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Neu im Haus der GeschichteDiese Schau in Bonn widmet sich dem Thema Heimat

Lesezeit 3 Minuten
Koffer

Häftlingskleidung aus Auschwitz 

Bonn – „Für mich ist Heimat ein Ort, wo ich mich fallen lassen kann“, sagt ein Besucher, als er gefragt wird, was für ihn „Heimat“ sei.

Doch, was ist eigentlich „Heimat“? Wie könnte den Begriff exakt definieren? Oder geht das gar nicht? Selbst wenn jede(r) im Bonner Haus der Geschichte sogar ausprobieren kann, wie Heimat riecht oder schmeckt, wobei Waldboden, Kaffee oder Zimtsterne zu entdecken sind, weiß man’s doch immer noch nicht.

Sofakissen

Ein Kissen mit traditionellem Motiv 

In fünf Sälen mit rund 600 Exponaten versucht das Haus für die deutsche Nachkriegsgeschichte, nun Antworten zu geben. Diese Ausstellung war schon für 2018 geplant und musste coronabedingt verschoben werden, „aber es ist eben ein dauerhaft aktuelles Thema,“ wie der scheidende Präsident und Kurator Hans Walter Hütter betont.

Der Bogen ist weit gespannt und die geschichtliche Heimatsuche nimmt bereits im 19. Jahrhundert Fahrt auf mit Wanderburschenherrlichkeit oder den Bildern von Sehnsuchtslandschaften in der Romantik, zu denen auch der Rhein zählt.

Heimat

Ein Protestschild gegen  den Tagebau im Rheinischen Revier 

Dann kommt der Erste Weltkrieg und die Soldaten sterben „fern der Heimat“ wie die Totenbücher des 10. Württembergischen Infanterie-Regiments belegen. „In der Heimat, da gibt’s ein Wiedersehen“, singen die Kameraden.

Nach 1945 blickt der Betrachter in verschiedenen Sälen auf die Menschen, die sich in unterschiedlichen Zeiten und Gruppen mit dem Begriff „Heimat“ auseinandergesetzt haben.

Koffer mit Häftlingskleidung aus Auschwitz

Berührend ist der geöffnete Koffer mit der Lagerkleidung des deportierten Juden Leo Sachs, der aus Auschwitz entkommen konnte, um zu Fuß in „seine rheinische Heimat“ zurückzukehren.

Da hängt aber auch der Hausschlüssel einer Vertriebenen aus Schlesien, der nie mehr benutzt wurde. Zu Beginn der 90er Jahre kommen die Ausgesiedelten aus Karelien, Sibirien oder Kasachstan. Doch auch der Braunkohlebergbau entwurzelt die Menschen, hüben wie drüben. In der Lausitz trifft es den sorbischen Bevölkerungsteil, und im Rheinland wird Garzweiler abgerissen und sogar die Toten auf dem Friedhof umgebettet.

Dirndl

Ein Dirndl aus afrikanischen Stoffen 

Schließlich rücken die Migranten und Migrantinnen in den Fokus. Der syrische Holzschnitzer Fadel Alkhudr schildert seine Fluchtgeschichte in einem großen Holzrelief über das Meer hinweg bis hin zum Brandenburger Tor.

Sichtbar wird auch, wie eng der in Hanau getötete Said Nesar Hashemi mit seiner Heimat verbunden war. Er hatte die Ziffern der Postleitzahl von Hanau auf sein Autokennzeichen gesetzt. Auch die Diskussion um die Kölner Moschee wird nicht ausgespart.

Was gehört aber in Köln zur Heimat? Natürlich der Karneval und so sitzt in Coronazeiten ganz allein vor sich hintrauernd ein riesiger Clown ( gemacht für einen Karnevalswagen) auf einer Bank, die Hände vor dem Gesicht, dass nur die rote Nase herausschaut, und resümiert: „Nur zesamme kumme mer he erus“.

Wie immer im Haus der Geschichte, ist es keine farblose „Geschichte“, die hier präsentiert wird, sondern es sind unzählige „Geschichten“, in Bild und Ton, bis hin zu einer Befragung, in die sich jede(r) einschalten kann.

Haus der Geschichte Bonn, Museumsmeile bis zum 25.9. 22, Dienstag – Freitag 9-19 Uhr, Samstag/Sonntag, Feiertage 10-18 Uhr, Eintritt frei, Es gelten die 2G Regeln