AboAbonnieren

Lindsey StirlingE-Geige zur Unterwasserwelt

Lesezeit 2 Minuten
Die Geigerin  Lindsey Stirling  auf dem Roncalliplatz.

Die Geigerin Lindsey Stirling auf dem Roncalliplatz.

Auf dem Roncalliplatz spielt Lindsey Stirling auch Weihnachtsmusik. Verstehen muss man das nicht, aber die sommerliche Show reißt trotzdem mit.

„Oh my good, I see Björn!“, ruft Geigerin Lindsey Stirling begeistert und blickt ins Publikum. Björn, einen ihrer ersten und auch treuesten deutschen Fans, habe sie nicht enttäuschen wollen, sagt sie. Daher habe sie ihr Konzert trotz schwerer Erkältung nicht abgesagt. Aber auch die Location auf dem ausverkauften Roncalliplatz war ihr Motivation: „Solche Orte existieren in den USA nicht!“, schwärmt die US-Amerikanerin.

Instrument mit Strass

Lindsey Stirling tritt also hustend auf und gönnt sich zur Erholung zwei akustische Stücke zur Gitarre auf dem Barhocker sitzend. Bei all ihren anderen Stücken war ihr aber die Anstrengung nicht anzumerken. Das will was heißen, denn Lindsey tanzt, wenn sie spielt.

Die strasssteinfunkelnde E-Geige trägt sie um die Schultern geschnallt und spielt mit einem Bewegungsrepertoire aus HipHop-Moves, dramatischen Rückbeugen, Akrobatik und Showtanz auf der gesamten Bühne. Für Köln hat sie zwei Tänzerinnen zur Unterstützung dabei, im Hintergrund laufen Computergrafik-Videos zu den Themen der Stücke von Schneekugel über Uhrwerk und Manga bis Unterwasserwelt.

Ihr Sechs-Augen-Kleid wechselt sie während der etwas über einstündigen Vorstellung zu einer tiefroten Robe. Musikalisch ist die E-Geige der Star, und sie verzeiht auch viel, gerade beim Strich. Dazu kommt ein sehr satter, bassstarker und zur Violine gut gemischter Sound aus Schlagzeug und den unendlichen Weiten der Keyboards.

Treue Fangemeinde

Lindsey Stirling ist sicher nicht die beste Geigerin der Welt, hat sich aber mit ihren Choreographien und dem elektronisch-atmosphärisch untermalten Easy-Listening-Repertoire eine eigene Nische und auch mit ihrer sympathischen, positiven Art eine sehr treue Fangemeinde erspielt, auch auf YouTube. Sie präsentiert vor allem eigene Stücke oder die ihres Hauskomponisten Ryan Riveros, adaptiert aber auch bekannte Melodien auf ihr musikalisches Konzept.

Die Fans feiern besonders das Opulente „Crystallize“. So erklingen eine Power-Version von Johann Sebastian Bachs „Toccata und Fuge“ und als Zugabe „Kashmir“ von Led Zeppelin. Warum bei einem Sommer-Open-Air das Weihnachtsstück „Carol of the Bells“ (Melodie von Mykola Leontowytsch) auf die Setliste kommt, muss niemand verstehen.

Bei der Live-Präsentation irritieren zudem die körperlosen Gesangsstimmen aus der Konserve, und dass es auch dann Keyboardsounds gibt, wenn der Musiker gerade E-Bass spielt. Die musikalische Show vor der Traumkulisse funktioniert aber dennoch bestens und macht richtig Spaß.