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lit.CologneLouise Penny stellt Inspector Gamaches 18. Fall vor

Lesezeit 3 Minuten

Die Krimiautorin Louise Penny im Funkhaus.

Als Kind hatte Louise Penny Angst vor Spinnen. Mit acht Jahren las sie dann die Geschichte der vielbeinigen Netzwerkerin „Charlotte“ des amerikanischen Autors Elwyn Brooks White (1899–1985).

18. Fall für Inspector Gamache

Die Phobie sei durch die Lektüre kuriert worden. Davon begeistert, dass Literatur heilen könne, habe ihr Entschluss festgestanden, einmal Schriftstellerin zu werden. „Und dann hatte ich Angst vor dem Schreiben“, erklärte die Krimiautorin im Gespräch mit Moderatorin Angela Spizig.

Die Vorstellung des neuen Buchs „Ein sicheres Zuhause“ mit dem mittlerweile 18. Fall des Chief Inspector Armand Gamache und seines Schwiegersohns Jean-Guy Beauvoir kam zum Abschluss der lit.Cologne. Im Funkhaus herrschte gebannte Stille.

Natürlich wegen des spannenden Romans. Aber vor allem angesichts der Erzählung der Bestsellerautorin aus ihrem Leben. Es war ihr erster Besuch in Deutschland. Zehn Millionen ihrer Bücher wurden bereits verkauft. In der Pandemie schrieb sie gemeinsam mit ihrer Freundin Hillary Clinton „State of Terror“ (Staat der Angst), bei der die ehemalige US-Außenministerin ihren schlimmsten Alptraum thematisierte.

Rundfunkjournalistin

Penny wiederum prägte ihr früherer Beruf als Rundfunkjournalistin der staatlichen Gesellschaft CBC in Kanada. Sie lernte dabei das ganze Land kennen, bis der Wunsch aufkam, in Quebec zu bleiben. Dort lebt sie heute in einem kleinen Dorf, das ihrem Romanschauplatz „Three Pines“ sehr ähnlich sein soll.

Und Armand Gamache? In die Figur sei viel von ihrem verstorbenen Ehemann eingeflossen, so die 65-Jährige. Wie auch die menschlichen Begegnungen beim Radio. Penny erzählte von Gesprächen mit Hörern, die sie tief beeindruckt hätten. Wie das mit einer Mutter, die demjenigen vergeben konnte, der für den Tod ihres Kindes verantwortlich gewesen sei.

Das seien Gedanken, die sie in ihren Romanen weitergeben wolle: Menschliche Schicksale, Anstand und einen liebevollen Umgang miteinander. Ihre Hauptfigur, Gamache, habe viel Grausamkeit gesehen, aber auch das Beste, das Menschen leisten. Gutes überwiege.

Im neuen Buch sieht Spizig erstaunliche Parallelen zum ersten Roman der Gamache-Krimi-Reihe. Das betreffe die Personen, die wieder auftauchten, und es reiche sogar in die Zeit zurück, die vor dem Erstling spiele. Wie bereits in anderen Folgen arbeitet Penny historische Fakten ein. Bei dem Massaker an der École Polytechnique in Montréal erschoss im Dezember 1989 ein Mann 14 junge Frauen — Ingenieurinnen.

Im Buch muss der junge Armand Gamache damit umgehen lernen. Von daher rührt die Abneigung des Kommissars gegen Waffen. Aus heutiger Sicht war es ein von Frauenhass bestimmter Femizid, was die Polizei damals aber leugnete.

Und Gamaches erster gemeinsamer Fall mit Beauvoir wird noch einmal erzählt. Ein junger Mann und seine Schwester kehren nach Three Pines zurück, wo sie die Ermittler Jahre zuvor kennenlernten, nachdem ihre Mutter am Ufer eines einsamen Sees ermordet worden war. Als Sprecher las Gerd Köster zwei Textstellen, die Spizig und das lit.Cologne-Team mit punktgenauem Gespür für den Plot auswählt hatten.

Spielen als Strafe

Louise Penny war begeistert. Sie habe alles verstanden, obwohl sie gar kein Deutsch spreche. Und Spizig brachte ins Spiel, dass der Kölner Sänger ja die CD einsprechen könnte.

Auch zwischen Moderatorin und Autorin stimmte die Chemie. Penny fühlte sich wohl. Fast unglaubwürdig, dass sie als Kind so menschenscheu gewesen sein soll, dass es für sie eine Strafe gewesen sei, wenn ihre Mutter sie zum Spielen rausschickte. Lieber habe sie gelesen.

„Heute habe ich da eine gute Balance“, sagte sie. „Ich freue mich gleich, das Buch zu signieren. Aber ich freue mich auch, wenn ich wieder in meinem Hotelzimmer bin und lesen kann.“ Gedichte mag sie besonders und Spizigs Feststellung, dass die Krimis weit über die Genregrenze hinausgingen, gefiel ihr gut. „Ich weiß, wie hart es ist, ein Buch zu schreiben. Entweder es gefällt, oder nicht“, so Penny.

Louise Penny: Ein sicheres Zuhause, aus dem kanadischen Englisch von Andrea Stumpf und Gabriele Werbeck, 512. S., 23,90 Euro