Was bringt junge Frauen und Männer dazu, sich für einen Beruf im Kunst- und Kulturbereich zu entscheiden? Was bedeutet Kultur für sie ganz persönlich? Wir haben mit jungen Kunstschaffenden über ihre Träume und Inspirationen gesprochen.
Nachwuchs aus KölnFünf junge Menschen erzählen über ihr Leben mit der Kultur
Wir stellen fünf junge Menschen aus Köln vor, die sich für einen Beruf im Kulturbereich entschieden haben — aus ganz verschiedenen Gründen, aber immer voller Leidenschaft und Motivation.
Die Regisseurin
Wenn man Priska Kubelka fragt, warum sie ausgerechnet Filmregisseurin werden möchte, muss sie nicht lang überlegen. „Meine Eltern sind beide freiberufliche Schauspieler“, erzählt die 27-Jährige. „Als meine Mutter 40 geworden ist, ist sie aus ihrer Schauspielagentur rausgeflogen, weil es keine Rollen für Frauen in diesem Alter gibt.“ Für Kubelka war dies ein entscheidender Moment. Sie habe sich damals gedacht: „Welcher Chef muss ich werden, um für solche Rollen Geschichten zu erzählen?“ Für die gebürtige Österreicherin war der Fall klar: Sie beginnt ein Studium der Medialen Künste an der Kunsthochschule für Medien (KHM) in Köln, lernt dort das Regiehandwerk. Ihre größte Leidenschaft sind Animationsfilme.
Kunst und Kultur, so sagt Priska Kubelka, seien schon immer Teil der Menschheitsgeschichte gewesen. Die sozialen Medien haben aber dazu beigetragen, Kunst zu demokratisieren: „Man muss nicht mehr der Sohn einer reichen Familie im Mittelalter sein, der einen Meister hat und Gemälde malen darf“, sagt die junge Frau. „Sondern man kann auf YouTube gehen und sich das selber beibringen, sich ausdrücken und auch anderen sofort zeigen, was man gemacht hat.“
Vor kurzem hat Kubelka ihren Diplomfilm abgedreht. Es geht darin um zwei Schwestern im mittleren Alter, die gemeinsam in einer fantastischen Welt voller Gefahren überleben müssen. Die Hauptrolle hat Priska Kubelka ihrer Mutter gegeben.
Die Schauspielerin
„Ich glaube, die meisten Schauspieler haben etwas Getriebenes in sich, und ich auch“, ist Rebecca Lindauer überzeugt. Die 28-Jährige hat geschafft, wovon viele Künstler träumen: 2021 zog sie, direkt nach dem Abschluss der Schauspielschule, ein festes Engagement an Land und steht seitdem in Produktionen wie „Judith Shakespeare — Rape & Revenge“ oder „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ auf der Bühne des Schauspiel Köln. Mit ihrer Kunst kann sie ihren Lebensunterhalt verdienen. Dass ein Berufsleben im Kulturbereich nicht immer planbar ist, sieht sie nicht als Problem an: „Ich finde es total toll, nicht zu wissen, was nächstes oder übernächstes Jahr passiert. Also man möchte gar nicht so weit vorausplanen, man lässt sich einfach eher treiben“, sagt sie.
Theater betrachtet Rebecca Lindauer als eine „Teamsportart“: „Es ist nicht ein einzelner genialer Künstler, der das irgendwie veranstaltet, sondern ganz viele Leute, die es schaffen, zusammenzuarbeiten“, sagt Lindauer. „Theater sind schon hierarchisch aufgebaut, sie sind kein basisdemokratischer Betrieb. Aber letzten Endes kann es niemand alleine machen.“
Die Kultur spielt in der Gesellschaft eine wichtige Rolle, ist sie überzeugt. Die Nachfrage nach Orten wie eben dem Theater, „wo man sich trifft, wo Geschichten verhandelt werden, wo Themen besprochen werden, wo es einen Austausch gibt“, sei „nach wie vor wahnsinnig groß.“
Der Musiker
Achille Fait ist ein Kulturliebhaber, wie er im Buche steht. „Kultur ist für mich die Lösung, die Welt um uns herum besser zu verstehen“, sagt der Solohornist des Gürzenich-Orchesters Köln. „Zum Beispiel kann Musik dabei helfen, einen Teil des Gehirns besser zu entwickeln. Darum ist es so wichtig, dass schon Kinder Musik machen oder zum Theater gehen.“ Er selbst habe schon seit dem Moment, als er mit zwölf Jahren zum ersten Mal ein Horn in die Hand nahm, den Traum gehabt, Musiker zu werden.
Mit der Kultur verbindet Achille Fait, Jahrgang 1998, auch viele schöne Momente aus seiner Kindheit in Italien: „Ich habe wunderbare Erinnerungen daran, wie ich sonntags gemeinsam mit meiner Familie ins Theater oder ins Konzert und unter der Woche zum Beispiel in die Bibliothek gegangen bin“, berichtet er. Auch seine Eltern seien große Kulturenthusiasten. Das familiäre Umfeld, in dem Kinder aufwachsen, sei von grundlegender Bedeutung, um sie an die Kultur heranzuführen.
Seit 2023 lebt Fait in Köln und ist Teil des Gürzenich-Orchesters: für ihn eine Freude und große Verantwortung zugleich, berichtet er. „Wir spielen viel von den ganz großen Komponisten wie Mahler und Strauss, die eng mit der Geschichte des Orchesters verbunden sind.“ Einen anderen Beruf als Musiker zu ergreifen, kann er sich nicht vorstellen: „Ich muss auch sagen, dass sich das für mich nicht wie Arbeit anfühlt“, meint Fait. „Es ist nicht schwer für mich, viele Konzerte zu spielen oder auf Tour zu gehen und viel zu proben. Es ist einfach mein Traum.“
Die Eventmanager
In wenigen Tagen strömen wieder Tausende Musikfans nach Köln-Ehrenfeld, um auf dem c/o pop Festival tollen Konzerten zu lauschen, Workshops und Lesungen zu besuchen oder auch mit einem Bagger über die Venloer Straße zu rollen. Die vielfältigen Programmpunkte, die die Festivalgänger in der Zeit vom 24. bis 28. April begeistern sollen, entspringen den kreativen Köpfen des Organisations- und Bookingteams der c/o pop. Teil dieses Teams sind Pia Leonhardt (28) und Christoph „Chris“ Heide (26) — für beide ist Kultur ein Teil ihres Lebens, der nicht wegzudenken ist.
„Man kann sagen, dass Musik der rote Faden meines Lebens ist“, sagt Heide, der Musikmanagement studiert und schon mehrere Festivals mitorganisiert hat. Schon als Kind habe er versucht, seine Familie für Musik zu begeistern: „Immer, wenn ich mir die neuen ‚Bravo Hits’ gekauft habe, bin ich zu meiner Oma gerannt und habe ihr Songs gezeigt, die sie sich anhören sollte“, erzählt er lachend. „Im Endeffekt mache ich ja heute nichts anderes: Ich gehe mit der Überlegung an meine Arbeit ran, Leuten Musik zu präsentieren und etwas zu kuratieren.“
Auch Pia Leonhardt liebt Kunst, Musik und Konzerte. Für sie sei aber immer klar gewesen, dass sie „eher hinter die Kulissen“ wolle. Es sei kein Geheimnis, dass man mit einem Beruf in der freien Wirtschaft vielleicht mehr Geld verdient, sagt Leonhardt. Doch die Arbeit für ein Kulturevent wie die c/o pop bringe eine ganz andere Art der Motivation mit sich: „Man arbeitet ja über ein Jahr auf das Festival hin“, sagt Leonhardt. „Es ist das Schönste, wenn man sieht: Krass, die Leute sind jetzt alle da, weil sie das cool finden und weil ihnen das etwas bedeutet.“
Für beide ist der verbindende Aspekt der Kultur sehr wichtig: Diese sei ein „Raum der Begegnung“, so Leonhardt. Heide ergänzt: „Kultur schafft es, dass Menschen sich in verschiedenen Safer Spaces ausleben und ausprobieren können.“