„Portrait of a Flirt“. Ein Musikstück mit solch einem Titel scheint wie gemacht für das Projekt „Junge Dirigiertalente beim WDR zu Gast“, das in diesen Tagen im Bismarcksaal des Funkhauses über die Bühne geht.

Flirt-Komposition

Eine Woche steht das WDR-Funkhausorchester im Spitzenförderprogramm für junge Dirigentinnen und Dirigenten des Forum Dirigieren des Deutschen Musikrats zur Verfügung. Intensiv ist die Probenarbeit in dieser Art „Speed-Dating am Pult“. Und Dirigent Jasper Lecon gewinnt die Musiker mit der Flirt- Komposition des Kanadiers Robert Farnon aus dem Jahr 1956 im Nu.

Für Konzertmeister Juraj Cizmarovic ist es „erstaunlich schön zu sehen, wie unterschiedlich die Teilnehmer die Musik verstehen.“ Gleich drei Mal Introduktion & Rondo Capriccioso von Camille Saint-Saëns zu spielen, scheint dem Orchester dabei keine Pflicht, sondern die Kür zu sein. Mit dem jungen Geiger Viktor Vasilev steht eine Solistenpersönlichkeit vor dem Orchester, die geradezu auffordert, im schwelgerischen Lied des Komponisten mitzugehen. Aber auch er steht am Anfang seiner Karriere und ist für Tipps dankbar.

Zum Beispiel, sich mehr dem Publikum zuzuwenden. Aus der Cellogruppe kommt der Ratschlag, dass er sich weniger auf den Schlag des Dirigenten David Fernández Caravaca konzentrieren soll, sondern mehr sein eigenes Ding macht. Orchester und Dirigent richten sich dann nach ihm. Ratschläge sind auch Schläge, heißt es so schön.

Orchestermusiker geben Rat

Aber im profunden Wissen der Orchestermusiker liegt auch die Chance, die so ein Meisterkurs birgt, dass man unverblümt sagt, was besser laufen kann. Enrico Delamboye, Erster Gastdirigent des Orchesters, sitzt am Rand und coacht. Die Orchestermusiker bringen ihre Erfahrung ebenso ein: „Die Zeit ist knapp. Unsere Aufgabe ist es, möglichst viel zu helfen. Das Orchester ist sehr gut, reagiert schnell. Es hat Interesse, zu begleiten und zu verfolgen, was passiert“, sagt Konzertmeister Cizmarovic.

Dass das Orchester auf Musik, die zu Herzen geht, spezialisiert ist, hat Stipendiat Simon Edelmann vom ersten Takt an verspürt. Aber für ihn sind die Tage nicht nur Höhenflug, sondern auch harte Schule. „Das ist hier eine ganz spezielle Situation. Man ist Chef und gleichzeitig Schüler“, sagt Edelmann. Der 30-Jährige arbeitet bereits als Kapellmeister der Vogtland Philharmonie, nimmt den Meisterkurs aber dankbar mit.

Er hat in der ersten Stufe des Stipendiums teilgenommen und sich für die zweite qualifiziert. Vier Jahre sind das, in denen er das Netzwerk des Forums Dirigieren dankbar annimmt. Es sei eine große Chance und Marke, die aufmerksam mache.

Auch Marie Jacquot war beim Forum

Auch Marie Jacquot, die demnächst am Chefdirigentenpult des WDR Sinfonieorchesters stehen wird, nahm am Forum teil, wie Projektkoordinatorin Lisa Valdivia erzählt. Im März geht es weiter bei den Dirigierkursen mit dem WDR-Rundfunkchor, die Ergebnisse sind dann am 12. März im Konzert „Musik am Mittag“ 13.30 Uhr bei freiem Eintritt zu hören. Am Pult steht dann auch die Kölner Dirigentin Anna Goeke, die unter anderem den Rodenkirchener Kammerchor und das Orchester leitet. Mit dem Rundfunkchor studiert sie die Missa Brevis von Knut Nystedt ein.

„Das ist ein tolles Gefühl, mit solch einem Chor zu arbeiten“, sagt Goeke. Das Forum Dirigieren sei ideal, um auszuloten, was möglich ist und wohin die Reise gehen soll. Ideen hat die 27-Jährige schon ganz viele und sammelt bereits Erfahrungen, wie man das Publikum in neuen Formaten wieder für die Klassik gewinnen kann. Zum Beispiel, indem man Konzerte mit anderen Kunstdisziplinen verbindet und die Zuhörerinnen und Zuhörer aktiv einbindet.

Highlights der Oper, Operette, Film und Musical spielt das Funkhausorchester zum Valentinstag um 13 Uhr im Funkhaus am Wallrafplatz als „WDR 3 Lunchkonzert“ (Karten unter 0221/56 789 333). Darin findet der Meisterkurs des Forum Dirigieren, den der Deutsche Musikrat traditionell ausrichtet, seinen Abschluss. Das Konzert wird live am 14. Februar ab 13.04 Uhr bei WDR 3 und in der Reihe Klassik populär am 16. März 19.04 in WDR 4 gesendet.