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Museum SchnütgenAusstellung zeigt weibliche Handschrift in neuem Licht

Lesezeit 3 Minuten
Weibliche Handschrift 3

Köln – Ab dem 12. Jahrhundert verfinsterte sich für Frauen das Leben hinter Klostermauern. Wegen angeblich mangelnder Intelligenz wurde ihnen von den Kirchenoberen jede theologische Kompetenz abgesprochen, naive Gläubigkeit und fromme Stickereien sollten doch genügen.

Das Konzept ging nur bedingt auf, wie die prachtvolle Ausstellung „Von Frauenhand – Mittelalterliche Handschriften aus Kölner Sammlungen“ in der Cäcilienkirche des Museums Schnütgen zeigt.

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Um das Jahr 800 hatte all das noch rosiger ausgesehen. Da amtierte Gisela, Schwester Karls des Großen, als Äbtissin im französischen Kloster Chelles. Sie pflegte Kontakte mit dem kaiserlichen Hoftheologen Alkuin von York und dem Kölner Erzbischof Hildebald, der die Psalmenkommentare des Augustinus dort in Auftrag gab.

Und da deren Schreiberinnen hochadelige Damen waren, signierten sie ihre Werke. Neun Namen finden sich in den drei ausgestellten Codices, neben Vera und Agnes auch ungewöhnliche wie Agleberta und Gislildis.

Kooperation mit Diözesan- und Dombibliothek

Diese ältesten Handschriften der Schau stammen wie der Löwenanteil der Exponate aus der Erzbischöflichen Diözesan- und Dombibliothek (EDDB) Köln, die selbst keine geeigneten Präsentationsmöglichkeiten hat. So kooperierte deren Kurator Harald Horst gern mit der Museumskollegin Karen Straub.

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Da die präzis gesetzten Lettern der Handschriften buchstäblich wie gedruckt aussehen, ist eine Unterscheidung in männliche oder weibliche Urheber schwer. Doch auch im 14. Jahrhundert gab es weibliche Stars der Buchkunst.

Etwa Loppa vom Spiegel, Spross einer Kölner Patrizierfamilie und Nonne im Klarissenkloster. Da dessen Handschriften nach der Säkularisation gefleddert wurden, sieht man neben dem erhaltenen Rennenberg-Codex (EDDB) nun „nur“ reizvolle Einzelblätter aus dem Wallraf.

Bischofkopf wächst aus einem Drachenleib

Am Rand einer kunstvoll in Blattgold gebetteten Initial-Szene voller Martyrien hat sich die Schreiberin und Malerin neben einem betenden Mönch verewigt: selbstbewusst gleichberechtigt.

Auch auf anderen Seiten aus dem Klarissen-Gesangbuch blüht um den heiligen Text herum die visuelle Fantasie der sogenannten Drolerien. Da wächst ein Bischofskopf aus einem Drachenleib, tobt eine Hasenjagd und tummeln sich bizarre Mischwesen aus jener Dämonenwelt, die das Christentum besiegt hat.

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So vereint die Schau Augenschmaus mit den Früchten schwieriger Forschung. An sechs Klöstern wird das Thema auf einem harmonisch gestalteten und exquisit beleuchteten Parcours durchdekliniert.

Dazu zählt auch der Dominikanerinnen-Konvent St. Katharina in Nürnberg. Dort wurde der strenge Brief des Ordensgenerals Bartholomäus Texery mit verschärften Gebets- und Schweigeregeln handschriftlich erfasst.

Leistungen erstrahlen in neuem Licht

Ein plastischer Bildteppich des Nürnberger Klosters aus der Schnütgen-Sammlung schließt den Kreis zu den Kölner Schätzen. Dazu zählen die beiden Bände des gewichtigen Antiphonars der Anna von Hachenberch, die nun am ursprünglichen Ort des Augustiner Chorfrauenstifts in St. Cäcilien aufgeschlagen zu bewundern sind.

Die Ausstellung

Ausstellung bis zum 30. Januar 2022 im Museum Schnütgen, Cäcilienstraße 29-33. Öffnungszeiten Di bis So 10-18, Do 10-20 Uhr. Der im Hirmer-Verlag erschienene Katalog ist im Buchhandel für 39,90, im Museumsshop für 34,90 Euro erhältlich. Dort gibt es auch diverse Artikel mit direktem Zusammenhang zur Schau im Angebot. Das Begleitprogramm u.a. mit zwei Konzerten ist unter museum-schnütgen.de/Veranstaltungen zu finden. (Wi.)

Hierbei zeigt sich, dass die gesungenen Texte des Stundengebets im Sommerband feiner ausgeführt sind als im Winterteil. Es gab also Arbeitsteilung, Talentgefälle und beim Buchschmuck wohl Hilfe der Fraterherren am Weidenbach.

Dennoch erstrahlen die Leistungen aus Frauenhand nach dieser exzellenten Ausstellung in neuem Licht.