon einmal an Selbstmord gedacht habe. Und kann es kaum glauben, wie freimütig, offen und ehrlich sie antwortet. (Einmal sei das der Fall gewesen.)
Doch so zeigt der Film auch, dass sie in einer Zeit populär war, in der Stars (und nicht nur wie heute die Sternchen) den Medien Tür und Tor öffnen, dass die sogenannte Homestory Alltagsgeschäft war. „Ich habe einen Beruf, der sich in der Öffentlichkeit abspielt. Wenn es keine Neugier gäbe, könnte er sich nicht abspielen“, lautet ihr Credo.
Und so präsentiert sie nicht nur ein geschöntes Privatleben, sondern auch die Schattenseiten, lässt sich im Krankenhaus nach einer ihrer zahlreichen Krebsoperationen fotografieren. Ihre Schönheitsoperation macht sie schon öffentlich, bevor der Arzt das Skalpell ansetzte, lässt in einer Illustrierten lang und breit erklären, was bei ihr gemacht werden soll. Und wieder gibt es die Fotos vom Krankenbett.
Genauso gnadenlos wie Zeitungen und Zeitschriften sich ihr widmen, genauso gnadenlos geht sie mit sich selber um. Und den Menschen an ihrer Seite. Tochter Christina hat man in den 60er und 70er Jahren auf Fotos aufwachsen sehen.
Die heute 56-Jährige steht Luzia Schmid reflektiert und beinahe abgeklärt Rede und Antwort. Es habe „keinen Alltag“ gegeben, die Arbeit habe alles bestimmt, selbst wenn sie nicht gearbeitet habe. Über die späteren Jahre sagt sie: „Leider hatte sie sich daran gewöhnt, krank zu sein.“
So lernt man eine der bekanntesten Deutschen noch einmal ein wenig neu kennen. Und ist hingerissen, von der Wortmacht und der Poesie ihrer Reflexionen über den Krieg, die Karriere, das Kind und ihre Männer. Und erlebt dabei ein kleines Wunder, denn diese Texte werden aus dem Off von Nina Kunzendorf gesprochen. In deren Stimme schwingt so viel Knef mit, dass man immer wieder vergisst, dass hier nur ihre Worte, nicht sie selbst zu hören ist. Magisch. Wie die Knef.